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Überwachungsgesetze Bundesrat stoppt Staatstrojaner für die Bundespolizei

In der Länderkammer gab es keine Mehrheit für das neue Bundespolizeigesetz und damit auch nicht für die Befugnis, Geräte zu hacken, um Verschlüsselungen zu umgehen. Nur die 19 Nachrichtendienste bekommen die Möglichkeit.
Bundespolizei: »Krachende Niederlage im Bundesrat«

Bundespolizei: »Krachende Niederlage im Bundesrat«

Foto: Marcus Brandt / dpa

Der Bundesrat hat das umstrittene Gesetz für mehr Kompetenzen für die Bundespolizei vorerst gestoppt: Die Neuregelung verfehlte am Freitag im Bundesrat die erforderliche Mehrheit. Mit dem Gesetz sollte die Bundespolizei unter anderem mehr Zuständigkeiten bei der Kriminalitätsbekämpfung in Bahnhöfen und auf Flughäfen erhalten. Gleichzeitig sollte sie mit dem Gesetz auch die rechtliche Befugnis zum Einsatz der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) erhalten, umgangssprachlich Staatstrojaner genannt. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sprach nach der Entscheidung von »einem schwarzen Tag für die Bundespolizei«.

Die zustimmungspflichtige Regelung verfehlte bei der Abstimmung ihre Mehrheit. Allerdings kam auch kein Beschluss zur Anrufung des Vermittlungsausschusses zustande, wie ihn Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) befürwortet hatte. Den Vermittlungsausschuss können nun aber die Bundesregierung oder der Bundestag anrufen.

Reihum wurden angebliche Schuldige an dem Abstimmungsausgang ausgemacht: »Die Ablehnung des Bundespolizeigesetzes durch den Bundesrat ist eine vertane Chance«, sagte etwa SPD-Fraktionsvize Wiese der Nachrichtenagentur AFP. Die unionsgeführten Länder und Baden-Württemberg hätten eine Einigungsmöglichkeit in einem möglichen Vermittlungsausschuss »aktiv verhindert«.

Bundespolizei-Gewerkschaft gibt der SPD die Schuld

»Das Scheitern des Bundespolizeigesetzes im Bundesrat zeigt: Grüne und FDP können keine innere Sicherheit«, kritisierte hingegen Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU). Die Regelung zur Quellen-TKÜ sei im parlamentarischen Verfahren so weit modifiziert worden, dass sie nur noch in ganz seltenen Ausnahmefällen zur Anwendung hätte kommen können.

Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic hingegen warf der Großen Koalition vor, sie habe es versäumt, ein zustimmungsfähiges Gesetz auf den Weg zu bringen. Sie »musste sich jetzt deswegen eine krachende Niederlage im Bundesrat abholen«, erklärte sie. Nicht einmal die von Union und SPD regierten Länder hätten dem Gesetz mehrheitlich zugestimmt.

Was sind Staatstrojaner?

Überwachungsprogramme, die Strafverfolger heimlich auf Geräten von Verdächtigen installieren, werden umgangssprachlich Staatstrojaner genannt. Unterschieden wird dabei zwischen dem Ziel, nur eine laufende Kommunikation zu überwachen, und dem, das ganze Zielgerät zu durchsuchen.

Die Bundespolizei-Gewerkschaft gab der SPD die Schuld am Scheitern des Gesetzes. »Die SPD macht einen Rückzieher, um vor linken Wählergruppierungen Punkte zu sammeln«, sagte der DPolG-Vorsitzende Heiko Teggatz. Innerhalb der SPD ist das Thema Staatstrojaner tatsächlich umstritten. Zwar stimmte die Bundestagsfraktion für die Ausweitung der Überwachungsmöglichkeiten, doch die Parteivorsitzende Saskia Esken sprach sich dagegen aus – und wurde dafür aus den eigenen Reihen scharf kritisiert.

Nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat ist hingegen die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes, mit der die Bundesregierung allen 19 Nachrichtendiensten Deutschlands den Einsatz der Quellen-TKÜ erlaubt hat. Das entsprechende Gesetz hatte der Bundestag am 10. Juni verabschiedet.

pbe/AFP