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Analyse: DC Dimming vs. PWM – AMOLED-Displays dimmen ohne Flimmern?

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Manche Handy-Nutzer haben ein Problem: Das AMOLED-Display ihres Smartphones bereitet ihnen Kopfschmerzen, weil es bei niedriger Helligkeit flackert. DC-Dimming könnte eine Lösung dafür sein, wir erklären in diesem Artikel die neue Technologie und prüfen anhand von zwei Beispielen, wie groß die Vorteile sind.

Was ist eigentlich PWM?

Das Smartphone ist für viele Menschen zu einem ständigen Begleiter geworden. Studien sagen, dass wir das Smartphone im Durchschnitt 88 Mal pro Tag anschalten und durchschnittlich 3,25 Stunden pro Tag darauf schauen. Das bedeutet, dass der Bildschirm, auf den wir blicken, für unsere Augen und unseren Körper möglichst schonend sein sollte.

Leider gibt es da ein Problem: Einerseits sollte der Bildschirm nur bei 30 - 40 % Helligkeit betrachtet werden, um die Augen nicht noch stärker zu beanspruchen, andererseits nehmen viele Nutzer bei verringerter Helligkeit ein Flackern des Bildschirms wahr, das ihnen Kopfschmerzen bereitet.

Der Grund heißt Pulsweitenmodulation oder PWM und wir sind in einem recht ausführlichen Artikel schon einmal darauf eingegangen, was PWM bedeutet, warum es bei modernen Geräten unverzichtbar ist und was es für Probleme macht.

Kurz gesagt ist die Pulsweitenmodulation der Versuch, bei digitalen Signalen, die eigentlich nur entweder ein- oder ausgeschaltet sein können, Zwischenstufen zu erreichen, wie sie bei analogen Signalen möglich sind. Also im Falle der Helligkeit beispielsweise 30 % der Leuchtstärke.

Da das aber nur mit einem relativ großen und teuren analogen Steuerungsgerät möglich wäre, greift man auf PWM zurück: Dabei werden die Signale einfach sehr schnell ein- und ausgeschaltet, bei 30 % Helligkeit wäre der Bildschirm also einfach 70 % der Zeit ausgeschaltet.

Damit der Nutzer das nicht als sichtbares Flimmern wahrnimmt, sind sehr hohe Geschwindigkeiten (normalerweise über 200 Mal pro Sekunde) nötig und diese werden leider nicht von allen Geräten erreicht, auch reagiert jeder Mensch anders auf unterschiedliche PWM-Frequenzen. Und selbst wenn das Flimmern nicht sichtbar ist, kann es Kopfschmerzen verursachen.

Besonders betroffen sind Geräte mit AMOLED-Displays, da die einzelnen Dioden hier selbst leuchten und es keine Hintergrundbeleuchtung wie bei LCD-Displays gibt.

DC Dimming – Das Mittel gegen Flimmern?

In unserem PWM-Artikel heißt es noch, dass es aktuell keine Alternative gibt, weil analoge Bauteile für Smartphones zu groß und zu energiehungrig sind.

Seit einiger Zeit geistert jedoch ein neuer (aber eigentlich schon alter) Begriff durch das Internet und die Pressemitteilungen der Hersteller: DC Dimming.

Neu ist er deshalb nicht, weil diese Technik bei LCD-Screens seit Jahren zum Einsatz kommt: Die Lichtquelle der Hintergrundbeleuchtung wird einfach mit weniger Spannung versorgt und leuchtet weniger stark. Das ist auch ein Grund, warum LCD-Displays meist erst bei sehr geringer Helligkeit von PWM betroffen sind, wenn überhaupt.

Bei AMOLED-Displays gibt es aber einen großen Nachteil: Versorgt man die organischen Dioden mit weniger Spannung, so verändern sie nicht nur ihre Leuchtkraft, sondern auch die abgestrahlte Farbe, sodass es plötzlich sichtbare Unterschiede in der Farbdarstellung geben könnte.

Dennoch haben sich Hersteller wie Xiaomi und OnePlus entschlossen, DC Dimming in ihren Geräten mit AMOLED-Displays versuchsweise anzubieten. Wir haben uns bereits beim Xiaomi Black Shark 2 angesehen, wie sich die neue Technologie (bei Xiaomi Flickering Protection genannt) auswirkt und schauen auch beim OnePlus 7 Pro noch einmal genauer hin.

Sowohl das Xiaomi Black Shark 2 ...
Sowohl das Xiaomi Black Shark 2 ...
... als auch das OnePlus 7 Pro bieten DC Dimming an
... als auch das OnePlus 7 Pro bieten DC Dimming an

Der Praxistest – Flimmern die Screens mit DC Dimming weniger stark?

Bei AMOLED-Bildschirmen zeigt sich PWM-Flimmern üblicherweise über das gesamte Helligkeitsspektrum bis 99 % mit einer Frequenz von circa 200 - 250 Hz.

Die erste Erkenntnis aus unseren Messungen mit dem Oszilloskop ist: mit DC Dimming ist auf jeden Fall ein Unterschied feststellbar. Während bei PWM ohne Flackerschutz sowohl auf dem Xiaomi- als auch auf dem OnePlus-Smartphone die Frequenz schwankt, wird sie mit eingeschaltetem DC Dimming gleichmäßiger. Alleine das könnte die Augen schon entspannen.

Das OnePlus 7 Pro arbeitet hier sogar noch etwas sauberer, bei 50 % Helligkeit zeigt sich kein Flackern mehr, dieses tritt nur bei sehr niedriger Helligkeit auf, beim Xiaomi Black Shark 2 ist die Frequenz von 60 Hz hingegen bis zur maximalen Helligkeit sichtbar.

Auch erfreulich ist, dass nach unseren Erkenntnissen die Reaktionszeiten der Displays durch DC Dimming nicht negativ beeinflusst werden.

PWM OnePlus 7 Pro (0 % Helligkeit)
PWM OnePlus 7 Pro (0 % Helligkeit)
DC Dimming OnePlus 7 Pro (50 % Helligkeit)
DC Dimming OnePlus 7 Pro (50 % Helligkeit)
PWM Xiaomi Black Shark 2 (0 % Helligkeit)
PWM Xiaomi Black Shark 2 (0 % Helligkeit)
DC Dimming Xiaomi Black Shark 2 (0 % Helligkeit)
DC Dimming Xiaomi Black Shark 2 (0 % Helligkeit)
DC Dimming Xiaomi Black Shark 2 (33 % Helligkeit)
DC Dimming Xiaomi Black Shark 2 (33 % Helligkeit)
DC Dimming Xiaomi Black Shark 2 (50 % Helligkeit)
DC Dimming Xiaomi Black Shark 2 (50 % Helligkeit)
DC Dimming Xiaomi Black Shark 2 (100 % Helligkeit)
DC Dimming Xiaomi Black Shark 2 (100 % Helligkeit)

Und die Farbwiedergabe? Wir messen beim OnePlus 7 Pro mit dem Spektralfotometer nach und schauen uns die Farbdarstellung bei 10% Helligkeit einmal mit PWM und einmal mit aktiviertem DC Dimming an.

Bei den Graustufen stellen wir tatsächlich eine unterschiedliche Darstellung fest, besonders die dunklen Werte zeigen mit aktiviertem DC Dimming im Farbprofil "Natürlich" einen wesentlich stärkeren Rotstich als mit PWM. Auch bei der Farbdarstellung sind die Unterschiede feststellbar, auch hier sind besonders dunkle Farbtöne stark betroffen. Da das OnePlus 7 Pro aber insgesamt sehr geringe Farbabweichungen bietet, sind die Mittelwerte mit beiden Methoden völlig in Ordnung und unterscheiden sich insgesamt so wenig, dass man mit bloßem Auge wohl kaum einen Unterschied feststellen wird.

Dazu passt unser subjektiver Eindruck, der allenfalls eine minimal sattere Farbdarstellung mit PWM wahrnimmt.

CalMAN Graustufen – Natürlich – PWM
CalMAN Graustufen – Natürlich – PWM
CalMAN Graustufen – Natürlich – DC Dimming
CalMAN Graustufen – Natürlich – DC Dimming
CalMAN Farbgenauigkeit – Natürlich – PWM
CalMAN Farbgenauigkeit – Natürlich – PWM
CalMAN Farbgenauigkeit – Natürlich – DC Dimming
CalMAN Farbgenauigkeit – Natürlich – DC Dimming

Fazit – Ein großer Schritt mit kleinen Nachteilen

DC Dimming könnte tatsächlich die erhoffte Lösung für PWM-Geplagte darstellen. Die neue, alte Technologie kommt aber mit kleineren Problemen: Erstens verschwindet das Flimmern je nach Gerät und Helligkeitsstufe nicht völlig, es verändert sich stattdessen und wird gleichmäßiger, was für das Auge schon eine Erleichterung sein kann.

Zweitens variiert tatsächlich die Farbwiedergabe auf dem AMOLED-Display des OnePlus 7 Pro etwas. Mit bloßem Auge ist das allerdings kaum feststellbar und aufgrund der guten Ausgangswerte sind auch die tatsächlichen Veränderungen akzeptabel. Vor allem, wenn man dafür von Kopfschmerzen und angestrengten Augen befreit wird.

Dennoch raten wir weiterhin dazu, ein Smartphone sowohl im DC-Dimming-Modus als auch mit PWM zunächst auszuprobieren, bevor man es kauft. Am besten ist ein längerer Test bei niedriger Bildschirmhelligkeit. Sollten sich Kopfschmerzen oder Augenprobleme einstellen, muss man sich überlegen, ob man nicht lieber zu einem anderen Smartphone greift.

Falls Sie von PWM genervt sind und sofort ein neues Gerät suchen, das kein PWM nutzt, können Sie auch unsere Liste der Testgeräte mit und ohne PWM nutzen.

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Autor: Florian Schmitt,  6.06.2019 (Update:  6.06.2019)