Civilization: Beyond Earth im Test - Sternstunde mit Abstrichen

Civilization: Beyond Earth sägt im Test an unserer Freizeit, nicht aber am Genrethron von Civilization 5. Denn dafür lässt er trotz spannender Neuerungen zu viele Chancen ungenutzt und zu viel Feinschliff missen.

Sid Meiers Civilization: Beyond Earth - Test-Video zum Sci-Fi-Civ Video starten 16:28 Sid Meier's Civilization: Beyond Earth - Test-Video zum Sci-Fi-Civ

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Normalerweise ist das ja nicht unsere Art, aber jetzt müssen wir mal unfair werden. Wir vergleichen Civilization: Beyond Earth nämlich nicht mit Civilization 5, sondern mit der Civilization 5 Collection inklusive der Erweiterungen Gods & Kings und Brave New World. Und die haben den Hexfeld-Rohdiamanten bekanntlich erst zu dem geschliffen, was er heute ist: das beste Civilization seit dem zweiten, ein Quell großartiger Geschichten (»Dieser Ghandi wieder mit seinen Atombomben!«) und unsere unangefochtene Strategiespiel-Referenz.

Nein, es ist nicht fair, dass Beyond Earth sich mit diesem vier Jahre lang gereiften Ausnahmetitel messen muss. Aber es ist die Marktrealität. Die Civ 5 Collection gibt's für rund 30 Euro, Beyond Earth kostet 50 – wo bekommen Sie mehr Spiel, mehr Schliff, mehr Spaß fürs Geld? Da Sie vermutlich eh schon auf die Wertung geschielt haben, antworten wir lieber gleich: bei Civ 5 natürlich.

Beyond Earth verpflanzt dessen Spielprinzip zwar auf einen fremden Planeten und bereichert es um vielversprechende Neuerungen, die Vielfalt und spielmechanische Eleganz der Vorlage erreicht es aber (noch) nicht. Daher ist Beyofwek jgak … ach, pardon, jetzt sind uns beim Tippen wieder die Augenringe bis auf die Tastatur gesunken, weil wir Beyond Earth halt trotzdem wieder nächtelang gespielt haben. Denn es mag zwar schlechter sein als Civ 5, ein schlechtes Spiel ist es deshalb aber noch lange nicht.

Steam-Pflicht
Wie Civilization 5 setzt auch Beyond Earth auf Steam als Kopierschutz, vor dem ersten Start müssen Sie das Weltraum-Civ bei Valves Online-Plattform registrieren. Danach läuft es auch offline, lässt sich aber nicht mehr weiterverkaufen.

Sid Meier's Civilization: Beyond Earth - Screenshots ansehen

Kein Alpha Centauri

Und damit das ebenfalls gleich abgehakt wäre: Nein, Civilization: Beyond Earth ist auch kein neues Alpha Centauri. Denn dieses erste Civilization im All, dieser Meilenstein der Globalstrategie bot 1999 vieles, was Beyond Earth nun fehlt, vom Einheiten- und Regierungsbaukasten über den planetaren Rat und das Terraforming bis hin zu den denkwürdigen Fraktionen und der Grützgrafik - Halt, zumindest Letztere vermissen wir nicht, Beyond Earth basiert auf der schicken Civ 5-Engine, auch sein Terrain ist in Hexfelder unterteilt, auf die jeweils nur eine Einheit passt.

Beyond Earth fühlt sich eben an wie Civilization 5 im All. Oder besser: wahlweise auf einem Dschungel-, Wüsten- oder Pilzplaneten; das Grafikset wirkt sich jedoch nicht spielerisch aus. Dafür sind beim Partien-Setup auch viele aus Civ 5 bekannte Optionen wieder mit dabei, beispielsweise dürfen wir die Rohstoffe fair verteilen oder die Fraktionen mit ertragreichen »legendären« Startpositionen beglücken.

Unsere fortschrittlichen Franko-Iberer, übrigens Anhänger der Harmonie, führen einen Zweifrontenkrieg gegen Afrika (orange) und Polystralien (gelb). Dieses Bild haben wir auf einem Zwei-Monitor-System geknipst, Beyond Earth unterstützt mehrere Bildschirme. Unsere fortschrittlichen Franko-Iberer, übrigens Anhänger der Harmonie, führen einen Zweifrontenkrieg gegen Afrika (orange) und Polystralien (gelb). Dieses Bild haben wir auf einem Zwei-Monitor-System geknipst, Beyond Earth unterstützt mehrere Bildschirme.

Apropos: Die Parteien selbst sind austauschbar. Zwar basteln wir uns ein Wunschvolk aus einer von acht Nationalitäten, der wir zusätzlich drei von 15 weiteren Boni zuweisen, was theoretisch 1.000 Kombinationen erlaubt. Viele Vorteile wirken sich aber nur auf den Partiebeginn aus - eine um zwei Punkte erhöhte Industrieproduktion juckt Großreiche kaum noch. Neben nützlichen Boni à la »Mit einem Bautrupp starten« gibt's zudem auch weniger hilfreiche, beispielsweise mit einem Soldaten zu starten, den wir uns per Gratis-Bautrupp schnell erarbeitet haben.

Eigene Spezialeinheiten – seit Civilization 3 Standard – oder Gebäude bekommen die Nationalitäten nicht, weshalb sich die ausgefeilten Völker der Civilization 5 Collection sehr viel individueller anfühlen. Dort macht es dank der grundverschiedenen Fähigkeiten eben wirklich einen strategischen Unterschied, ob wir die Schoschonen oder die Inka anführen. In Beyond Earth hingegen ist es fast egal, ob Polystralien, Franko-Iberia oder sonst was auf unserer Flagge steht, die Parteien sind anfangs gesichtslos.

Dieses Boot kann unsere Stadt kaum ankratzen – ein Bug. Dieses Boot kann unsere Stadt kaum ankratzen – ein Bug.

Weltraum-Käfer
Wer Starship Troppers gesehen hat, weiß: Auf fernen Planeten hausen Bugs - natürlich auch in Beyond Earth. Im Test teilte uns das Spiel gelegentlich unerfüllbare Quests (Wie sollen wir ein Satellitenwrack ausgraben, das es nicht gibt?), hin und wieder gab's zudem Grafikfehler wie unsichtbare Diplomatie-Gesprächspartner und Kampfeffekte. Einmal haben wir zudem einmal erlebt, dass ein feindliches Transportboot plötzlich nahezu unverwundbar war, wenn wir es mit einer Stadt beschossen, sich mit eigentlich schwächeren Einheiten aber problemlos versenken ließ - bizarr. Weil keines dieser Probleme regelmäßig auftrat, haben wir aber beschlossen, dafür nicht gesondert abzuwerten.

Von der Affinität ...

Wohlgemerkt: anfangs. Eine der großen Stärken von Beyond Earth besteht darin, dass wir unser Eigenbau-Volk im Verlauf einer Partie immer weiter individualisieren, unter anderem dank der Affinitäten. Die bestimmen gewissermaßen unsere Gesinnung, wirken sich anders als die Ideologien von Civilization 5 aber nicht nur auf die Spätphase einer Partie aus, sondern bestimmen maßgeblich unsere Spielweise.

So tendieren wir zur Vorherrschaft, Reinheit oder Harmonie; jede Affinität bekommt drei bis vier individuelle Einheiten, acht Gebäude sowie diverse Spezialfähigkeiten.

  • Vorherrschaftler mischen Mensch und Maschine und bezahlen unter anderem keinen Unterhalt für Straßen, ihre Cyborgs und Kampfroboter kämpfen besonders effektiv in Gruppen, weil sich Einheiten gegenseitig stärken.
  • Anhänger der Reinheit wollen alles Fremde auf Abstand halten, rekrutieren entsprechend abwehrstarke Truppen und kämpfen besonders effektiv gegen die einheimische Alien-Tierwelt, außerdem dürfen sie als erste Fraktion Schwebepanzer bauen.
  • Harmonie-Hippies rekrutieren nicht nur eigene Alien-Rudel, sondern führen auch Truppen ins Feld, die sich besonders schnell selbst heilen - auch wenn sie in bläulichem Alien-Miasma rumstehen, das Trupps normalerweise schadet.

Dschungelwelt Üppige Dschungelwelten sind schon fast übertrieben bunt, aber wie die anderen Planeten nur ein Grafikset.

Wüstenwelt Auf trockenen Dune-Planeten geht's weniger überbunt zu, dafür lassen sich Misama-Felder teils schwer erkennen.

Pilzwelt Auf Pilzwelten soll es laut Firaxis »wild« zugehen, sie sind aber auch nur ein Grafikset ohne spielerischen Effekt.

Neben den affinitätseigenen Spezialeinheiten bietet Beyond Earth sieben Standard-Truppentypen vom Soldatentrupp bis zum Flugzeugträger. Das klingt erst mal nach wenig, wenn wir jedoch in der Affinitätsstufe aufsteigen, dürfen wir jeden Truppentyp in bis zu drei Stufen kostenlos aufrüsten. Dabei wählen wir jeweils einen von zwei alternativen Vorteilen, die's für unsere Affinität exklusiv gibt.

Beispielsweise spendieren Harmonie-Freunde ihren Stufe-3-Panzern mehr allgemeine Kampfkraft oder 10 Prozent mehr Verteidigung pro ungenutztem Bewegungspunkt, Vorherrschafts-Vehikel hingegen genießen einen Kampfbonus neben befreundeten Einheiten oder richten bei verwundeten Gegnern mehr Schaden an.

... zur Individualität

Alle Grund- und Upgrade-Truppentypen zusammengerechnet kommt Beyond Earth auf 94 Kampfeinheiten, das sind 20 mehr als im ursprünglichen Civ 5 und nur 18 weniger als in der Collection. Befehligen darf man die aber natürlich nicht alle, weil sich die Affinitäts-Upgrades gegenseitig ausschließen und nicht rückgängig machen lassen.

Dafür ermöglicht uns die ideologische Aufrüstung, unsere Einheiten und damit unsere Kampftaktik anzupassen - eine schöne Idee, die unserer Fraktion mehr Gesicht verleiht. Individuelle Beförderungen à la Civ 5 gibt's indes nicht mehr; Truppen sammeln zwar Erfahrung und steigen im Level auf, dann dürfen wir sie aber nur heilen oder ihre Kampfkraft leicht anheben. Die Großen Generäle hat Firaxis - wie alle großen Persönlichkeiten aus Civ 5 - ebenfalls in den Ruhestand versetzt.

Unser harmonischer Riesenshrimp, pardon, Xeno-Titan, zerlegt Reinheits-Artillerie. Unser harmonischer Riesenshrimp, pardon, Xeno-Titan, zerlegt Reinheits-Artillerie.

Mehrere Affinitäten zu mischen, ist übrigens möglich, anfangs aber nicht sinnvoll, weil man die besten Einheiten durch Spezialisierung am schnellsten freischaltet. Es lohnt sich allerdings für alle Fraktionen, die dritte Vorherrschaftsstufe zu erreichen, dann entfallen nämlich die Unterhaltskosten für Straßen. Welche Hauptaffinität man wählt, sollte von den Startbedingungen und -ressourcen abhängen.

Wer ergiebige Firaxit-Vorkommen in Reichweite hat, sollte zur Vorherrschaft tendieren, weil er die Kristalle für deren Spezialroboter braucht. Wer viel gegen Aliens kämpfen muss, ist tendenziell bei der Harmonie am besten aufgehoben, weil die zerstörte Alien-Nester als Rohstoff nutzen kann. Und wer direkt neben starken menschlichen Gegnern startet und über Schwebsteine verfügt, darf sich als Reinheitler am einfachsten einigeln.

Multiplayer
Wie seine Vorgänger hat Beyond Earth auch wieder einen Multiplayer-Modus, bis zu acht Spieler bekriegen sich via Internet (Steam), Netzwerk oder Hotseat. Obwohl man auch gleichzeitig ziehen darf, ziehen sich Partien lange hin, der Multiplayer-Modus eignet sich nur für geduldige Strategen. Unsere Probematches liefen allesamt ordentlich, Abstürze und kaputte Savegames haben wir nicht erlebt. Allerdings können wir nicht ausschließen, dass im laufenden Betrieb dennoch Probleme auftreten, auch in Civ 5 liefen Mehrspieler-Partien manchmal holprig.

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