6-GHz-Variante: Wie Apple um schnelleren Bluetooth-Funk ringt

Anzeichen verdichten sich, dass der Bluetooth-Funk mit einer 6-GHz-Variante aufgebohrt werden könnte. Apple-Entwickler setzen sich für höhere Datenraten ein.

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Das Apple-Logo über einer gläsernen Etagere

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jennifer Li

Manchen Lesern dürften die Ohren geklingelt haben, als ein Apple-Ingenieur Ende 2021 aus dem Nähkästchen plauderte. Gary Geaves, Apples Vice President of Acoustics, erzählte dem Magazin What Hi-Fi: "Wir müssen uns sehr darauf konzentrieren, das Maximum aus der Bluetooth-Technik herauszuholen. Es gibt eine Reihe von Tricks, mit denen wir die Grenzen von Bluetooth ausschöpfen oder umgehen können. Aber man kann durchaus sagen, dass wir gerne mehr Bandbreite hätten und … wir hätten gerne mehr Bandbreite. Ich höre hier auf."

Wir machen an dieser Stelle weiter: Geaves dürfte gemeint haben, dass Apple zusammen mit weiteren Unternehmen an einer substanziellen Beschleunigung der Nahfunktechnik arbeitet. Konkret geht es um die Nutzung des allgemein zugeteilten 6-GHz-Bands.

Denn bisher sind Bluetooth-Anwendungen durch die schmalen Kanäle (1 oder 2 MHz), die sie im 2,4-GHz-Band nutzen, eingeschränkt. Der ursprüngliche Bluetooth-Funk (bis Version 3) kommt auf netto 700 kbit/s bis 2,1 Mbit/s (das Umschalten auf einen 20-MHz-WLAN-Kanal mit immerhin 24 MBit/s wurde eingeführt und wieder gestrichen).

Hersteller tragbarer Geräte mit niedrigem Gewicht und winzigen Akkus setzen mehr auf die mit Bluetooth 4 eingeführte stromsparende Low-Energy-Technik. Sie erreicht aber nur 0,3 bis 1,4 Mbit/s. Dabei sind für Ohrhörer die niedrigen Datenraten wichtig, denn sie liefern höhere Reichweiten und weniger Aussetzer. Zusätzliche Kanäle etwa im 6-GHz-Band würden bessere Funktionen und höhere Qualität ermöglichen.

Erste Simulationen einer Forschungsgruppe deuten darauf hin, dass ein 6-GHz-Bluetooth mit der Koexistenztechnik eDAA den WLAN-Durchsatz im selben Band verhageln könnte. Nun fordern WLAN-Verfechter von den Bluetooth-Machern eine andere Koexistenztechnik.

(Bild: Bild: IEEE)

Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Die EU-Kommission schreibt seit dem 1. Dezember 2021 Mitgliedsstaaten vor, das 6-GHz-Band von 5945 MHz bis 6425 MHz für lizenzfreie Dienste zu öffnen. Dabei sind unter anderem Very-Low-Power-Anwendungen (VLP) zugelassen, zu denen schmalbandige Frequenzsprungverfahren wie Bluetooth zählen (ab 15 Hops pro Sekunde). Die Arbeitsgruppen der Normungsgremien ETSI und IEEE fassen solche Verfahren unter dem Begriff Narrowband Frequency Hopping zusammen (NB FH).

ETSI- und IEEE-Dokumente

Nun sind aber die Bluetooth- und WLAN-Gemeinden uneins über die Koexistenztechnik, die gegenseitige Störungen mindern soll. Apple schlägt dafür "enhanced Detect And Avoid" (eDAA) vor. Doch laut Mitarbeitern von Qualcomm, HPE, Intel und Microsoft führt Bluetooth mit eDAA beim 6-GHz-WLAN zu erhöhten Latenzen und Durchsatzeinbrüchen (siehe Diagramm). Qualcomm und andere Mitglieder fordern daher, die bei WLAN gängige Technik "Listen Before Talk" auch im 6-GHz-Bluetooth einzuführen.

Der Streit lässt an die Erfahrungen mit Bluetooth und WLAN im 2,4-GHz-Band denken: Bluetooth erkennt mittels Adaptive Frequency Hopping WLAN-Sender und hüpft um deren Frequenzen herum. Und Bluetooth Low Energy meldet auf drei Kanälen, welches Hopping-Muster es nutzt. Die WLAN-Spezifikation macht aber keinen Gebrauch davon.

Doch für den Verkauf von 6-GHz-Bluetooth-Geräten ist eine Einigung nicht erforderlich. Die Voraussetzung für den Verkauf in der EU ist eine Richtlinie, nach der Hersteller die CE-Konformität ihrer Geräte selbst bestätigen können. Damit ist beispielsweise der sichere Betrieb gemeint. Und gerade Apple setzt sich dafür ein, eine Konformitätserklärung für NB FH in der kommenden Europäischen "Harmonisierten Norm" (HS) EN 303 687 zu verankern.

Alternativ können Hersteller EU-akkreditierte Testlabore um eine Zulassung bitten. Diesen steht es frei, auf Grundlage ihrer Kompetenz selbst über die Zulassung eines Produkts zu entscheiden, unabhängig von einer Norm.

Spannend ist nun, ob die Bluetooth Special Interest Group ein Arbeitspaket für 6-GHz-Bluetooth entwickelt. Aktuell diskutieren Spezialisten mehrere Vorschläge. Die Rede ist von maximalen Durchsatzraten zwischen 6 und 8 Mbit/s – ein guter Rahmen für allerlei coole Kurzstreckenanwendungen, hochwertiges Stereo-Audio eingeschlossen.

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(dz)