Das neue Logo des Facebook-Mutterkonzerns Meta.
Das neue Logo des Facebook-Mutterkonzerns Meta.
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Die Schocknachricht erreichte Markus Dahlem am frühen Freitagmorgen, auf seinem Telefon bei Whatsapp. Ob er das Logo seines Startups geschützt habe, schrieb ihm ein Investor aufgeregt. Der SMS angehängt hatte dieser einen Screenshot des neuen Facebook-Logos. Dahlem glich beide Firmenzeichen miteinander ab – und ärgerte sich: „Mir war sofort klar, dass damit unser gesamter Markenauftritt praktisch im Eimer ist“, erzählt der Gründer des Berliner Startups M-Sense im Gespräch mit Gründerszene. Was war passiert?

Am vergangenen Donnerstag hatte Facebook wie zuvor spekuliert seine Umbenennung bekannt gegeben. Der Digitalkonzern heiße künftig Meta. Der Namenswechsel solle signalisieren, dass Facebook längst mehr sei als nur Betreiber des gleichnamigen Netzwerks, erklärte Gründer Mark Zuckerberg. Außerdem spiegele der Name auch die neue Strategie wider. So beabsichtige Meta in den kommenden Jahren ein sogenanntes Metaversum aufzubauen, eine virtuelle Welt, in der sich Menschen per VR-Headset treffen und austauschen können. Dazu passend zeigte Zuckerberg das schon erwähnte neue Konzernlogo – ein in sich verschlungenes blaues M.

„Wir wollten das nicht unwidersprochen stehen lassen“

Für M-Sense-Gründer Markus Dahlem ein ernstes Problem. Denn das Meta-Logo ist mit dem seines Startups nahezu identisch. Auch das grüne Logo der Berliner Gesundheitsfirma ziert ein verschlungenes M, es soll die sich wiederholenden Schübe einer Migräne symbolisieren. „Bis auf die Farbe ist da kaum ein Unterschied festzustellen“, ärgert sich der promovierte Physiker, der eine App gegen die chronische Erkrankung entwickelt hat. Das Programm erstellt auf Basis individueller Symptome einen Behandlungsplan und hilft mit Übungen weiter.

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Dahlems Firma verfolgt damit zwar ein ganz anderes Geschäftsmodell als der Multi-Milliardenkonzern aus Kalifornien. Doch der Gründer sieht sich nicht nur wegen möglicher Verwechslungen gezwungen, sein Logo anzupassen: Er befürchtet vor allem, die vielen Vorurteile gegen Facebook im Umgang mit Nutzerdaten könnten auch seiner Firma empfindlich schaden. „Daten sind entscheidend, um eine Behandlung richtig zu leiten, sie sind zugleich ein hochsensibles Gut, wir sind daher auf Vertrauen der Nutzer angewiesen“, so Dahlem.

Auch deshalb habe das Startup schon am Freitagmorgen entschieden, zum Angriff überzugehen. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte MSense einen Post mit einer Bildmontage, welche die Logos beider Unternehmen nebeneinander zeigt. Dazu ein sarkastisch formulierter Text: Man fühle sich geehrt, dass Facebook sich vom Logo der App habe „inspirieren“ lassen. „Vielleicht lassen sich sie auch von unserem Prinzipien beim Datenschutz inspirieren“, so der Wortlaut. Der Tweet blieb nicht lange unentdeckt. Binnen weniger Stunden kamen mehr als 10.000 Retweets und 50.000 Likes zusammen. Auf dem Karriereportal Linkedin erreichte der gleiche Post gar annähernd 250.000 „Gefällt mir“-Angaben. „Mit dieser Resonanz haben wir natürlich nicht gerechnet, aber wir wollten unseren Ärger nicht unwidersprochen stehen lassen“, begründet Dahlem die Aktion.

Klage laut Fachanwalt wenig erfolgsversprechend

Dass sich der Gründer für Twitter und nicht für einen Anwalt entschieden hat, hat indes gute Gründe. Denn eine Abmahnung oder gar Klage gegen Meta hätte für die Berliner Firma wohl wenig Aussicht auf Erfolg. „Die Logos sind aus meiner Sicht nicht ähnlich genug, um insbesondere eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr zu begründen“, erklärt David Geßner, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, gegenüber Gründerszene. Damit ein Logo zudem urheberrechtlich schutzfähig sei, müssten diese zunächst eine „bestimmte Schöpfungshöhe“ erreichen, es muss also eine künstlerische Leistung vorliegen. Dies sei im konkreten Fall nicht zutreffend, so Geßner.

So erkenne man in dem M-Sense-Logo, das Meta als Vorlage gedient haben soll, lediglich ein „grafisch auf einfache Weise gestaltetes Unendlichkeitszeichen.“ Gleiches gelte für das Logo von Meta: „Nimmt man urheberrechtlichen Schutz des Logos an, weil man die Schöpfungshöhe bejaht, so ist gleichwohl keine Urheberrechtsverletzung gegeben, da der Abstand beider Zeichen nach Form und Farbe der Gestaltung groß genug ist.“

Außerdem würden ähnliche Logos bereits von anderen Softwarefirmen genutzt, was die Verwechslungsgefahr laut Geßner eher mindere. Der Markenrechtexperte rät Gründern, vermeintlich innovative Logos so früh wie möglich beim Deutschen Marken- und Patentamt anzumelden, idealerweise als kombinierte Wort-Bildmarke. Anschließend sollten Startups das Netz mithilfe von Tools permanent auf Kopien überprüfen – und im Verdachtsfall dagegen vorgehen. „Sonst droht das Logo wie bei M-Sense zu verwässern, weil es immer mehr ähnliche Logos gibt“, erklärt Geßner. Von Logo-Vorlagen im Netz oder gar Online-Tools für kreative Firmennamen rät der Experte ab.

M-Sense-Gründer Markus Dahlem helfen diese Tipps nicht mehr. Weil er sein Logo nicht geschützt hat, werde er nicht umhinkommen, es zu überarbeiten. Mit dem Rebranding wolle er schon demnächst eine Agentur beauftragen. Welche Kosten dies für ihn und sein Unternehmen bedeutet? Das könne er noch nicht abschätzen, so der Gründer.