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Wer Alexa & Co. im Haus nutzt, muss Gäste darüber informieren

Ein Überblick über die aktuelle Diskussion der Innenminister, darüber, was die Geräte speichern und welche Verantwortung Nutzer selbst tragen

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Der Echo-Lautsprecher von Amazon wartet darauf, dass das Schlüsselwort "Alexa" fällt. | © Franziska Gabbert

Der Echo-Lautsprecher von Amazon wartet darauf, dass das Schlüsselwort "Alexa" fällt. | © Franziska Gabbert

12.06.2019 | 12.06.2019, 22:25

Kiel. 32 Prozent der Deutschen nutzen bereits digitale Sprachassistenten wie Apples Siri oder Google Assistant. Die Innenminister von CDU und SPD wollen jetzt die Aufzeichnungen dieser Geräte, aber auch von smarten Fernsehern oder Kühlschränken, als Beweismittel vor Gericht zulassen. Ab Donnerstag wird darüber bei der Innenministerkonferenz in Kiel beraten.

"Gefühl der Unbeobachtetheit ist weg"

Vorab hat sich der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber von der SPD, kritisch im Bayerischen Rundfunk geäußert: "Das Gefühl der Unbeobachtetheit, die auch einen demokratischen Staat ausmacht, ist weg." Im Gegenzug würden aber wahrscheinlich nur wenige Fälle aufgeklärt, die ohne diesen Zugriff offengeblieben wären. Die digitalen Aufzeichnungen sollen nur mit richterlicher Anordnung ausgewertet werden dürfen.

"Wir freuen uns über jedes Verbrechen, das aufgedeckt wird, aber es gibt ganz eindeutig Grundrechte der Bürger, die gelten selbst für Beschuldigte", sagte Kelber. Auch FDP und Grüne wollen den Stopp der Überwachungspläne. Konstantin von Notz, Innenexperte der Grünen, forderte Mindeststandards für die IT-Sicherheit entsprechender Geräte, verpflichtende Sicherheitsupdates und neue Haftungsregelungen.

Wer Alexa hat, muss Besucher informieren

Ein Recht hat jeder Bürger auch auf die Vertraulichkeit des Wortes. Daher müssten Besitzer von Alexa und Co. Gäste vorab darüber informieren, dass sie ein Gerät zu Hause haben, das mithört. "Wenn eine Person keine Einwilligung gibt, muss das Gerät ausgeschaltet werden, ansonsten drohen strafrechtliche Konsequenzen oder zumindest ein Bußgeld", sagt der Bielefelder Rechtsanwalt Dr. Ralf Petring.

Auch wenn die Gespräche nicht aufgenommen werden, würde der Datenschutz greifen. Das heißt, der Besitzer ist mitverantwortlich für die Auskunfts- und Löschpflicht, obwohl der volle Umfang der Datenverarbeitung nach wie vor unklar ist. "Das kann einen ganzen Rattenschwanz nach sich ziehen", so Petring.

Warnung der Stiftung Warentest

Erst im März hatte die Stiftung Warentest vor der Nutzung von Sprachassistenten gewarnt. Nutzer würden einen Teil ihrer Privatsphäre aufgeben. Zuvor hatte der Finanzdienst Bloomberg enthüllt, dass Alexa-Aufnahmen in den USA zum Teil von Mitarbeitern angehört und abgetippt werden, um die Spracherkennung zu verbessern. Dabei könnten sie trotz Anonymisierung zum Beispiel auch die ID-Nummer des Geräts sehen, von dem die Aufnahme kam.

Was die Sprachassistenen im Netz speichern

Bei Amazon werden die Daten komplett in der Cloud gespeichert. Ein Amazon-Echo-Gerät lauscht auf ein Aktivierungswort wie „Alexa" und startet dann einen Transfer der nachfolgenden Sprachbefehle in die Cloud. Die Tonaufnahmen im Netz können von den Anwendern selbst eingesehen und gelöscht werden. Künftig sollen sich die Aufnahmen auch mit Sprachbefehlen von den Amazon-Servern entfernen lassen.

Siri verknüpft Anfrage nicht mit ID

Die Dienste von Apple, darunter auch Siri, greifen nicht ständig auf die Cloud zurück. So versucht Siri auch bei jedem Aufruf, zunächst ohne Daten von einem Server die anstehenden Aufgaben zu erfüllen. Wenn aber ein Kontakt mit der Cloud notwendig ist, um beispielsweise eine Abfahrtzeit einer S-Bahn zu ermitteln, wird die Anfrage nicht mit der persönlichen Kennung (Apple ID) des Nutzers verknüpft, sondern mit einer zufällig generierten Kennung. Apple betont, dass die Daten nicht ohne Erlaubnis der Anwender geteilt werden und Apple selbst sie gar nicht sehen kann, weil sie verschlüsselt sind.

Der Internet-Konzern Google hat in der Vergangenheit in großem Stil Daten von den Android-Smartphones und Smart-Home-Geräten eingesammelt. Etliche davon werden auch für die Optimierung des Werbegeschäfts ausgewertet. Auf der jüngsten Entwicklerkonferenz versprach das Unternehmen allerdings eine wirksame Datenkontrolle.

Google Assistant am beliebtesten

Doch die Beliebtheit der Sprachassistenten ist ungebrochen: Bei den jüngeren Deutschen unter 40 Jahren spricht schon fast jeder Zweite mit Siri, Google oder Alexa. Das belegt eine repräsentativen Studie der Postbank. Am häufigsten nutzen die Deutschen Google Assistant (19 Prozent), an zweiter Stelle folgt Siri (15 Prozent). Amazons Echo mit Alexa nutzen acht Prozent der Deutschen, vier Prozent sprechen mit Alexa über das Amazon Tablet. Für die Jüngeren ist Siri die Nummer eins. Sie kommt in dieser Altersgruppe auf 28 Prozent vor Google Assistant mit 27 Prozent.

Das können die smarten Helfer

Digitale Sprachassistenten können auf Zuruf zum Beispiel den Wetterbericht ansagen, Fragen beantworten, Musik, Podcasts oder Hörbücher abspielen oder die Terminplanung übernehmen. Auch Smart-Home-Anwendungen, die sich immer stärker durchsetzen, haben den Siegeszug von Alexa und Co. befördert. Denn auch die Beleuchtung oder das Anschalten elektronischer Geräte kann über Sprachassistenten gesteuert werden.

In großen Haushalten zu Hause

Am intensivsten werden Sprachassistenten derzeit von Familien genutzt: 52 Prozent der Haushalte mit vier Personen und mehr leben mit einem Sprachassistenten unter einem Dach und nutzen ihn aktiv. In Drei-Personen-Haushalten sind es ebenfalls noch überdurchschnittliche 39 Prozent. Wer allein lebt, lässt dagegen eher selten einen sprechenden Assistenten bei sich einziehen: Nur rund jeder fünfte Single-Haushalt nutzt Siri und Co.

Chance für Ältere

Für die Zukunft sieht Thomas Brosch, Chief Digital Officer der Postbank, außerdem Potenzial bei der älteren Generation: "Wir gehen davon aus, dass sich Sprachassistenten auch in den Altersgruppen 50 und 60 plus etablieren werden, die nicht mit Smartphones aufgewachsen sind. Diesen Anwendern liegt die Nutzung von Sprachassistenten deutlich näher als umständliches Tippen und Scrollen, für das es eine gewisse Fingerfertigkeit braucht, sowie den permanenten Wechsel verschiedener Anwendungen auf einem Display."