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Online-Bildbearbeitung "Photoshop Express" Photoshop kostenlos - aber mit Hintergedanken

Adobe hat seinen Riesen Photoshop auf Webgröße geschrumpft. "Photoshop Express" ist eine kostenlose Bildbearbeitung, die im Internetbrowser läuft und durchaus beeindruckt. Wenn da nicht die AGB wären.
Von Ralf Sander

Photoshop. Das Synonym für Bildbearbeitung am Computer. Das mehr als 1000 Euro teure Spezialwerkzeug für Profis. Das Speicher fressende Funktionsmonster. So kennt man den Klassiker aus dem Hause Adobe seit mehr als einem Jahrzehnt. Doch mit der Marktführerschaft im Profisegment gibt sich das kalifornische Unternehmen aus San Jose nicht zufrieden. Für Einsteiger und ambitionierte Amateure gibt es seit einigen Jahren den kleinen Bruder Photoshop Elements, der für rund 80 Euro immer noch mehr Funktionen bietet, als die meisten seiner Nutzer je brauchen werden.

Wir können noch schlanker, verkündete Adobe vor rund einem Jahr: im Web, Bildbearbeitung im Internetbrowser. Nun ist es soweit: Photoshop passt in Internet Explorer, Firefox & Co. Adobe hat eine öffentliche Beta-Testversion von Photoshop Express veröffentlicht. Für jeden, dessen Computer über Internetzugang und Flash in der Version 9 verfügt, ist das kostenlos. Was nicht heißt, das Adobe keine Gegenleistung verlangt. Doch dazu später mehr.

Adobe wolle mit dieser Maßnahme, teilt das Unternehmen mit, seinen Markennamen in der jungen Generation, die ihre Bilder im Internet lagert, verwaltet und bearbeitet, bekannter machen. Gelegenheitsfotografen, denen es weniger um Kunst, sondern um den Knipsspaß geht. Die Zielgruppe liebt es, ihre Bilder der Webwelt zu zeigen und will nur die nötigsten Bildkorrekturen vornehmen. Dabei ist Photoshop Express auch für ambitioniertere Bildbearbeiter durchaus interessant, denn besonders die Bedienung überrascht mit einigen guten Ideen.

Beschränkungen

Wer seine Bilder online bearbeiten will, muss sich zunächst kostenlos registrieren. Erst dann können Bilder hochgeladen werden, entweder vom Desktop-Rechner oder aus dem Web. Der Standardspeicherplatz beträgt zwei Gigabyte, es ist sehr wahrscheinlich, dass Adobe im Rahmen von kostenpflichtigen Angeboten auch mehr Speicher anbieten wird. Bei der kostenlosen Nutzung ist die Bildgröße außerdem auf eine Seitenlänge von 4000 Pixeln begrenzt, Bilder mit einer Auflösung von zwölf Megapixeln oder mehr können nicht ohne vorherige Verkleinerung hochgeladen werden. Auch diese Beschränkung könnte später gegen Entgelt fallen.

Sind die Fotos auf Adobes Servern angelangt, lohnt es sich, die schlichte Oberfläche der komplett in Flash programmierten Anwendung zu erkunden. Bilder lassen sich per Drag&Drop einfach in Alben ein- und umsortieren. Jede Aktion - auch bei der Bildbearbeitung - wird sofort umgesetzt, das schlanke Interface ist schön und schnell. In Photoshop Express integriert ist eine Bildercommunity, in der man Alben veröffentlichen kann. Die freigegebenen Werke anderer Nutzer lassen sich im Gegenzug einfach durchstöbern. Schnittstellen zu einigen anderen Social Networks gibt es außerdem: Facebook, Photobucket und Picasa sind bereits integriert, als nächstes soll Flickr angeschlossen werden. Um Photoshop Express noch sozialer zu machen, sind außerdem verschiedene Möglichkeiten Bilder, Alben oder sogar Diashows mit anderen zu teilen (per Mail, eingebettet in Homepages oder eben über die Communitys) mit nur einem Mausklick zu erreichen. Und die Empfänger müssen nicht registriert sein, um die Bilder sehen zu können.

Für die Bildbearbeitung bietet Photoshop Express einen Kasten mit 17 Werkzeugen an, darunter unverzichtbare Klassiker wie ein Tool zum Zuschneiden und Drehen von Bildern, Rote-Augen-Reduktion, ein Retuschestempel und verschiedene Möglichkeiten der Belichtungs- und Farbkorrektur. Hinzu kommen Funktionen, um das Bild zu verfremden und zu verzerren.

Simples Interface

Besonders überzeugend: die Benutzerführung: Für die meisten Werkzeuge bietet Photoshop Express Vorschläge für Einstellungen an, deren Auswirkungen dank Vorschaubildern auf einen Blick zu erkennen sind. Ein Prinzip, das Adobe auch für das Protokoll der Arbeitsschritte übernommen hat. Alle Änderungen lassen sich auf einen Schlag oder schrittweise rückgängig machen. Eine Bildergalerie aller Arbeitsschritte - mit Rück- statt Vorschaubildern - hilft enorm bei der Orientierung.

Mit Photoshop Express mischt sich Adobe gleich an zwei Fronten ein: bei den Fotocommunitys wie Flickr & Co. und bei den Online-Bildbearbeitern wie Picnik, das zurzeit noch mehr Werkzeuge bietet, sich aus Social Networks aber komplett heraushält. Nicht zu vergessen: Express ist noch in der Testphase, Verbesserungen werden kommen. Insgesamt ist Adobes Web-Photoshop ein interessanter Neuzugang mit großem Potenzial - und einem bitter schmeckenden Wermutstropfen.

Der Haken in den AGB

Wie wichtig der ungeliebte Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist, das beweist einmal mehr Photoshop Express: Adobe reklamiert Nutzungsrechte an allen für die Öffentlichkeit freigegebenen, also für die Community sichtbaren Fotos. Wer den AGB zustimmt, um Photoshop Express nutzen zu können, erlaubt den Kaliforniern, die eigenen Bilder zu verändern, in jedem beliebigen Medium zu reproduzieren, sie weiterzuverkaufen und die Nutzungsrechte an Dritte weiterzulizenzieren, ohne an den Urheber Gebühren zahlen zu müssen. Und der dickste Brocken kommt erst noch: Diese Rechte erhält Adobe weltweit, unbefristet und unabänderlich. Selbst wenn man sein Profil löscht und Photoshop Express nicht mehr nutzen will, behält Adobe die Nutzungsrechte an freigegebenen Bildern. Was das Unternehmen mit diesen Bildern anfangen will, ist noch völlig offen.

Ob man diese Einräumung der Nutzungsrechte als Gegenleistung für das an sich kostenlose Angebot betrachtet, muss jeder selbst entscheiden. Wichtig ist nur, sich bewusst zu sein, worauf man sich einlässt.

Update, 28.03., 10.15 Uhr


Dieses Statement von Adobes Deutschland-Pressesprecher Alexander Hopstein hat stern.de gerade erreicht: "Wir haben die Bedenken bezüglich der Nutzungsbedingungen von Photoshop Express gehört und stimmen zu, dass die gegenwärtige Formulierung Dinge impliziert, die wir nie mit den Inhalten unserer Kunden machen würden. Unsere Rechtsabteilung arbeitet daher mit hoher Priorität daran, die Nutzungsbedingungen von Photoshop Express entsprechend anzupassen. Wir danken Ihnen für Ihr Feedback und melden uns wieder, sobald die Nutzungsbedingungen aktualisiert worden sind."

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