Experte zu Drohnen: Ziel war es, "den Kreml zu blamieren"
Interview
Drohnen über Regierungssitz:Experte: Ziel war, "den Kreml zu blamieren"
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Den mutmaßlichen Drohnenangriff auf den Kreml wertet Militärexperte Nico Lange eher als symbolisch. Diese Bilder seien "extrem peinlich" für Putin, sagt Lange bei ZDFheute live.
Diese Art von Drohnenangriff setze auf einen psychologischen Effekt, sagt Militärexperte Nico Lange zu den Videoaufnahmen von zwei zerstörten Drohnen über dem Kreml in der russichen Hauptstadt Moskau.03.05.2023 | 12:47 min
Der Kreml hat verkündet, in der Nacht zum Mittwoch zwei Drohnen über dem russischen Regierungssitz in Moskau zerstört zu haben. Nach aktuellen Informationen ist weiter unklar, wer die Drohnen gesteuert hat, wo sie gestartet sind und welche Gefahr für die russische Staatsspitze von ihnen ausging.
Sehen Sie das ganze Interview oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Nico Lange zu ...
... dem Vorwurf Moskaus, Kiew stecke hinter dem Drohnenangriff
Es sei bemerkenswert, so Militärexperte Lange, "dass Russland zwölf Stunden lang diesen Angriff offenbar geheim gehalten hat" - und dann mit einer Veröffentlichung der Videos und mit "einer sofortigen Zuordnung zur Ukraine reagiert hat". Bislang habe Russland jedoch keine Angaben dazu gemacht, auf welcher Grundlage diese Drohnen der Ukraine zugeordnet wurden.
Die Spekulationen, es habe sich bei den Drohnenangriffen um eine sogenannte False-Flag-Operation gehandelt, um der Ukraine fälschlicherweise die Schuld zu geben, hält Lange für unwahrscheinlich.
Er könne "bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erkennen, welchen Sinn eine russische False-Flag-Operation in dieser Art und Weise haben sollte".
Nach dem Drohnenabschuss über dem Kreml habe Moskau zwar "Kiew beschuldigt […], aber keine Beweise vorgelegt". Darüber, was tatsächlich geschehen ist, gäbe es "verschiedene Theorien“, so ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa.04.05.2023 | 2:11 min
... zur Wahrscheinlichkeit einer russischen Vergeltungsaktion
Die Möglichkeiten von Wladimir Putin für Vergeltungsschläge seien extrem begrenzt, sagt Lange. Die Vorräte an Marschflugkörpern etwa seien mittlerweile nicht mehr so, wie noch zu Beginn des Angriffs auf die Ukraine.
Gleichzeitig stehe Russland eine ukrainische Gegenoffensive bevor. Deshalb benötige Moskau die militärischen Ressourcen, um das eroberte ukrainische Gebiet abzusichern und dem erwarteten Gegenangriff standzuhalten.
"Sicherlich wird verbal jetzt stark zurückgeschossen", sagt Lange. Aber die militärischen Möglichkeiten für Vergeltungsschläge seien nach Einschätzung des Experten limitiert.
"Es würde nur einen Vorwand liefern, mit dem Russland die Angriffe […] auf zivile Ziele rechtfertigen könnte", so ZDF-Reporter Dara Hassanzadeh aus Odessa. 04.05.2023 | 3:23 min
… zu Russlands Motiven, Bilder des Angriffs zu veröffentlichen
Rund um den Roten Platz und den Kreml gebe es viele Überwachungskameras, auch von Gebäuden und privaten Unternehmen. Deshalb hätte der Angriff ohnehin nicht lange geheim gehalten werden können, sagt Lange.
Er halte es für "sehr wahrscheinlich", dass sich Moskau deswegen entschieden habe, der Geschichte selbst einen Rahmen zu geben, "bevor ungeordnet Handyvideos oder Videos von Überwachungskameras in die Öffentlichkeit gelangen und der Kreml weniger Möglichkeiten hat, die Story zu steuern".
Lange appelliert zudem, nicht russische Meldungen und Einordnungsversuche zu wiederholen, die behaupten, das sei ein "Anschlag auf Putins Leben" gewesen.
"Und das ist ja auch gelungen", so der Militärexperte.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.