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Apples Marketing-Chef im Interview Phil Schiller - Dieser Mann soll den Apfel glänzen lassen

Phil Schiller bei der Präsentation des iPhone X
Phil Schiller bei der Präsentation des iPhone X
© Marcio Jose Sanchez/Picture Alliance
Apple ist derzeit der wertvollste Konzern der Welt. Mitverantwortlich dafür ist Phil Schiller, Apples oberster Marketing-Mann. Mit dem stern sprach er exklusiv über das neue iPhone, Apples Preisgestaltung, die Konkurrenz - und warum man ihn intern Dr. No nennt.

Süßer die Kassen nie klingeln: In diesen Tagen brummt das Geschäft in Cupertino. Auch dieses Jahr werden viele Geräte "Designed by Apple in California" unter den Weihnachtsbäumen liegen. Schätzungen zufolge schreibt das Unternehmen in diesen Tagen das erfolgreichste Quartal seiner Firmengeschichte: Erwartet werden 87 Milliarden US-Dollar Umsatz, in nur drei Monaten. Selbst für einen erfolgsverwöhnten Konzern wie Apple wäre das eine Hausnummer.

Verantwortlich dafür ist auch Phil Schiller. Der 57-Jährige ist ein Apple-Urgestein, seit 20 Jahren ist er der weltweite Marketing-Chef des Unternehmens. Er machte den iPod groß und war maßgeblich an der Entwicklung des iPhone beteiligt. Seine Aufgabe ist es, dem Konzern ein cooles Image zu verpassen und die hochglanzpolierten Produkte begehrenswert zu machen. Der stern traf den Top-Manager in London zum Exklusiv-Gespräch.

Der Preis des iPhone X

Der größte Umsatztreiber ist nach wie vor das iPhone. Mit dem ersten Modell vor zehn Jahren erfand Apple nicht nur das Telefon neu, der Konzern zeigte auch einen Weg, wie man einen vollwertigen Computer bequem unterwegs nutzbar machte. Seitdem gibt Apple den Takt in der Branche an. Das iPhone ist der Goldstandard, an dem sich jeder Herausforderer bis heute messen lassen muss.

Mit dem neuen iPhone X (gesprochen Ten) gelang Apple erneut ein großer Wurf. Es verkauft sich schneller, als es produziert werden kann. Dabei ist es mit bis zu 1319 Euro alles andere als ein Schnäppchen. Beim Preisschild müssen viele Käufer erst einmal schlucken. "Wir starten nicht mit dem Preis, wenn wir ein Produkt entwickeln. Zuerst steht bei uns immer die Frage, welche Technologien wir verbauen können", sagt Schiller. Viele Features im iPhone X seien komplett neu, etwa das Gesichtserkennungssystem Face ID. "Das schlägt sich auf den höheren Preis nieder. Doch wir versuchen immer, Produkte so erschwinglich wie möglich zu machen." Ob der Preis in Zukunft weiter steigt? Eine Obergrenze gibt es seiner Meinung nach jedenfalls nicht.

Apples Marketing-Chef im Interview: Phil Schiller - Dieser Mann soll den Apfel glänzen lassen

Um verschiedene Preisniveaus zu bedienen, baut man stattdessen das iPhone-Portfolio aus. Gab es früher nur zwei Modelle zur Auswahl, bietet Apple mittlerweile fünf iPhones in vier verschiedenen Formfaktoren. "Wir müssen eine große Bandbreite von Nutzern und Nutzungsszenarien abbilden. Viel mehr als früher", erklärt Schiller. Soll heißen: Der Smartphone-Markt ist hart umkämpft, und nur mit 1000-Euro-Phones wird es selbst für eine Edelmarke wie Apple schwierig. Das kleine iPhone SE für knapp 400 Euro ist nach wie vor ein Bestseller.

"Fitness und Gesundheit sind die klare Nummer eins"

Wohl und Wehe des Konzerns hängen also nach wie vor am iPhone. Im dritten Quartal 2017 lag der Umsatzanteil des iPhone gemessen am Gesamtumsatz (45,4 Milliarden US-Dollar) bei 54,7 Prozent. In den Weihnachtsquartalen schnellt der Anteil auf knapp 70 Prozent empor.

Doch in den vergangenen Jahren wagte sich der Konzern auch auf neues Terrain. Einer der Hoffnungsträger ist die Apple Watch. Vor zweieinhalb Jahren wurde die Uhr von vielen Experten noch belächelt, mittlerweile lässt Cupertino umsatzseitig selbst Schwergewichte wie Rolex hinter sich. Konkrete Verkaufszahlen nennt der Konzern nicht, Schätzungen gehen von vier Millionen Stück pro Quartal aus. Viele Android-Uhren sind dagegen in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Ihnen fehlte der Fokus: "In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir untersucht, warum Menschen eine Uhr tragen wollen. Nummer eins ist ganz klar Fitness und Gesundheit", erklärt Schiller. 

Daraufhin habe man viele Funktionen nachgeliefert, die genau dieses Bedürfnis bedienen - "und das hat für steigende Verkaufszahlen gesorgt". Pro Jahr legt die Uhr um 50 Prozent zu. Die neuen Hybrid-Uhren, welche die Vorteile einer klassischen Armbanduhr mit smarten Funktionen verknüpfen, scheint Apples Marketing-Mann gar nicht als Konkurrenz wahrzunehmen. "Wir denken nicht viel über unsere Wettbewerber nach. Wir fokussieren uns lieber darauf, was wir aus unserem Produkt machen können."

Das sagt Phil Schiller zu den Software-Pannen

Bei der Hardware glänzt der angebissene Apfel nach wie vor. Das zeigt selbst die unabhängige Stiftung Warentest, eine Instanz in Deutschland. Die aktuelle iPhone-Generation (8 Plus) landete jüngst auf dem ersten Platz, das iPad ebenso und auch der Mac erzielte Bestnoten. Das iPhone X punktete mit der Kamera, wurde aber wegen des sturzanfälligen Gehäuses abgewertet.

Bei der Software gibt es noch Baustellen. Zuletzt gerieten Apples Betriebssysteme mehrfach wegen zum Teil schwerer Sicherheitslücken in die Schlagzeilen. So brachte ein Datumsfehler iPhones zum Dauer-Neustarten, wegen einer Schwachstelle konnten sich Fremde mit einem Standardpasswort auf einem geschützten Mac einloggen. So eine Pannen-Woche gab es selten zuvor in Cupertino.

"Es war nicht unsere beste Arbeit", gibt Phil Schiller zu. "Wenn wir einen Fehler machen, müssen wir ehrlich sein. Wir müssen ihn akzeptieren und uns bei den Kunden entschuldigen. Denn das ist nicht das, was sie von uns erwarten. Das ist auch nicht das, was wir von uns erwarten."

Siri muss noch viel lernen

Viel zu tun gibt es auch noch beim Sprachassistenten Siri, den man vom iPhone oder Mac kennt. Obwohl Apple 2011 ein Pionier in diesem Bereich war, bekommt Siri erst demnächst mit HomePod ein eigenes Zuhause, einen footballgroßen Sprachlautsprecher. Es ist Apples später Frontalangriff auf einen Bereich, in dem sich vor allem Amazon mit seinen Echo-Lautsprechern längst breitgemacht hat, aber auch Sonos und Google mitmischen.

Das Siri-Team hat noch viel Arbeit vor sich: Die deutsche Version hinkt dem US-Pendant hinterher, wirkliche Gespräche sind mit Siri nicht möglich. Noch nicht. "Wir arbeiten hart daran, dass natürliche Sprache verstanden wird. So muss man keine speziellen Befehle lernen, damit etwas funktioniert. Das ist schwierig." Apple investiere viel und die Roadmap sei lang, erklärt Apples Marketing-Chef. "Bei reiner Sprachsteuerung sind wir erst ganz am Anfang."

Doch auch Amazon und Google investieren Milliarden, um Robotern ein Verständnis der menschlichen Sprache beizubringen - und sind in einigen Bereichen schon weiter, etwa der Künstlichen Intelligenz. Wer das Rennen der Sprachassistenten am Ende macht, wird sich zeigen.

"AR kann alles verändern"

Große Hoffnungen setzt Apple in die Augmented Reality (AR). Das klingt kompliziert und alles andere als sexy. Doch im Gegensatz zur Virtuellen Realität kapselt AR den Nutzer nicht komplett aus dem echten Leben ab. Stattdessen werden mit Hilfe der Smartphone-Kamera die Umgebung auf das Display übertragen und digitale Informationen darüber gelegt. Erste Berührungspunkte mit dieser Technik hatten Millionen Menschen im vergangenen Jahr mit "Pokémon Go". Sie pilgerten mit ihrem Smartphone durch die Straßen und jagten putzige Monster, die nur auf ihrem Bildschirm existierten.

Doch die Technik kann weit mehr, ist Schiller überzeugt: "AR kann alles verändern. Die Art, wie wir spielen, wie wir in der Schule lernen. Wie wir Apps im Berufsalltag verwenden oder in der Schule unterrichten." Was möglich ist, zeigt etwa Ikeas App "Places". In der Anwendung des schwedischen Möbelhändlers wählen Nutzer einfach ihr Traumsofa aus, das Smartphone zeigt anschließend, wie es in den eigenen vier Wänden aussieht. So sieht man schon vor dem Kauf, ob das Polstermöbel neben der Schrankwand doch irgendwie zu groß wirkt.

Eine Spielerei, klar. Aber eine, von der sich Apple jede Menge verspricht. Welcher Sektor der Technik zum Durchbruch verhelfen könnte, darauf will sich Schiller nicht festlegen. "Im ersten Jahr des App Store hat niemand vorhergesehen, dass es eines Tages ein AirBnB geben wird, ein Instagram, ein Uber. So etwas ist unmöglich vorherzusagen. Aber wir glauben, dass AR in jeder dieser Kategorien etwas verändern kann, nicht nur in einer oder zwei." 

Apples Dr. No

Vor zehn Jahren hatte Apple den iPod und das erste iPhone. Drumherum ist mittlerweile ein ganzes Ökosystem aus Zubehör, Apps und Diensten gewachsen. So wurde Apple zum wertvollsten Konzern der Welt. Der Wert des Unternehmens lag zuletzt bei 870 Milliarden US-Dollar. Auf Platz zwei folgt Google-Mutter Alphabet mit 719 Milliarden. Und es ist noch längst nicht Schluss: Glaubt man den Gerüchten, werkelt man in Cupertino an einem selbstfahrenden Auto, auch von einem eigenen Netflix ist die Rede. Manch einer träumt von einer Augmented-Reality-Brille, wie Google Glass, nur in besser.

Zu all diesen Zukunftsplänen will sich Phil Schiller nicht äußern. Vermutlich werden es nicht einmal alle Projekte, an denen gearbeitet wird, zur Marktreife schaffen. Schiller weiß das. Er arbeitet mit Unterbrechungen seit 1987 bei Apple. Intern hat er den Spitznamen Dr. No, weil er in Besprechungen häufig auch Nein sagt zu neuen Ideen. "Wir müssen aufpassen, nicht zu viele Dinge zu machen. Die ganze Welt will, dass wir so viel machen. Das ist eine schwierige Balance. Damit wir diese wahren können, müssen wir stets debattieren: Was wollen wir tun, was nicht?"

Was die Zukunft bringen werde, das wisse ohnehin niemand, sagt Schiller. Er glaubt weiterhin fest an das Smartphone. "Wir sind zehn Jahre dabei. Ich glaube, dass es noch zehn, zwanzig Jahre weiter geht. Eines Tages wird es vielleicht etwas geben, dass das Smartphone ersetzt. Vielleicht. Aber das wird noch dauern."

  

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