Motorola Xoom im Test

Mit seinem sehr stabilen Alu-Gehäuse liegt das Motorola Xoom stabil, aber etwas wuchtig in der Hand – das iPad 2 wirkt eleganter, weil es dünner und 100 Gramm leichter ist. Unser Testgerät ließ in unregelmäßigen abständen ein Knacksen vernehmen, als würde sich das Gehäuse dehnen. Ansonsten gab es an der Verarbeitung nichts zu mäkeln.

Test: Apple iPad 2

Ausstattung

Das Motorola Xoom hat 32 GB Flash-Speicher eingebaut. Anders als das Apple-Tablet hat das Xoom einen Einschub für Micro-SD-Karten, um den Speicher erweitern zu können. Der Karteneinschub funktioniert aber noch nicht: Hier soll ein Update demnächst für Abhilfe sorgen. Abgesehen davon bietet das Motorola Xoom eine klasse Ausstattung: Das WLAN funkt wahlweise über 2,4 GHz oder 5 GHz und lässt sich per WPS absichern. Ein GPS-Empfänger ist ebenso an Bord wie Bluetooth und HSDPA/HSUPA (14,4 MBit/s Download, 5,76 MBit/s Upload). Das Mobilfunkmodem dient nur für den Datenverkehr, telefonieren kann man mit dem Xoom nicht.

Die zwei Kameras im Xoom mit 5 Megapixel hinten und 2 Megapixel vorne erzielten eine deutlich bessere Bildqualität als die iPad-2-Kameras. Sie bieten Blitz, Weißabgleich, Farbeffekte sowie Szenenmodi. Die Bilder zeigen leicht blasse, noch natürliche Farben, sind aber etwas unscharf. Bewegte Bilder lassen sich maximal in 720p-Auflösung aufnehmen. Auch die Videos konnten mit ordentlichen Farben und guter Belichtung überzeugen, bei schnellen Schwenks wird das Bild unscharf.

Aktuelle Tablet-PCs im Test

Wie die meisten Android-Geräte ist das Xoom anschlussfreudiger als das iPad: Es besitzt einen Micro-USB-Port über den man es mit dem beigelegten Kabel an einen PC anschließen kann. Das Xoom taucht dann als Laufwerk im Windows-Explorer auf. Per Micro-HDMI-Ausgang kann man das Tablet an einen Fernseher andocken – das passende Kabel fehlt im Lieferumfang.

Auf dem Xoom sind nur wenige Apps installiert, darunter aber alle wichtigen Google-Anwendungen wie Mail, Latitude, Maps, Places und Talk. Bei Google Maps funktioniert auch die 3D-Ansicht: Streicht man in der App mit zwei Fingern nach unten, werden in einigen Städten die Häuser in der Kartenansicht dreidimensional dargestellt – was angesichts der grauen Blöcke nicht besonders ansehnlich ist.  

Im Android Market gibt es keine spezielle Abteilung für Honeycomb-Apps. Es gibt aber einige Apps, die für den großen Bildschirm angepasst sind, etwa Accuweather oder die Nahverkehrs-App Öffi. Auch die Market-Ansicht ist auf dem Xoom für den großen Tablet-Bildschirm angepasst: Auf der linken Seite werden einzelne Apps nach Themen geordnet vorgestellt, rechts sind die App-Kategorien aufgelistet. Beide Elemente lassen sich unabhängig voneinander verschieben. Die Market-Ansicht rotiert übrigens beim Drehen des Tablets nicht mit, sondern bleibt immer im Querformat.   Im Test funktionierten fast alle Apps problemlos auf dem Xoom. Einige wie das Spiel Raging Thunder liefen nur in einem kleinen Bildschirmausschnitt, die anderen nutzen automatisch das ganze Display. Viele sind nicht für die hohe Auflösung des Xoom optimiert, sondern werden hochgerechnet, was aber passabel aussieht. Zwar gab es vor dem Start von Android 3.0 Gerüchte, dass das Betriebssystem nicht ausreichend stabil sei: Im Test stürzte das Xoom aber nur einmal ab. Wenn man die Einschalt- und die Lauter-Taste gleichzeitig für drei Sekunden hält, kann man das Tablet wieder zum Leben erwecken.

Bei der Bedienung bleibt Apples iPad 2 die Referenz. Zwar holt Android mit dem Xoom gewaltig auf, doch so flüssig, einfach und ergonomisch wie das iPad 2 kann man das Motorola-Tablet einfach nicht bedienen. Das liegt zum einen an grundsätzlichen Schwächen der Android-Bedieneroberfläche: Die drei grundlegenden Navigationstasten sind links unten angeordnet, was im Test vor allem die rechtshändigen Kollegen in der Redaktion monierten. Der Einschalter liegt hinten am Gehäuse, lässt sich also nur durch Tasten treffen.

Bei einigen Apps erscheint eine vierte Navigationstaste, mit der man das Kontextmenü aufrufen können soll: Doch nicht immer löst das Drücken der Taste auch eine Funktion aus. Die Apps Kontakte und Mails bieten eine zweispaltige Ansicht, was sie in der horizontalen Ansicht übersichtlicher macht. Wechselt man in die Vertikale geht bei der Mail-App die Übersicht etwas verloren, da in der linken Spalte die Ordner-Überschriften abgekürzt werden. Durch die Menüs blättert man auf dem Gerät flüssig. Kleine Animation, wie ein kurzes blaues Aufleuchten, wenn man ein Seitenende erreicht hat oder die angedeuteten Schattenumrisse von Apps, die auf der nächsten Seite liegen, hübschen die Bedienung etwas auf. Im Browser kann man ein On-Screen-Menü links im Browserfenster aufrufen, wenn man mit zwei Fingern von links nach rechts über den Bildschirm wischt (mit Icons für Vor, Zurück, Neu laden, Startseite, Lesezeichen, Neuer Tab, Einstellungen)

Doch sobald man durch die Home Screens oder die Karussel-Ansicht der YouTube-App blättert. fällt auf, was das Xoom vom iPad unterscheidet: Bei jeder Eingabe gibt es ein kurzes Ruckeln, die organische Echtzeit-Bedienung, die man vom iPad kennt, erreicht das Xoom nicht.

Schneller Browser mit Darstellungsproblemen

Das zeigt sich auch beim Surfen: Besonders Webseiten mit vielen Bildern ruckeln beim Verschieben, der Zoom reagierte schnell, aber nicht so unmittelbar wie auf dem iPad und arbeitete mit einem leichten zitternden Ruckeln, man kann deutlich erkennen, wie das Xoom beim Vergrößern einer Webseite die Buchstaben nachschärft. Dazu kamen noch Darstellungsprobleme des Browsers: Bei manchen Webseiten wurden Seitenteile verschoben, die eigentlich fixiert sein sollten: Bei Facebook wanderte beispielsweise beim Scrollen die Chatbox, die rechts unten bleiben soll, immer nach oben über die Seite. Der Lagesensor reagierte im Test zuverlässig, aber mit rund 1,5 Sekunden Verzögerung – das iPad ist auch hier merklich flotter.

Ordentliche Tastatur

Auf der Bildschirm-Tastatur kann man gut tippen. In der Queransicht bietet sie ein Tastenraster, das so groß wie bei einem Netbook ausfällt. Um Zahlen und Zeichen zu erreichen, muss man aber nach wie vor umschalten. Aufgrund der Größe ist das Tippen mit den Daumen kaum möglich: Im Quermodus erreicht man so nicht alle Tasten, im Hochformat wird es schnell anstrengend, das Tablet unten festzuhalten.

Akkulaufzeit

Mit 720 Gramm wiegt das Motorola Xoom 100 Gramm mehr als das iPad 2. Im Akkutest beim Internet-Surfen per WLAN hielt das Xoom fast 12 Stunden durch, beim Abspielen eines Videos rund 7,5 Stunden. Beides sind Top-Ergebnisse, mit denen das Xoom das Original-iPad knapp überflügelt. Doch das iPad 2 ist in beiden Disziplinen rund zwei Stunden besser. 

Bildschirm

Das Display des Xoom ist größer und höher aufgelöst als das des iPad 2. Doch bei den Messungen kam es nicht ganz an die Werte des Apple-Tablets heran. Es strahlte über 300 cd/m2 hell und lässt sich daher draußen im Schatten probloemlos ablesen. Im direkten Sonnenlicht erkennt man aber kaum noch etwas auf dem Bildschirm. Schaut man schräg auf den Bildschirm, erscheinen die Farben etwas fahler, das Bild bleibt aber deutlich zu erkennen. Aber schon wieder grüßt das Murmeltier: Das iPad 2 schneidet auch beim Blickwinkelverhalten besser ab.

Geschwindigkeit

Den Browser hat Google für Android 3.0 stark verbessert: Er kann jetzt per Registerkarten mehrere Seiten anzeigen und erlaubt einen Inkognito-Modus. Bei den Browser-Tests war das Motorola Xoom etwas schneller als das iPad 2. Auch das WLAN-Modul erzielte eine höhere Datenrate. Allredings benötigte das Motorola-Tablet geschlagene 53 Sekunden für einen Kaltstart – das ist Netbook-Niveau. Das iPad und die meisten Android-Geräte sind nach 20 bis 30 Sekunden einsatzbereit.

©Motorola

Bislang waren die meisten Android-Tablets Format-Vielfraße: Sie konnten fast jede Audio- und Videodatei abspielen. Android 3.0 und das Motorola Xoom gehen hier einen Schritt zurück: Zwar kann das Tablet Flash-Inhalte problemlos abspielen, auch in HD-Auflösung. Der passende Flash-Player ist aber nicht vor-installiert, man muss ihn erst aus dem Market herunterladen.

Der installierte Video-Player Galerie spielt nur MP4-Dateien ab – und auch nur dann, wenn sie in H.264/AVC und im Baseline-Profil kodiert sind. H.264-Filme im Main- oder High-Profil ruckeln stark oder zeigen überhaupt kein Bild. Dieses Verhalten zeigen auf dem Xoom auch andere Video-Spieler wie Meridian oder Mvideo Player, wenn man AVI- oder MKV-Filme wiedergeben wollte.

Sie alle setzen beim Abspielen auf die Hardware-Beschleunigung durch den Tegra-Prozessor im Xoom – und das geht schief. Der einzige Spieler, der im Test problemlos mit allen Formaten zu recht kam, war der Rock Player. Bei ihm kann man die Hardware-Beschleunigung de-aktivieren.

Bei der Musikwiedergabe war das Xoom weniger widerspenstig: Bis auf Flac und WMA spielt es alle Testdateien ab. Die Lautsprecher auf der Gehäuserückseite klingen erstaunlich kraftvoll, wenn das Tablet auf dem Tisch liegt. Allerdings liegen die Lautstärke-Tasten tief im Gehäuse, ihr harter Druckpunkt erfordert viel Kraft. Bis auf RTF lassen sich über Quick Office auch Office-Formate öffnen. Ein eBook-Reader fehlt dem Xoom übrigens in der Standardausstattung.

Test-Fazit: Das bisher beste Android-Tablet

Das Motorola Xoom ist das bisher beste Android-Tablet. Mit dem neuen Betriebssystem Honeycomb macht Google einen großen Sprung nach vorne – doch das iPad ist einfach immer noch besser. Das gilt für die Bedienung, für das Zusammenspiel von Soft- und Hardware und zeigte sich im Test unter anderem am hochwertigen Bildschirm und der überlegenen Akkulaufzeit. Erst wenn künftige Android-Tablets die Stärken des Xoom bei Ausstattung und Design übernehmen, aber seine Schwächen zum Beispiel bei der Multimedia-Wiedergabe abstellen, kommt der Tablet-Thron des iPad 2 vielleicht in Gefahr.