Umfangreiche Software-Updates oder -Upgrades, die Over-The-Air (OTA) die Firmware der Fahrzeuge aktualisieren, sind für Tesla-Fahrer längst Routine. Auch während unseres Tests des Model 3 erhielt unser Testwagen ein umfangreiches Software-Update. Bei den Fahrzeugen der etablierten Automobil-Hersteller sind für Software-Updates/-Upgrades – für Steuergeräte, Infotainmentsystem und Navigationskarten – meist noch Besuche in der Vertragswerkstatt erforderlich. Doch das ändert sich. Neues Datum: Es wird Herbst statt Sommer
BMW wird im Herbst 2020 das größte Software-Upgrade für seine bereits ausgelieferten Fahrzeuge in der Unternehmensgeschichte ausspielen. Ursprünglich hatte BMW davon gesprochen mit dem OTA-Update bereits im Juli zu beginnen. Dabei handelt es sich um ein Upgrade für das BMW Operating System 7, also für die Software, die das gesamte Cockpit, Infotainmentsystem und die Navigation steuert. BMW hat den Code des Operating System 7 so ausgebaut, dass laut eigenen Angaben „jede Codezeile über Remote Software Upgrade aktualisiert“ werden kann. Das aktuelle Upgrade hat eine durchschnittliche Dateigröße von 800 MB (die genaue Größe ist davon abhängig, ob das jeweilige Fahrzeug auf Vorgängerstand der Software ist oder ob das Upgrade zwei Versionssprünge beinhaltet). Hier finden Sie die Release Notes zum Upgrade (die aktuelle Kampagne ist der Roll-Out für das Release 19-11; jedes Release beinhaltet alle Änderungen der Vorgängerversion).
So erhalten Sie das Upgrade: OTA via SIM-Karte oder über WLAN
BMW Connected informiert den Fahrer über die Verfügbarkeit eines Upgrades. Das Upgrade kommt entweder über die im BMW ab Werk verbaute SIM-Karte direkt ins Fahrzeug oder aber Sie laden sich das Upgrade in einem WLAN auf Ihr Smartphone herunter und übertragen es dann im Wagen vom Smartphone zum Fahrzeug. Letzterer Weg soll deutlich schneller über die Bühne gehen.
Während des Upgrades können Sie den BMW nicht bewegen, sondern müssen ihn vorher in eine sichere Parkposition bringen. Der Installationsvorgang startet erst, wenn der Kunde diesen bestätigt. Davor wird der Fahrer darauf hingewiesen, dass er das Fahrzeug für die Dauer der Installation nicht benutzen kann. Laut BMW sollen aber selbst große Upgrades nur 20 Minuten Installationszeit benötigen.
Neuwagen werden bereits jetzt mit BMW Operating System 7 ausgeliefert. Das hier beschriebene OTA-Update bekommen also nur BMWs, die bereits beim Kunden sind.
Wer bekommt das Upgrade wann?
Alle Fahrzeuge mit BMW Operating System 7 und Remote Software Upgrade sind grundsätzlich befähigt, OTA-Upgrades dieser Art zu erhalten. Konkret erhalten zunächst diese Fahrzeuge das Upgrade: 1er, 2er Grand Coupé, 3er, 3er Hybrid, 3er Touring, 7er, 8er Cabrio, 8er Coupé, 8er (M) Gran Coupé, M8, X5 (M), X6 (M), X7, Z4. Weltweit sollen über eine halbe Million BMWs das Upgrade erhalten. Laut BMW ist das „die größte Upgrade-Kampagne dieser Art, die ein europäischer Hersteller je umgesetzt hat.“ Der Roll-out erfolgt sukzessive über die verschiedenen Regionen und Märkte. Deutschland ist der erste Markt in dem der Roll-out gestartet wird.
Das bringt das Upgrade
Ein derartiges Software-Upgrade erfüllt mehrere Funktionen:
Kostenlose Inhalte:
- Qualitätsverbesserungen/Fehlerkorrekturen
- Erweiterungen/Verbesserungen von Funktionen, die bereits vorhanden sind. Zum Beispiel erweiterte Einsatzmöglichkeiten beim automatischen Einparken (der Parkmanöver-Assistent beherrscht nun auch Querparklücken). Und mehr Einstellmöglichkeiten beim Intelligent Personal Assistant. Sowie eine Verbesserung beim Active Cruise Control (ACC) mit Stop&Go-Funktion. Nach dem Upgrade soll das Fahrzeug nach einem Anhaltevorgang dynamischer beschleunigen, Überhol- sowie Einfädel-Situationen sollen komfortabler und angepasster zum Verkehrsfluss ablaufen.
- Komplett neue Funktionen, weil diese zum Zeitpunkt des Fahrzeugkaufs noch nicht vorhanden waren. Ein Beispiel: der Intelligent Personal Assistant, den wir hier getestet haben: BMW Intelligent Personal Assistant: Neuer BMW-Sprachassistent im Test. Oder der Dangerous Curve Assistant. Dieser warnt mittels Warnhinweisen im Head-up-Display frühzeitig vor potenziell gefährlichen Kurven.
- Die Vorbereitungen, um ausgewählte Funktionen nachträglich buchen zu können. Diese neuen Funktionen selbst sind dann aber nicht kostenlos.
Kostenpflichtige Inhalte
Mit Hilfe von Remote Software Upgrade können sich Kunden auch neue und zusätzliche Funktionen gegen Bezahlung ins Fahrzeug spielen (die sie bei der Konfiguration des Fahrzeugs beispielsweise nicht bestellt haben). Aktuell können Kunden (sofern die Hardware im Fahrzeug vorhanden ist) folgende Funktionen nachträglich im BMW Connected Drive Store kaufen und over-the-air aufspielen:
- Fernlichtassistent
- BMW Drive Recorder (Dashcam-Funktion zeichnet Ihre Umgebung bis zu 40 Sekunden lang auf)
- Active Cruise Control mit Stop & Go
Der Gedanke dahinter: Bereits bei der Fertigung eines Autos wird mehr Hardware in dem Fahrzeug verbaut als der Kunde eigentlich bestellt hat. Diese Hardware kann man sich dann nachträglich gegen Bezahlung freischalten lassen. Tesla bietet das schon länger für seinen Autopiloten an. Allerdings kostet dessen nachträgliche Freischaltung richtig viel Geld, mehrere Tausend Euro.
Ein komplett neuer Gedanke ist diese nachträgliche Freischaltung von verborgenen Funktionen allerdings nicht. Bereits vor Jahrzehnten verbauten zum Beispiel einige Hersteller ein Außenthermometer in ihre Fahrzeuge. Dessen gemessene Temperatur zeigte das Cockpit aber nur an, wenn man für diese Funktion beim Kauf auch bezahlt hatte. Die Temperaturanzeige konnte man später aber durchaus noch freischalten lassen, mitunter genügte dafür ein guter Draht zum Kundendienstmitarbeiter der Stammwerkstatt.
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