Rechtsanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth hat gegen den in Deutschland führenden Linux-Distributor SuSE per einstweiliger Verfügung vor dem Landgericht München I einen Auslieferungsstopp für dessen Distributionsversion 7.3 erwirkt. Bis auf weiteres darf SuSE also keine Software-Pakete mit seiner aktuellen Distribution mehr ausliefern. Bereits im Handel befindliche Software-Pakete dürfen jedoch weiterhin verkauft werden.
Der Grund für das Vorgehen des Münchner Rechtsanwalts: SuSE verletze mit seiner Linux-Distribution Markenrechte. Gemeint ist anscheinend das OpenSource-Bildbearbeitungsprogramm “Krayon”, das einmal zu KOffice gehörte. KOffice ist das zur grafischen Bedienoberfläche KDE2 gehörige Office-Programm. Allerdings ist “Krayon” auf den aktuellen Suse-CDs nicht mehr enthalten, da die Entwicklung dieses Programms schon vor einiger Zeit eingestellt wurde. Der übriggebliebene Verweis in KDE scheint jedoch für eine Markenrechtsverletzung auszureichen.
Ein Unternehmen, das die Markenrechte an “Crayon” (französisch für “Bleistift”) hält, hat Rechtsanwalt Freiherr von Gravenreuth mit der Wahrung seiner Rechte beauftragt. Dieser erwirkte daraufhin die einstweilige Verfügung gegen den Nürnberger Linux-Distributor.
Durch die Verfügung wird SuSE untersagt, Software-Pakete seiner Distribution an den Handel oder an Endkunden auszuliefern. Interessenten, die online bei SuSE die 7.3er Distribution ordern, können deshalb derzeit nicht beliefert werden. Alle Linux-Pakete, die bereits an den Retail-Handel ausgeliefert sind, dürfen jedoch auch weiterhin an Endkunden verkauft werden. Wer also beim Buch- oder PC-Händler ums Eck noch eines der grün-weißen Pakete entdeckt, kann es problemlos erwerben.
SuSE Linux 7.3 befindet sich auch auf der Heft-CD der aktuellen PC-WELT. Dabei handelt es sich um eine uneingeschränkt nutzbare, vollwertige Linux-Distribution. Lediglich der Umfang der mitgelieferten Software ist gegenüber der käuflichen Version reduziert. Sie können sich jedoch alle erforderlichen Programme per Download aus dem Internet besorgen.
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Die aktuelle PC-WELT
Wie Günter Freiherr von Gravenreuth auf Nachfrage der PC-WELT mitteilte, wurde die SuSE Linux AG Anfang Dezember in der Sache angeschrieben. Von Gravenreuth habe dem Linux-Distributor eine außergerichtliche Einigung angeboten, was von der SuSE-Rechtsabteilung jedoch zurückgewiesen worden sei.
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Günter Freiherr von Gravenreuth
Für SuSE-Linux-Fans besteht jedoch vermutlich kein Grund zur Panik. Beide Parteien streben eine außergerichtliche Einigung an. Danach dürfte SuSE wieder mit der Auslieferung seiner Distribution fortfahren.
Christian Egle, Unternehmenssprecher von SuSE, wollte sich gegenüber der PC-WELT zu dem laufenden Verfahren noch nicht äußern. Auch Freiherr von Gravenreuth bestätigte lediglich das Verfahren als solches. Details zum Namen des Mandaten und zum strittigen Programm wollte er nicht bestätigen.
Recherchen der PC-WELT ergaben, dass die Domain www.crayon.de für die Crayon Vertriebs GmbH mit Sitz in Kiel registriert ist. Die Crayon GmbH vertreibt Grafiken auf CD. Die Crayon Vertriebs GmbH gehört wiederum dem Seidel Software-Service. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich beim Seidel Softwareservice aus Kiel um den Auftraggeber des Freiherrn von Gravenreuth handelt. Weder die Crayon Vertriebs GmbH noch der Seidel Software Service waren bis Redaktionsschluss telefonisch zu erreichen.
Klage abgewiesen: Neue Abfuhr für Freiherr von Gravenreuth (PC-WELT Online, 20.09.2001)
Sieg für Freiherr von Gravenreuth (PC-WELT Online, 26.06.2001)
PC-WELT Ratgeber: Hilfe bei Linux-Problemen