Lizenzfreie WLAN-Frequenzen

EU gibt für Wi-Fi 6 E benötigtes Frequenzband frei

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Die EU hat das Frequenzband von 5.945 bis 6.425 MHz zur lizenzfreien Nutzung freigegeben. Branchenvertreter begrüßen das als Grundlage für eine positive Entwicklung bei Wi-Fi 6 E – fordern aber noch weitergehende Schritte.

"Der Rechtsrahmen für WAS/Funk-LANs, die im Frequenzband 5.945 - 6.425 MHz (d h. im unteren 6-GHz-Band) betrieben werden, sollte die drahtlose Netzanbindung in der Union verbessern, damit potenziell weltweit verfügbare Funkfrequenzen dem Binnenmarkt zugutekommen und so Gerätehersteller in den Genuss großer Skaleneffekte kommen" hat die EU mitgeteilt, die mit WAS/Funk-LANs lokale Funknetze meint. "Die geringeren Hindernisse beim Zugang zu Funkfrequenzen, die sich aus einem harmonisierten Rechtsrahmen ergeben, werden die groß angelegte Einführung interoperabler WAS/Funk-LAN-kompatibler Geräte und Zugangspunkte erleichtern und eine wichtige Verbindungsinfrastruktur für Dienste darstellen, welche die mobilen Internetdienste der Mobilfunknetzbetreiber ergänzen", heißt es im Durchführungsbeschluss der EU-Kommission weiter.

Damit macht die EU den Weg frei für die Nutzung von Geräten nach dem Standard Wi-Fi 6 E. Dank des zusätzlichen Spektrums können zudem mehr unterschiedliche WLANs als bisher gleichzeitig an einem Ort mit hohem Tempo Daten übertragen, weil mehr überlappungsfreie Frequenzbereiche zur Verfügung stehen. Laut Durchführungsbeschluss der EU-Kommission haben die Mitgliedstaaten das Frequenzband 5.945 bis 6.425 MHz bis 1. Dezember 2021 für die Einrichtung von drahtlosen Zugangssystemen zuzuweisen und nicht-exklusiv, nichtstörend und ungeschützt bereitzustellen.

Mit der Freigabe legt die EU den "Grundstein für ultraschnelles WLAN", kommentiert Lancom-Geschäftsführer Ralf Koenzen - sieht aber gleichzeitig noch zusätzlichen Handlunsgbedarf.
Mit der Freigabe legt die EU den "Grundstein für ultraschnelles WLAN", kommentiert Lancom-Geschäftsführer Ralf Koenzen - sieht aber gleichzeitig noch zusätzlichen Handlunsgbedarf.
Foto: Lancom Systems

"Mit der Freigabe des unteren 6 GHz-Bands und dem damit verbundenen Extraspektrum von 500 MHz legt die EU den Grundstein für ultraschnelles WLAN als Schlüsseltechnologie auf dem Weg zur drahtlosen Gigabit-Gesellschaft", kommentiert Ralf Koenzen, Gründer und Geschäftsführer von Lancom Systems. "Als europäischer WLAN-Hersteller haben wir den politischen Entscheidungsprozess von Beginn an begleitet und danken der EU und allen Beteiligten für diesen historischen Schritt." Seiner Einschätzung nach erhält Wi-Fi 6 damit "einen immensen Leistungsschub" und zieht bei den Latenzraten mit dem Mobilfunkstandard 5G gleich.

Durch die aktuelle Freigabe eines weiteren Frequenzbandes für Wi-Fi 6 nähert sich die EU den Rahmenbedingungen in anderen wichtigen Wirtschaftsräumen an.
Durch die aktuelle Freigabe eines weiteren Frequenzbandes für Wi-Fi 6 nähert sich die EU den Rahmenbedingungen in anderen wichtigen Wirtschaftsräumen an.
Foto: Wi-Fi Alliance

Dennoch sei mit dem aktuellen Schritt nur ein Etappenziel erreicht. Koenzen weist darauf hin, dass unter anderem die USA, Südkorea und viele Staaten in Mittel- und Südamerika bereits das komplette Band von 1.200 MHz (5.925-7.125 MHz) für WLAN geöffnet haben und Australien, Japan und Kanada das bald tun werden. "Europa muss hier nachziehen", fordert Koenzen. "Schließlich steht die Entwicklung nicht still. Multi-Gigabit-Anwendungen wie Immersive Video oder Echtzeit-Hologramme zeigen bereits heute, wo die Reise hingeht."

Die damit verbundene Datenflut könnten Mobilfunk und WLAN nur gemeinsam bewältigen. Dafür seien die vollständige Öffnung des 6 GHz-Bands für WLAN und eine möglichst weitreichende regulatorische Harmonisierung die erforderlichen Voraussetzungen.

Erste Produkte für Wi-Fi 6E bereits lieferbar

Dass sich die Verhältnisse bei den verfügbaren Frequenzbeeichen weltweit - oder zumindest in den wirtschaftlich stärksten Ländern - angleichen, ist auch aus Sicht der Hersteller wünschenswert. Schließlich können sie damit weltweit identische Produkte verkaufen und müssen nicht auf lokale oder regionale Besonderheiten Rücksicht nehmen. Erst kürzlich hat zum Beispiel HPE Aruba mit dem AP-635 einen ersten triband-fähigen Campus Access Point vorgestellt, der nach Wi-Fi 6E arbeitet.

Grafische Darstellung der künftig auch in Europa nutzbaren WLAN-Frequenzbereiche.
Grafische Darstellung der künftig auch in Europa nutzbaren WLAN-Frequenzbereiche.
Foto: Lancom Systems

Netgear hat in den USA mit dem Nighthawk RAXE500 für stolze 529 Dollar bereits einen WLAN-Router mit Wi-Fi 6E für Privatanwender im Angebot und TP-Link mit dem Modell Archer AX96 zumindest einen angekündigt. Linksys setzt auf ein semiprofessionelles Segment und offeriert für 1.200 Dollar unter dem Namen Atlas Max 6E ein Wi-Fi-6E-Paket mit drei Geräten, um eine Mesh-Infrastruktur einrichten zu können.

Asus sieht Bedarf vor allem bei Gamern und positioniert unter seinem Gaming-Brand ROG den Triband-Router ROG Rapture GT-AX11000. Er ist bei den auf der Asus-Webseite als Bezugsquellen aufgeführten Händlern auch in Deutschland schon zu Preisen zwischen 409 und 485 Euro lieferbar. Die vollständige, stets aktuelle, derzeit aber noch recht übersichtliche Liste aller Wi-Fi-6E-zertifizierten Produkte gibt es auf der Webseite der Wi-Fi Alliance.

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