Volkswagen Nutzfahrzeuge bietet für den aktuellen VW Bus T6.1 drei unterschiedliche Infotainmentsysteme mit Touchscreen an: Composition Colour (6,5 Zoll Bildschirmdiagonale; 800×480 Pixel), Discover Media (8 Zoll; 800×480 Pixel) und Discover Pro (9,2 Zoll; 1280×640 Pixel). Wir haben das Discover Pro in einem Bus mit der Ausführung Multivan getestet.
Fazit: Solide ohne Schnickschnack
Das intuitiv bedienbare Infotainmentsystem Discover Pro im aktuellen VW Bus T.6.1 stellt alle grundlegenden Funktionen bereit, die man von einem modernen System erwarten kann: Solide Navigation, Radio mit DAB+, sowie Schnittstellen zu Carplay und Android Auto. Ohne das We-Connect-Plus-Abonnement fehlen aber wichtige und nützliche Zusatzfeatures wie Webradio, Echtzeitverkehrsinformationen und Apple Music als Musikstreamingangebot.
Sie können dieses Manko aber umgehen und durchaus auf das kostenpflichtige We-Connect-Abonnement nach dessen Ablauf verzichten, indem Sie einfach Carplay oder Android Auto nutzen. Bedenken Sie dabei aber, dass die durch Navigation oder Musikstreaming via Carplay/Android Auto verursachten Daten auf Kosten des Mobilfunkvertrags Ihres Smartphones gehen.
Pro
- Reaktionsschneller und gut ablesbarer Touchscreen,
- Sichere Erkennung von „Hallo Volkswagen“ als Startruf für die Sprachsteuerung
- Solide Navigation
- Carplay auch wirless vorhanden
Contra
- Ohne “We Connect Plus” keine Echtzeitverkehrsinformationen
- Sprachsteuerung nicht für Klimaanlage/Heizung
- Oft fehlerhafte Erkennung von gesprochenen Navigationszielen
- Discover Pro ohne optische Highlights und ohne Zusatzfunktionen (Dashcam etc.)
Maximal zwei Bildschirme
Neben dem Touchscreen-Display in der Mitte des Armaturenbretts kann der Fahrer/Fahrerin auch auf ein veränderbares Farbdisplay direkt vor sich schauen, sofern er/sie den dafür nötigen Aufpreis bezahlt: Das „Digital Cockpit“ ohne Touchfunktion. Dieses digitale Cockpit und das Infotainmentsystem des T6.1 basieren auf dem Modularen Infotainmentbaukasten der dritten Generation (MIB3). Dieses „Digital Cockpit“ kennt man als “Active Info Display” auch schon aus VW Passat und VW Touareg.
Online-Dienste: We Connect und We Connect Plus
Die größte Einschränkung vorweg: In unserem Testwagen stand “We Connect Plus” nicht zur Verfügung. Das bedeutet: Wir konnten die wichtigsten Onlinedienste von Volkswagen nicht nutzen. Darin sind unter anderem die Echtzeitverkehrslageinformationen für die Navigation enthalten. Für unseren Testwagen bedeutet das also: Wir waren ohne aktuelle Stauwarnungen unterwegs beziehungsweise konnte nur das relativ ungenaue TMC verwenden.
VW teilt seine Online-Dienste in zwei Pakete auf: Die standardmäßig vorhandenen Online-Dienste von “We Connect” sind kostenlos (eCall, der Shop für kostenpflichtige Apps, Online-Personalisierung, Parkposition für die App etc.), für “We Connect Plus” dagegen müssen Sie bezahlen. Alle wirklich spannenden Online-Dienste hat Volkswagen aber in “We Connect Plus” gepackt: Apple Music und Echtzeitverkehrslagedaten oder die Parkplatz- und Tankstellensuche sowie die Online-Sprachbedienung sind wichtige Beispiele. Zudem gibt es “We Connect Plus” mit und ohne Navigation. Die Preise für “We Connect Plus” entnehmen Sie der folgenden Abbildung:
©VWN
Sprachsteuerung: “Hallo Volkswagen” versteht uns
Wenig überraschend startet man im T6.1 die Sprachsteuerung über einen Weckruf, wie ihn vor einiger Zeit Daimler („Hey Mercedes“) und BMW („Hey BMW“) nach dem Vorbild von Alexa, Google Assistant und Siri eingeführt haben: „Hallo Volkswagen“. Das funktioniert zuverlässig auch bei hohen Geschwindigkeiten mit vergleichsweise lautem Fahrgeräusch und bei laut spielendem Radio.
Alternativ drücken Sie die Lenkradtaste rechts am Lenkrad, um die VW-Sprachsteuerung zu starten.
Der Funktionsumfang der Spracherkennung ist aber auf die Kernfunktionen wie Navigation, Medien oder Radiobedienung sowie das Telefon beschränkt. Sie können damit also nicht die Klimaanlage oder die Fensterheber bedienen und auch keine Informationen aus dem Internet abrufen, wie zum Beispiel den Wetterbericht. Ebenso ist kein Zugriff auf Ihre Kalendereinträge und auf Whatsapp etc. möglich.
Physische Bedienung: Radikal fast nur noch Touch
Der Bildschirm und alle Touchflächen reagieren schnell auf Fingereingaben. Das ist auch notwendig, denn neben der Sprachsteuerung bedienen Sie das Infotainmentsystem vor allem per Touch. Rund um den Bildschirm im Armaturenbrett gibt es keine Dreh- oder Drückknöpfe mehr, wenn Sie sich für das hochwertigste Infotainmentsystem Discover Pro entscheiden.
Das bedeutet, dass Sie Radio, Navigation etc. nicht mit Handschuhen bedienen können. Denn die Touchflächen erkennen nur nackte Haut. Wer sich nicht derart kompromisslos auf Touch als einziges Bedienmodell einlassen will, sollte zum günstigeren Discover Media greifen. Dort gibt es zum Beispiel noch einen klassischen Dreh-Drückregler.
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Nur im Lenkrad stehen Ihnen physische Tasten zur Verfügung, mit denen Sie zum Beispiel die Lautstärke regeln oder die Liste der Radiosender vor und zurück durchsuchen können. Dank dieser Lenkradtasten lässt sich das Discover Pro zumindest zu einem kleinen Teil auch ohne Touch benutzen.
eCall: Als Notruf verbaut Volkswagen Nutzfahrzeuge den standardmäßigen eCall und keinen Hersteller-eigenen Notrufdienst. Das muss aber keineswegs ein Nachteil sein. Sie werden also direkt mit der 112-Notrufzentrale verbunden, wenn Sie die eCall-Taste drücken. Diese Lösung unterstützt unter anderem der ADAC. Mehr zur Frage, ob standardmäßiger eCall oder ein Hersteller-eigener Notruf verbaut sein sollten, lesen Sie in diesen Artikeln:
eCall-Notruf: ADAC kritisiert Audi, BMW, Daimler, VW – diese schlagen zurück
Daimler: Riesen-Rückruf wegen fehlerhaftem “eCall”
Navigation: Grundsolide, ohne We Connect Plus aber mit Schwächen
Die Navigation tut, was sie soll. Sie lotst uns ohne optische Highights, aber solide zu unseren Zielen. Coole und zur Orientierung durchaus hilfreiche Google-Earth/Satellitenansichten stehen für die Karte nicht zur Verfügung. Ohne die We-Connect-Dienste können wir zwar die im Discover Pro eingebaute POI-Suche verwenden. Diese zeigt zum Beispiel für Parkhäuser aber nicht die aktuelle Belegung an. Das ist ein Nachteil gegenüber der Parkplatzsuche zum Beispiel im BMW M 340i, dessen Navigationsgerät bei der Parkpatzsuche für Tiefgaragen und Parkhäuser anzeigt, wie viele Plätze dort noch frei sind: BMW M340i mit OS 7 im Test – iPhone als Schlüssel, wireless Android Auto, Dashcam.
Die Abbiegehinweise des Navigationssystems kommen ausreichend früh und zahlreich. Eine echte Schwachstelle stellt aber die Eingabe von Navigationszielen per Sprache dar: Hier versteht uns die Spracherkennung oft nicht. Die exakt gleichen Navigationsziele konnten aber ein Navigationssystem in einem anderen Testwagen zwei Wochen vorher problemlos erkennen. Ganz offensichtlich ist die Spracherkennung im T6.1 also weniger leistungsfähig als beispielsweise bei BMW Connected Drive. Inwieweit We Connect Plus mit seiner Cloud-Unterstützung daran etwas ändern könnte, können wir mangels Verfügbarkeit in unserem Testwagen nicht beurteilen.
Karten-Updates können Sie sich am PC herunterladen und dann per USB-Stick übertragen. Es gibt keine OTA-Updates für das Kartenmaterial.
Via Carplay oder Android Auto können Sie neben der VW-eigenen Navigation auch die Navigation von Apple Karten oder Google Maps nutzen, um Ihr Ziel zu finden. Carplay steht sowohl in der wireless-Variante als auch per Kabel zur Verfügung. Android Auto können Sie dagegen nur mit Kabel anschließen. Mirrorlink unterstützt das Discover Pro im VW Bus ebenfalls noch, doch dieses Infotainmentsystem spielt schon lange keine Rolle mehr.
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Unterhaltung: Musik, Radio, Audio-Streaming
Neben DAB+- und FM-Radio können Sie Musik via Bluetooth und über USB abspielen. Ein SD-Card-Reader ist beim Discover Pro nicht vorhanden (wohl aber beim Discover Media), ebenso gibt es keinen CD-Player mehr. Via Carplay und Android Auto können Sie aber Musik ebenfalls vom gekoppelten Smartphone streamen. Ein beim Abstellen des Autos unterbrochenes Lied in Carplay wird beam Neustarten des Autos nicht automatisch wieder gestartet, sondern muss von Hand erneut gestartet werden. Es spielt dann aber an der unterbrochenen Stelle weiter.
Webradio steht ohne We Connect Plus nicht zur Verfügung.
Der VW Bus kann seinen Insassen aber einen WLAN-Hotspot zur Verfügung stellen.
Fahrerassistenzsysteme, HUD, Dashcam, Apple Carkey
Technische Leckerbissen wie eine Dashcam oder gar Apple Carkey (das Auto mit dem iPhone entsperren und losfahren) gibt es im VW Bus keine. Das gilt aber auch für die meisten anderen derzeit angebotenen PKWs. Apple Carkey wird aktuell (Stand März 2021) nur von BMW für neue Modelle angeboten. Insofern ist der VW Bus also durchaus auf der Höhe der Zeit.
Schade: Ein Head-Up-Display (HUD) bietet Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) für den Bus nicht an. Dagegen stehen durchaus die bekannten Fahrerassistenzsysteme wie Automatische Distanzregelung ACC, Notbremsassitent Front Assist, aktiver Spurhalteassistant/Spurverlassenswarner Lane Assist und Spurwechselassistent Side Assist zur Verfügung. Da VWN mit dem T6.1 erstmals eine elektromechanische Lenkung statt der bisherigen hydraulische Servolenkung im VW Bus verbaut, ist nun der aktive Spurhalte-Assistent „Lane Assist“ möglich. Bisher gab es das von vielen preiswerteren PKWs längst bekannte Assistenzsystem noch nicht im doch vergleichsweise teuren Multivan. Ebenfalls erstmals im VW Bus verfügbar ist auch der serienmäßige Seitenwindassistent, den Konkurrent Mercedes-Benz in seinem Bus, der V-Klasse, schon etwas länger anbietet.
Ebenso ist eine Rückfahrkamera vorhanden. Wer tatsächlich Probleme damit hat, den dank seiner Würfelform und der großen Außenspiegel sehr übersichtlichen VW Bus korrekt einzuparken, der kann sich im T6.1 vom „Park Assist“ helfen lassen. Vor Unfällen beim Zurücksetzen soll der Ausparkassistent schützen und das Manövrieren mit Anhänger soll der „Trailer Assist“ erleichtern. Ergänzt werden die neuen Systeme durch eine Verkehrszeichenerkennung.
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