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Wegen neuer Nutzungsbedingungen Verbraucherschützer legen EU-Beschwerde über WhatsApp ein

Seit Monaten »bombardiere« WhatsApp seine Nutzer »mit aggressiven Nachrichten«, damit sie den neuen Nutzungsbedingungen zustimmen, kritisieren Verbraucherschützer. Aber die wüssten gar nicht, was sie da akzeptieren.
App-Icons: »Aggressive Nachrichten« von WhatsApp

App-Icons: »Aggressive Nachrichten« von WhatsApp

Foto: Hans Lucas / imago images

Die europäische Verbraucherlobbygruppe BEUC hat bei der EU-Kommission und beim Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren  eine Beschwerde über WhatsApp eingelegt. Ihr Vorwurf: Seit Monaten setze die Facebook-Tochter ihre Nutzerinnen und Nutzer übermäßig unter Druck, den seit dem 15. Mai geltenden Nutzungsbestimmungen zuzustimmen.

»Der Inhalt dieser Benachrichtigungen, ihre Art, ihr Zeitpunkt und ihre Wiederholung üben einen unangemessenen Druck auf die Nutzer aus und beeinträchtigen ihre Wahlfreiheit«, hieß es am Montag in einer Mitteilung von BEUC.

»Seit mehreren Monaten bombardiert WhatsApp seine Nutzer durchgehend mit aggressiven Nachrichten, um sie dazu zu bewegen, die neuen Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien zu akzeptieren«, sagte die BEUC-Chefin Monique Goyens. »Aber Nutzer wissen gar nicht, was sie da akzeptieren.« Nutzerdaten würden so ohne ausreichende Zustimmung weiterverarbeitet, warnte Goyens. »Deshalb rufen wir die Behörden dazu auf, nun schnell Maßnahmen gegen WhatsApp zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Rechte von Verbrauchern respektiert werden«, erklärte Goyens weiter.

Eine Unternehmenssprecherin teilte mit, die Beschwerde beruhe auf einem falschen Verständnis vom Zweck und dem Effekt der neuen Bestimmungen: »Wir würden gerne die Gelegenheit bekommen, BEUC unser Update zu erklären und deutlich zu machen, was es für die Menschen bedeutet«.

Unternehmen können Facebooks Server nutzen

WhatsApp hatte immer betont, dass mit der Aktualisierung keine erweiterte Datenweitergabe an Facebook verbunden sei. Es gehe vor allem darum, bessere Möglichkeiten für die Kommunikation mit Unternehmen über WhatsApp zu schaffen.

Im Hilfebereich  wird ein Beispiel genannt: »Größere Unternehmen, wie beispielsweise Fluggesellschaften oder Einzelhändler, können von Tausenden von Kunden in kurzer Zeit kontaktiert werden, die vielleicht nach Informationen zu einem Flug fragen oder auch eine Bestellung nachverfolgen möchten.

Um eine schnelle Antwort sicherzustellen, können diese Unternehmen Facebook als Technologieanbieter verwenden, um einige der Antworten in ihrem Namen zu verwalten«. Sprich: Die Unternehmen können Facebooks Server nutzen. An der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aller WhatsApp-Nachrichten werde sich nichts ändern.

»Verstoß gegen das EU-Verbraucherrecht«

WhatsApp habe es versäumt, die Art der Änderungen in klarer und verständlicher Sprache zu erklären, finden BEUC und Verbraucherschutzorganisationen aus Frankreich, Tschechien, Griechenland, Norwegen, Rumänien, der Slowakei und den Niederlanden. »Diese Unklarheit stellt einen Verstoß gegen das EU-Verbraucherrecht dar, das Unternehmen verpflichtet, klare und transparente Vertragsbedingungen und kommerzielle Kommunikation zu verwenden«, erklärten die Verbraucherschützer.

Sie forderten das europäische Netz der Verbraucherbehörden und die EU-Datenschutzbehörden auf zusammenzuarbeiten, um diese Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und der Verbraucherrechte anzugehen.

Erstmals angekündigt hatte WhatsApp die Neuerungen im Januar. Die Einführung wurde aber um mehr als drei Monate verschoben, nachdem es teils falsche Berichte über die Folgen des Updates gegeben hatte. In der Folge gab es einen deutlichen Anstieg der Nutzerzahlen bei WhatsApp-Konkurrenten wie Telegram, Signal und Threema. Ob diese Nutzer WhatsApp gleichzeitig deinstallierten, ist jedoch fraglich.

Nach und nach hatte WhatsApp die Konsequenzen für Nutzerinnen und Nutzer, die vorerst nicht zustimmen, abgemildert.

  • Zunächst hatte das Unternehmen angekündigt: »Alle Nutzer müssen die neuen Nutzungsbedingungen akzeptieren, wenn sie WhatsApp weiterhin verwenden wollen. Wer vor dem 15. Mai nicht zugestimmt hat, muss es dann tun, um WhatsApp weiterhin nutzen zu können. Die Konten werden zu diesem Zweck sowie für Updates weiter aktiviert bleiben.«

  • Im Februar hieß es dann stattdessen: »Du wirst zwar für kurze Zeit Anrufe und Benachrichtigungen erhalten, aber in der App weder Nachrichten lesen noch welche senden können.«

  • Später wurde die Ansage erneut geändert: Nutzerinnen und Nutzern, die dem Update nicht zustimmen, drohe nach einigen Wochen und Warnhinweisen der schrittweise Verlust wichtiger Funktionen.

  • Zuletzt wurde auch das kassiert: »Es ist derzeit nicht geplant, diese Erinnerungen dauerhaft zu machen oder die Funktionalität der App einzuschränken«, heißt es mittlerweile in den Fragen und Antworten von WhatsApp  zu den neuen Bestimmungen. Das Wort »derzeit« könnte jedoch bedeuten, dass sich die Planungen in Zukunft noch einmal ändern könnten.

Die Neuerungen beschäftigen auch den Datenschutzbeauftragten von Hamburg. Am 11. Mai hatte die Behörde eine für drei Monate gültige Anordnung erlassen, die es Facebook verbietet, personenbezogene Daten von WhatsApp zu verarbeiten, »soweit dies zu eigenen Zwecken erfolgt«. Es lasse sich auch nach genauer Analyse nicht erkennen, welche Konsequenzen die Zustimmung zu WhatsApps neuen Regeln habe.

Während die Anordnung gilt, wollen die Hamburger beim Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) eine Entscheidung auf europäischer Ebene erreichen, ob sich Facebook und WhatsApp in dieser Sache an die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung halten. BEUC drängte nun darauf, diese Untersuchung zu beschleunigen.

pbe/Reuters/AFP