Presse 9-Euro-Ticket: Mobilität steigt deutlich auf kurzen Distanzen im Schienenverkehr

Pressemitteilung Nr. 284 vom 7. Juli 2022

  • Deutlich mehr Bahnreisen zwischen 30 und 300 Kilometern im Juni 2022 als im Juni 2019
  • Moderater Rückgang im Straßenverkehr bei Reisen über 300 Kilometern
  • Mehr Bahnreisen und weniger Mobilität im Straßenverkehr insbesondere an Wochenenden

WIESBADEN – Im ersten Monat nach Einführung des bundesweiten 9-Euro-Tickets hat sich das Reiseaufkommen im Schienenverkehr deutlich erhöht. Dies geht aus einer Sonderauswertung von Mobilfunkdaten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) hervor. Im Juni 2022 lagen die bundesweiten Bewegungen im Schienenverkehr im Schnitt 42 % höher als im Juni 2019. Im Mai 2022 hatten sie noch um 3 % höher als im Mai 2019 gelegen. Die Daten umfassen hierbei Bahnreisen ab 30 Kilometern zurückgelegter Distanz.

Die Aktivitäten im Straßenverkehr lagen im bisherigen Jahresverlauf meist leicht über dem Vorkrisenniveau von 2019. Seit Einführung des 9-Euro-Tickets war ein moderater Rückgang zu verzeichnen.

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Bereits in der ersten Juniwoche lag die Zahl der Bewegungen im Schienenverkehr zwischen 30 und 300 Kilometern im Schnitt um 56 % höher als im selben Zeitraum 2019. Im Verlauf des Monats Juni ging der Abstand zum Vorkrisenniveau wieder etwas zurück, möglicherweise bedingt durch die Überlastung von Zügen auf bestimmten Strecken sowie die entsprechende Berichterstattung. Der Effekt der Feiertage in der ersten Junihälfte wurde hierbei berücksichtigt, indem diese explizit mit ihren jeweiligen Pendants des Jahres 2019 verglichen werden.

Reisen mit innerdeutschen Flügen haben in diesem Jahr zwar wieder zugenommen, lagen aber Anfang Juni 2022 immer noch 31 % niedriger als im selben Zeitraum vor der Pandemie.

Zunahme im Schienenverkehr vor allem auf mittleren und kurzen Distanzen

Bei einer Differenzierung der Bewegungen im Schienenverkehr nach zurückgelegten Distanzen wird deutlich, dass seit Einführung des 9-Euro-Tickets ein Anstieg insbesondere der Zugreisen unter 300 Kilometern zu beobachten war. Werden die Distanzen weiter unterteilt, so lagen die Zugreisen auf kurzen Strecken (30 bis 100 Kilometer) in der letzten Maiwoche ungefähr auf, in der ersten Juniwoche jedoch bereits 58 % über dem Vorkrisenniveau. Bei mittleren Distanzen (100 bis 300 Kilometer) war ein entsprechender Anstieg von 18 % auf 64 % zu beobachten. In diesem Kontext ist zu beachten, dass mit dem 9-Euro-Ticket auch viele Regionalbahnen genutzt werden können, die Strecken  bis 300 Kilometern befahren. Bei Distanzen unter 30 Kilometern ist eine Identifizierung der Verkehrsträger anhand der Mobilfunkdaten nicht zuverlässig möglich (s. methodische Hinweise).

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Anstieg bei Zugreisen an Wochenenden um bis zu 83 % im Juni 2022

Die Bewegungen im Schienenverkehr auf Strecken über 30 Kilometern lagen im April und Mai 2022 montags bis freitags noch knapp unter dem Vorkrisenniveau, ab Juni jedoch im Schnitt um 36 % darüber. An den Wochenenden war diese Entwicklung noch ausgeprägter. So lagen die Zugreisen an einem durchschnittlichen Samstag im Mai 2022 um 18 % höher als im Vergleichszeitraum (April: +1 %), im Juni stieg dieser Wert auf 83 %. An den Sonntagen im Betrachtungszeitraum war die Entwicklung weniger extrem, aber dennoch deutlich. So lagen die Zugreisen im Schnitt an den Sonntagen im April um 10 %, im Mai 2022 um 25 % und im Juni bereits um 61 % über dem Vorkrisenniveau.

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Rückgang bei längeren Reisen im Straßenverkehr

Im Straßenverkehr war im Mai und Juni ein moderater Rückgang zu verzeichnen – vor allem bei Strecken über 100 Kilometern. Reisen zwischen 100 und 300 Kilometern lagen in der letzten Maiwoche noch 13 % über Vorkrisenniveau, in der letzten Juniwoche jedoch bereits 6 % darunter. Reisen über 300 Kilometern im Straßenverkehr lagen im bisherigen Jahresverlauf überwiegend unter den Werten in den Vergleichszeiträumen des Jahres 2019: in der letzten Maiwoche knapp 1 %, Ende Juni um 11 % niedriger. Kürzere Reisen zwischen 30 und 100 Kilometern gingen nur moderat zurück : von durchschnittlich 11 % über dem Vorkrisenniveau im Mai 2022 auf +6 % im Juni.

Bei Betrachtung der Wochentage zeigten sich im Schnitt durchweg niedrigere Werte im Juni 2022 als im Vormonat Mai. Unter der Woche lagen die Bewegungen im Juni 2022 durchschnittlich 2 % über dem Vorkrisenniveau, im Vormonat Mai noch um 5 %. Sonntags lagen die Reisen im Straßenverkehr im Juni 2022 um 6 % unter dem Sonntagsdurchschnitt für den Juni 2019, im Mai noch um 11 % über ihren Vergleichswerten an diesem Wochentag.

Die gegenläufigen Entwicklungen an Werktagen auf der Straße im Vergleich zur Schiene deuten darauf hin, dass Pendlerinnen und Pendler vom Straßen- zum Schienenverkehr gewechselt sind. Zwischen Reisen mit Auto oder Bus kann hierbei nicht unterschieden werden. Der vergleichsweise moderate Rückgang im Straßenverkehr an Wochentagen und auf kürzeren Strecken könnte daher darauf hindeuten, dass der Rückgang der Pkw-Fahrten durch einen Anstieg der Busfahrten kompensiert wurde. Die deutlichsten Effekte sind jedoch an den Wochenenden zu beobachten, was für eine besonders intensive Nutzung des 9-Euro-Tickets für Ausflüge spricht.

Methodische Hinweise:

Zur Abbildung der Mobilität verwendet das Statistische Bundesamt anonymisierte und aggregierte Mobilfunk­daten aus dem Netz des Mobilfunk­anbieters Telefónica, die vom Unternehmen Teralytics aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden. Bewegungen werden auf Basis von anonymisierten und aggregierten Mobilfunkdaten aus Positionsänderungen identifiziert, wenn die Aufenthalte an Start- und Zielort mindestens 30 Minuten betragen. Bei der Berechnung der Referenzwerte aus 2019 wird eine Anpassung für gesetzliche Feiertage sowie den 24. und 31. Dezember durchgeführt, um Verzerrungen durch die an Feiertagen üblicherweise veränderte Mobilität zu verhindern.

Veränderungsraten für alle Tage, die keine Feiertage sind, werden im Vergleich zum Durchschnitt des jeweiligen Wochentages des jeweiligen Monats im Jahr 2019 berechnet. Dabei werden Feiertage aus der Berechnung des Wochentagdurchschnitts ausgenommen. Veränderungsraten für Feiertage hingegen werden im Vergleich mit dem entsprechenden Feiertag des Jahres 2019, wie beispielweise Fronleichnam, berechnet. Der oben genutzte 7-Tage-Durchschnitt ist ein gleitender Durchschnitt aus den Veränderungsraten.

In den für diese Auswertung genutzten Bewegungsdaten wurde, wo möglich, anhand von Mobilfunksignalen eine Zuordnung der Bewegungen zu Straßen-, Schienen- und Luftverkehr vorgenommen. Eine solche Zuordnung konnte jedoch nur für Reisedistanzen ab 30 Kilometern erfolgen. Kürzere sowie aus anderen Gründen nicht zugeordnete Reisen fallen in den Darstellungen unter „Sonstige“.

Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass die vorliegenden Mobilfunkdaten alle Bewegungen messen und somit keine Unterscheidung zwischen Personen- und Güterfernverkehr erlauben. Auch Doppelzählungen sind nicht ausgeschlossen, da nicht alle in Kraftfahrzeugen verbauten SIM-Karten identifiziert und herausgerechnet werden können. Differenziertere Daten zur monatlichen Entwicklung im Straßenverkehr auf Bundesfernstraßen bietet die Bundesanstalt für Straßenwesen in ihrem Verkehrsbarometer.

Weitere Informationen:

Mit dieser Sonderauswertung anonymisierter und aggregierter Mobilfunkdaten erschließt das Statistische Bundesamt neue digitale Datenquellen. Die Ergebnisse basieren auf Daten, die das Statistische Bundesamt insbesondere hinsichtlich ihres Nutzens für die kleinräumige und aktuelle Abbildung der Bevölkerung und ihrer Mobilität untersucht. Weitere Informationen hierzu bietet die Rubrik „EXDAT – Experimentelle Daten“ (www.destatis.de/exdat) in den Bereichen zur Mobilität auf Basis von Mobilfunkdaten. Das Angebot wird täglich aktualisiert und schrittweise erweitert.

Im Reifegrad und in der Qualität unterscheiden sich diese experimentellen Daten und Auswertungen von amtlichen Statistiken, insbesondere in Bezug auf Harmonisierung, Erfassungsbereich und Methodik.

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