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Nespresso & Co. : Kaffeekult und Kapselkritik

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Nespresso setzt auf Kaffeekapseln aus Aluminium

Nespresso setzt auf Kaffeekapseln aus Aluminium Bild: Rainer Wohlfahrt

Die Idee von Nespresso ist mehr als pfiffig: Die Aluminiumkapsel ist Transport- und Druckbehälter in einem. Umweltfreundlich sind die Kapseln nicht. Die Konkurrenz setzt auf biologisch abbaubares Material und verspricht „Kaffeegenuss ohne Reue“.

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          Der schnelle Espresso aus der Kapsel ist Kult. Gewaltig sind die Mengen an Kapseln, in denen Nespresso das Kaffeepulver unters Volk bringt. Bis Ende des vergangenen Jahres hatte die hochprofitable Nestlé-Tochter knapp fünf Milliarden davon hergestellt. Und wenn die Planungen der Nespresso-Strategen in Erfüllung gehen, wird sich die Zahl bis Ende 2012 verdoppelt haben.

          Doch nicht allein das exklusive Gefühl, das über edle Nespresso-Läden in den besten Lagen ausgewählter Großstädte und über die (Zwangs-)Mitgliedschaft im Nespresso-Club der Kundschaft vermittelt wird, erklärt den Erfolg der bunten, mit einem Preis von bis zu 39 Cent (je Stück) nicht gerade billigen Kapseln. Wesentlich trägt dazu die extrem einfache Handhabung der portionsgerecht befüllten Behälterchen bei, die sich mühelos in die Einstecköffnungen der Nespresso-Maschinen bugsieren lassen. Anschließend genügt ein Knopfdruck, und das schwarze Heißgetränk rinnt binnen weniger Sekunden in die Tasse.

          Die Idee hinter dieser Erfolgsgeschichte ist mehr als pfiffig. Denn die Kapsel ist Transport- und Druckbehälter in einem. In die Maschine gesteckt, sorgt eine Art Nagelbrett dafür, dass in den Kapseldeckel kleine Löcher gestanzt werden. So entsteht ein feinporiges Sieb. Durch weitere, ins obere Ende der Kapsel gestochene Öffnungen dringt das Brühwasser ein. Beides funktioniert tadellos. Doch nur in speziell auf die Nespresso-Kapsel ausgelegten Maschinen, so dass Nespresso ein Vorzeigebeispiel eines sogenannten Lock-in-Produkts gelungen ist: Während die Maschinen recht günstig abgegeben werden, verdient der Konzern an den vergleichsweise teuren Kapseln klotzig.

          Knapp zwei Dutzend Kaffeesorten warten in den Nespresso-Läden auf Kundschaft
          Knapp zwei Dutzend Kaffeesorten warten in den Nespresso-Läden auf Kundschaft : Bild: ddp

          „Outpresso“ für ökologisch sensible Kunden

          Und die sind aus Aluminium. Das habe Vorteile, sagt man bei Nespresso, das Material verhalte sich geschmacksneutral und könne zudem dem hohen Brühdruck mit bis zu 19 bar sicher widerstehen. Doch erntet der Einsatz des nur unter hohem Energieeinsatz zu gewinnenden Leichtmetalls auch immer wieder Kritik. Zwar wiegt eine leere Kapsel nicht einmal ein Gramm. Doch welche großen Mengen an Aluminium mittlerweile von Nespresso verarbeitet werden, kann man leicht ausrechnen.

          In der Schweiz besänftigt man die Kunden mit einem gut organisierten Sammel- und Recyclingsystem. Anders in Deutschland. Hier „dürfen“ die gebrauchten Kapseln in den gelben Sack oder die gelbe Tonne, die eigentlich Verkaufsverpackungen vorbehalten sind - und das sind Kaffeekapseln wie auch Teebeutel nicht. In welchen Mengen jedoch die kleinen bunten Dinger aus dem Müll sortiert werden, ist nicht verbrieft. Das bereitet ökologisch sensiblen Kunden immer wieder Kopfzerbrechen, so dass sie ihre Kapseln vor dem Wurf in die Recyclingtonne (rest-)entleeren, um dem Material bessere Chancen zu geben, wiederverwertet zu werden. Dazu nutzen sie gerne den „Outpresso“, eine Art Zange, in die man die Kapsel legt und die beim Zusammenkneifen das Kaffeepulver herausdrückt.

          Behälter aus Zellulosefasern

          Doch lassen sich auch andere Ökostrategien beobachten. So kann man bei Youtube den knapp zwei Minuten dauernden Versuch beobachten, wie sich eine gebrauchte Kapsel aufschneiden, entleeren und neu befüllen lässt, um abschließend mit einem Stück Alufolie verschlossen zu werden. Einfacher sollen sich eigens für Nespresso-Maschinen entwickelte „Leer-Kapseln“ bedienen lassen. Diese Nexpod-Kaffeekapseln haben einen Klappdeckel, mit dem man die kleinen Kunststoffbehälter nach dem Füllen verschließt. Doch wie man in einschlägigen Blogs lesen kann, scheint das Prozedere nicht trivial zu sein. Und, ein weiterer Nachteil, die Nachfüllkapseln bleiben im Inneren der Maschinen stecken und müssen aufwendig herausgefischt werden.

          Genau an diesem Punkt setzt Nespresso derzeit an, um sich gegen verstärkt auf den Markt kommende „Fremdkapseln“ zu wehren. So hat man die neue Maschinengeneration Pixie so gebaut, dass sie die Konkurrenzkapseln zwar aufnehmen, aber nach dem Brühvorgang nicht mehr ausgeben. Ob damit jedoch mittelfristig der Erfolg der deutlich billigeren Wettbewerber klein gehalten werden kann, bleibt abzuwarten. Denn zum Beispiel die von dem früheren Nespresso-Chef Jean-Paul Gaillard und seiner Ethical Coffee Company schon seit einigen Monaten in Frankreich über die Casino-Supermarktkette vertriebenen Kaffeekapseln haben einen nicht unwesentlichen Vorzug. Anstelle von Aluminium bestehen die kleinen Behälter aus Zellulosefasern, die man wasserfest „ausgerüstet“ hat, wie es in der Fachsprache der Papiermacher heißt. Damit sei „ein Kaffeegenuss ohne Reue“ möglich, heißt es in den Unterlagen. Gebrauchte Kapsel könne man auf den Kompost werfen. Innerhalb von sechs Monaten zersetzten sich die Kapsel vollständig.

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