Millionenprojekt im Elsass :
Huaweis große 5G-Fabrik

Lesezeit: 3 Min.
Was wird durch den Druck aus Washington aus Huawei?
Der Netzausrüster plant eine Mobilfunkproduktion in Frankreich. Es ist die erste ihrer Art außerhalb Chinas – eine Weltpremiere. Was steckt dahinter?

Was macht Chinas größter Technologiekonzern Huawei, den Kritiker am liebsten aus der westlichen Wirtschaft verbannen würden, weil sie ihm Spionage und Schlimmeres vorwerfen? Er probiert sein Glück mit einer Umarmungsstrategie im teils feindlich gesinnten Territorium. Seit vielen Monaten versucht das Unternehmen verbal wie auch personell und finanziell die vor allem von der amerikanischen Trump-Regierung angeheizte Stimmung gegen sich zu drehen. Der jüngste Schritt auf diesem strategischen Weg gehört zu den bedeutenderen: ein Investitionsprojekt im Elsass.

Im Gewerbegebiet von Brumath, 25 Kilometer nördlich von Straßburg, soll bis 2023 eine europäische Mobilfunkfabrik entstehen. Es handelt sich nach Unternehmensangaben um eine globale Premiere, nämlich die erste Produktionsstätte dieser Art außerhalb Chinas. Nach der Eröffnung der „Huawei European Wireless Factory“ in zwei Jahren werden dann letztlich 500 Mitarbeiter Produkte im Wert von einer Milliarde Euro jährlich herstellen. Im Kern geht es um den neuen Mobilfunkstandard 5G – um Komponenten für Basisstationen. Die Fabrik werde den Hauptteil für die europäischen Kunden produzieren, erläuterte das Unternehmen. Die Bauarbeiten sollen in diesem Jahr beginnen.

Huaweis Chairman Liang Hua hatte das 200-Millionen-Euro-Projekt Ende 2019 angekündigt, ohne damals sämtliche Einzelheiten zu nennen. Im Februar 2020 war offiziell nur von einem Vorhaben in Frankreich die Rede. Der nun gewählte Standort soll sich aus 50 Vorschlägen der französischen Wirtschaftsförderung an das Huawei-Management herausdestilliert haben. In der regionalen Politik kam die Entscheidung sehr gut an. Die Region Grand Est sieht sich laut Präsident Jean Rottner in ihren Ambitionen gestärkt, französisches Innovations-Referenzgebiet zu werden. Der Vorsteher der Stadtgemeinde Haguenau, Claude Sturni, begrüßte das „ehrgeizige“ Fabrikprojekt „mit großem Stolz“. Auf die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ zwischen dem Netzausrüster und staatlichen, regionalen und kommunalen Vertretern verwies der Verwaltungsratsvorsitzende von Huawei Frankreich, Jacques Biot.

Auch Deutsche könnten etwas davon haben

In erster Linie führten die Chinesen wirtschaftliche Gründe für die Wahl des Standorts an, der nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt ist. Mit dem Elsass befinde sich das Werk im Herzen des Huawei-Lieferantennetzes und damit nah an den europäischen Kunden. Die vorteilhafte Lage werde durch die „solide Luft-, Land- und Flussinfrastruktur der Region Grand Est“ verstärkt. Frankreich und die Region verfügten über ein wettbewerbsfähiges industrielles Gefüge, das von hochqualifizierten Ingenieuren und Technikern getragen werde. Auch Deutsche könnten profitieren, ist im Konzern zu hören. Dort wird auf die Nähe zu Baden und die Möglichkeit des Pendelns nach Brumath verwiesen.

Für Frankreich dürfte auch gesprochen haben, dass der Investor dem Land ein Aufholpotential zubilligt. Ansonsten ist Huawei in Europa mit 13800 Beschäftigten gut präsent. Deutschland verfügt über wichtige Konzernstandorte: In Düsseldorf befindet sich die Westeuropa-Zentrale, in München das größte europäische Huawei-Forschungszentrum mit 400 bis 500 Arbeitsplätzen, in Weilheim eine „Forschungsfabrik“. Insgesamt zählt das Unternehmen 23 eigene Forschungs- und Entwicklungs-Einrichtungen in Europa auf. Künftig gesellt sich mit dem Frankreich-Projekt eine echte Produktion hinzu.

Unmoralisches Angebot oder gute Tat?

Kritiker dürfte all das kaum besänftigen, im Gegenteil. Mancher wittert vielmehr ein „unmoralisches Angebot“, wenn das Unternehmen Investitionen verspricht. Denn Frankreich ist das bis dato letzte einer Reihe von Zielen für das chinesische Geld. Der Konzern hält mit seinem – aus eigener Sicht natürlich sehr positiven – Einfluss nicht hinterm Berg: Man ließ von Oxford Economics vor kurzem eine Studie erstellen. Ihr Ergebnis: Huawei habe im Jahr 2019 mit 16,4 Milliarden Euro zu Europas Bruttoinlandsprodukt beigetragen, 6,6Milliarden Euro Steuereinnahmen generiert und 224.300 Jobs unterstützt.

Mancher Beobachter sieht in diesem Geld den Versuch, Politiker, die auch über Huaweis geschäftliches Schicksal in Europa mitentscheiden – namentlich durch mögliche Ausschlüsse vom 5G-Aufbau –, für sich zu gewinnen. Ein Konzernsprecher spricht mit Blick auf das Investment in Frankreich lieber von einer „vertrauensbildenden Maßnahme“. Die Umarmungsstrategie scheint zu wirken: In Europa sei das Glas für Huawei halbvoll, heißt es, immerhin.