Nicht HongmengOS und auch nicht ArkOS – das von Huawei selbst entwickelte Betriebssystem trägt den Namen HarmonyOS. Huawei hat HarmonyOS auf seiner Entwicklermesse Huawei Developer Conference in Songshan Lake (China) am Freitag offiziell vorgestellt. Damit hat Huawei nun eine Alternative zu Android, sollte sich der Handelskrieg zwischen den USA und China weiter verschärfen und sich damit auch die ohnehin schon für Huawei spürbaren Konsequenzen verschlimmern.
Was ist HarmonyOS?
Huawei selbst bezeichnet HarmonyOS als ein “Ökosystem” und ein auf Microkernel basierendes Betriebssystem, welches über alle Geräte hinweg eine “nahtlos übergreifende Nutzererfahrung biete”.
©Huawei
Sprich: HarmonyOS ist nicht nur für den Einsatz auf Smartphones gedacht, sondern kann auch auf anderen Produktklassen eingesetzt werden. Wie etwa bei smarten Fernsehern, die Huawei ebenfalls anbieten will. Oder auch auf Rechnern, in Smartwatches, in Fahrzeugen oder Smart-Home-Lösungen. Die Idee für ein solches Allzweck-Betriebssystem ist nicht neu: Samsung besitzt beispielsweise Tizen, welches sich aber nie wirklich bei Smartphones durchsetzen konnte.
HarmonyOS has just been announced at #HDC2019! How are we going to build an all-scenario smart ecosystem and experience? How will we overcome the challenges of future OS for connected things? Stayed tuned with us to find out. pic.twitter.com/x7ZbgcEy2d
— Huawei Mobile (@HuaweiMobile) 9. August 2019
Schaut man sich die Grundlagen von HarmonyOS genauer an, dann fällt auf, dass das Huawei-Betriebssystem weniger eine Alternative zu Android ist, sondern eher eine Alternative zu Googles Fuchsia , bei dem es sich ebenfalls um ein Mikrokernel-basierte Betriebssystem handelt, welches auf unterschiedlichsten Geräten zum Einsatz kommen kann.
HarmonyOS und Fuchsia haben den entscheidenden Vorteil im Gegensatz zu Android, iOS, etc, dass sie direkt und ohne Anpassungen auf einer Vielzahl von Geräten lauffähig sind. Damit droht ihnen nicht die gleiche OS-Fragmentierung wie den Konkurrenten. Entwickler müssen sich um die Aktualisierung nur einer Betriebssystem-Variante kümmern und diese läuft optimal auf allen Plattformen.
Wann kommt HarmonyOS für Smartphones?
Huawei-Chef Richard Yu betonte bei der Vorstellung von HarmonyOS, dass das Betriebssystem vorrangig für den Einsatz auf IoT-Geräten (Internet-of-Things-Geräten) entwickelt worden sei. Allerdings erklärte Yu auch, dass Huawei jederzeit bereit sei, HarmonyOS auch bei seinen Smartphones einzusetzen, sobald das Unternehmen den Zugriff auf das Android-Ökosystem verlieren sollte. Das kann man auch als Drohung gegenüber Google bzw. den USA verstehen. Aber, so beschwichtigte Yu, noch halte man an der Unterstützung von Android fest.
Für eine erhöhte Sicherheit sorgt bei den Mikrokernel-basierten Betriebssystemen die vollständige Abschottung des Kernels vor äußeren Manipulationsversuchen. Daher, so Yu, sei HarmonyOS auf einem Smartphone nicht nur schneller als Googles Android, sondern auch noch sicherer. Im Vergleich zu Fuchsia von Google, so heißt es weiter, sei mit einer bis zu fünf Mal höheren Performance zu rechnen.
HarmonyOS ist Open-Source und Huawei kann den Entwicklern alle notwendigen Werkzeuge zum Erstellen von Applikationen kostenfrei zur Verfügung stellen. Außerdem soll es über den sogenannten Huawei ARK Compiler möglich sein, jede Android-App einfach auf HarmonyOS zu portieren. HarmonyOS selbst unterstützt laut Huawei unterschiedliche Programmier- und Seitenbeschreibsprachen für die Entwicklung von Apps, inklusive HTML5.
Offene Fragen…
Abseits des Marketinggetöses bleiben noch einige Fragen offen: Unklar ist beispielsweise, wie schnell Huawei tatsächlich seine Smartphones weg von Android hin zu HarmonyOS umstellen könnte. Der Erfolg wäre dann auch noch davon abhängig, wie schnell das Ökosystem die Entwickler von Apps und die Käufer der Geräte befriedigen würde.
Immerhin erwarten Smartphone-Käufer, dass für die Geräte eine gewisse Mindestauswahl an Apps existieren. Eine bittere Erfahrung, die auch Microsoft bereits mit den gescheiterten Windows-Phone-Geräten machen musste. Mit Unterstützung chinesischer Entwickler und Dienste könnte HarmonyOS schnell zu einem Hit in China werden. Wie es aber in den USA, Deutschland, etc aussieht, müsste sich noch herausstellen.
Andrerseits: Android hat viele Schwächen, die sich über die Jahre hinweg bemerkbar gemacht haben. Die hohe Fragmentierung macht Android zu schaffen. Hinzu kommen die vielen Eigenanpassungen der Hersteller, wie EMUI von Huawei bei Android. All das sorgt dafür, dass neuere, sicherere Android-Versionen nur verzögert bei den Nutzern landen. Huawei wäre mit HarmonyOS völlig unabhängig von Android und könnte sich auf die Weiterentwicklung zum Wohle seiner Geräte konzentrieren. Und vielleicht täte der Android-Plattform mal wieder eine echte Konkurrenz – außer iOS – mal gut.