Kreditkarte mit Goldman Sachs

Wie Apple von der Apple Card profitiert

27.03.2019
Von 


Simon Lohmann ist Freier Autor bei macwelt.de.
Goldmann Sachs will sein Endkundengeschäft international erweitern. So kann Apple Card womöglich bald in Deutschland starten.

Goldman Sachs will Apple Card international anbieten

Die Apple Card wird es ab Sommer ausschließlich in den USA geben, doch das muss nicht lange so bleiben. In einem Interview mit CNBC erklärt Goldman-Sachs-CEO Richard Gnodde, man habe die Internationalisierung des Angebots im Blick. Goldman Sachs ist erst seit kurzem im Endkundengeschäft und hat dazu die Online-Bank Marcus gegründet, die bereits eine Niederlassung in UK unterhält. Der nächste Schritt ist laut Gnodde, Marcus nach Deutschland zu bringen. So besteht die begründete Erwartung, dass auch die Apple Card in nicht allzu ferner Zukunft von Deutschland aus buchbar sein wird.

Das Geschäftsmodell der Apple Card ist durchaus revolutionär. Doch für wen? Apple oder den Kunden?
Das Geschäftsmodell der Apple Card ist durchaus revolutionär. Doch für wen? Apple oder den Kunden?
Foto: Apple

Während der "It's Showtime"-Keynote konnte Apple wieder einmal sein Geschick für perfektes Marketing bewiesen. Die Firma aus Cupertino präsentiert sich als ein Unternehmen, welches nur im Interesse seiner Kunden handelt. Das ist aber nichts Neues, das gleiche Prozedere konnten wir schon bei der Apple Watch beobachten.

Diese dient als persönlicher Gesundheitshelfer am Handgelenk. Sie misst den Blutdruck, motiviert uns mit täglichen Bewegungsaufgaben, belohnt uns mit Trophäen, zeigt uns Atemtechniken, erinnert uns daran aufzustehen – mit all dem sorgt sie für ein gesünderes Leben. Laut Apple.

Den gesundheitlichen Aspekt hat Apple bei seinem neuesten Geniestreich namens "Apple Card" beibehalten. "Healthier Financial Life" – dazu möchte Apple dem Kunden verhelfen. Und wer würde nicht gerne ein Leben ohne finanzielle Sorgen führen. Jetzt hat es Apple sogar geschafft, dass wir uns dabei gut fühlen können, Geld auszugeben. Denn dank der neuen Kreditkarte müssen wir uns angeblich keine Sorgen mehr machen, wenn wir unser Geld aus dem Fenster werfen, im Gegenteil.

Je mehr Geld wir ausgeben, desto besser! Denn wir bekommen bei jedem Einkauf, den wir mit der neuen Apple Kreditkarte tätigen, sogar Geld zurück. Und das sogar täglich! Fehlt eigentlich nur die Funktion, dass uns unsere Apple Watch mit Push-Nachrichten ermutigt, wie etwa diese: "Hey, erreiche dein heutiges Finanzziel und gib insgesamt 150 Euro aus!"

Apple Pay ist groß, wird Apple Card noch größer?

Angefangen hat alles im Jahr 2014, in dem Apple eine ganz bestimmte Vision verfolgte: Mit der Einführung von Apple Pay soll die Brieftasche obsolet werden. Davon sind wir hierzulande noch ein ganzes Stück entfernt, wurde der Service in Deutschland gerade erst einmal im vergangenen Dezember eingeführt.

Weltweit sieht das aber schon wieder ganz anders aus. Wie Tim Cook während der Keynote verkündete, wird Apple in diesem Jahr mit über zehn Milliarden via Apple Pay durchgeführte Transaktionen einen neuen Rekord aufstellen. "In Zukunft werden wir nur noch auf diese Art und Weise unsere Rechnungen zahlen", prophezeit der Apple CEO.

Außerhalb von Deutschland ist das auch nicht unbedingt unrealistisch, in den USA hat sich Apple Pay bereits in 70 Prozent der Läden durchgesetzt. In anderen Ländern liegt die Quote sogar noch höher:

In Australien kann man sogar in 99 Prozent der Läden mit Apple Pay zahlen. Ein Wunder, dass bei einem solchen Wert das sonst so beifallwütige Publikum im Steve Jobs Theatre keine Standing Ovations bot. Aber mal Scherz beiseite.

Apple Pay wächst weiter an: noch in diesem Jahr wird der Service in über 40 Ländern verfügbar sein. Neben London, Moskau, Tokio oder etwa Peking erhalten nun auch Nutzer in ausgewählten US-amerikanischen Städten, wie Portland, Chicago und New York City, Zugang für ein Karten- und Bezahlsystem für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr via Apple Pay.

Warum reden wir jetzt so viel über Apple Pay? Weil der Service die Grundlage für Apple Card ist. Und mit einem weltweit breit aufgestellten und stetig wachsenden Angebot für Apple Pay steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch Apple Card ein voller Erfolg wird.

Apple, der gute Samariter? Nicht ganz.

Laut Geschäftsbericht erzielte Apple im letzten Jahr einen Jahresumsatz von 266 Milliarden US-Dollar. Daher sollte es nicht allzu weh tun, wenn das Unternehmen dem Kunden mal etwas zurückgibt. Und das wortwörtlich, immerhin will Apple die Kaufkraft seiner Kunden belohnen. Möchte man den Dienst in Anspruch nehmen, bekommt man nicht nur eine aus Titan gefertigte Kreditkarte.

Wer beispielsweise mit der Apple Card bei Apple selbst einkauft, bekommt drei Prozent des Einkaufspreises wieder. Kauft man sich damit zum Beispiel die größtmögliche Ausstattung des neuen iPhone XS Max, würde man damit dann ganze 49,47 Euro sparen. Das gesparte Geld reicht zwar noch nicht, um sich davon eine passende Schutzhülle bei Apple zu kaufen, aber immerhin besser als gar nichts zu sparen.

Eine Kreditkarte verleitet allerdings schnell dazu, auch mal Einkäufe zu tätigen, welche das Budget eigentlich nicht hergeben. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Der effektive Jahreszins (APR) liegt laut Apple bei 13,24 bis zu 24,24 Prozent (in der Fussnote 4). Wie hoch dieser letztendlich ist, sei laut Apple wohl von der Kreditwürdigkeit des jeweiligen Kunden abhängig. 24,24 Prozent Zinsen sind weit davon entfernt, als dass sie als "günstig" beworben werden sollten, auch 13,24 Prozent sind nicht gerade niedrig. Zum Vergleich, eine Sparkasse, beispielsweise in München, verlangt dafür 10,64% Sollzinsen pro Jahr. Die Zinsen von Apple bzw. Goldmann Sachs bewegen sich jedoch im Rahmen mit anderen Kreditkartenanbietern.

Wie profitiert Apple von der Apple Card?

Überzieht ein Kunde sein Budget, profitiert in erster Linie das Bankhaus Goldman Sachs, mit dem Apple die Kreditkarte zusammen entwickelt hat. Die anfallenden Zinsen gehen also an Goldman Sachs, ob Apple ein Stück vom Kuchen abbekommt, ist nicht bekannt.

Apple profitiert aber letztendlich vor allem davon, dass die Leute mit Apple Pay bezahlen. Mit jeder Transaktion gehen laut Computerbild nämlich 0,15 Prozent an Apple. Zahlt also jemand 100 Euro via Apple Pay, erhält Apple 15 Cent. Seit 2014 wurden rund 10 Milliarden Transaktionen durchgeführt. Mit der Apple Card wird die Anzahl der Transaktionen gewiss noch weiter steigen. Funktioniert das Prämiensystem bei Apple Card nur halb so gut wie das Trophäen-System auf der Apple Watch, kann sich Apple auf eine finanziell erfolgreiche Zukunft freuen. (Macwelt)