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Abhängigkeit von China Deutschland setzt bei 5G verstärkt auf Huawei-Technik

Manche Länder bauen ihr 5G-Mobilfunknetz ganz ohne chinesische Lieferanten auf, in Deutschland kommt sogar mehr Technik von Huawei zum Einsatz als früher. Eine Studie zieht Parallelen zu Nord Stream 2.
Huawei-Zentrale in Shenzhen

Huawei-Zentrale in Shenzhen

Foto: REUTERS

Deutschland ist bei der Ausrüstung seines 5G-Handynetzes noch abhängiger von Huawei als bei seinem 4G-Netz, trotz wachsender Sorgen über die chinesische Beteiligung an kritischen Infrastrukturen. Das zeigt ein Bericht der Telekommunikationsberatung Strand Consult.

Demnach ist Huawei für 59 Prozent des 5G-Netzes in Deutschland verantwortlich, also für die Basisstationen und die dazugehörige Infrastruktur, die Smartphones mit dem Netz verbinden. Beim älteren und leistungsschwächeren 4G-Netz beträgt der Wert 57 Prozent.

Viele europäische Länder haben chinesische Unternehmen ganz oder teilweise aus ihren 5G-Netzen verbannt, aus Sorge, der chinesische Konzern könnte Daten abgreifen oder auf andere Weise die Telekommunikationsinfrastruktur schädigen. Die USA üben intensiven diplomatischen Druck in dieser Richtung aus.

Die Studie von Strand Consult, die nächste Woche veröffentlicht werden soll und von der Nachrichtenagentur Reuters eingesehen wurde, gibt einen Überblick über die Rolle der chinesischen Unternehmen Huawei und ZTE bei der Einführung von Mobilfunknetzen der nächsten Generation in ganz Europa. Sie hebt hervor, wie groß und anhaltend die Abhängigkeit Deutschlands von ihrem wichtigsten Handelspartner ist.

»Es gibt Anzeichen dafür, dass Deutschland die Sicherheitsbedrohung, die von China ausgeht, nicht ernst nimmt«, heißt es in der Studie. Es werden Vergleiche mit der Nord-Stream 2-Gaspipeline gezogen, die von Gegnern lange Zeit als Sicherheitsrisiko kritisiert, aber von Berlin weiter vorangetrieben wurde.

Huawei hält US-Bann für Protektionismus

Huawei hat wiederholt bestritten, dass seine Geräte ein Sicherheitsrisiko darstellen, und wirft Washington vor, es wolle US-Firmen, die mit chinesischer Technologie und Preisen nicht mithalten können, protegieren. Huawei hat den Bericht über die Studie bislang nicht kommentiert.

Die Bundesnetzagentur verwies gegenüber Reuters auf eine Verordnung, die eine differenzierte Behandlung von Kern- und RAN-Komponenten vorsieht. Die Prozentzahl aus der Studie bezieht sich auf die RAN-Komponenten, die Abkürzung RAN steht für Radio Access Network. In den Kernkomponenten werden besonders sensible Daten verarbeitet, die gesetzlichen Hürden, bis ein Anbieter liefern darf, sind hier besonders hoch. Kritiker verweisen aber darauf, dass beide Bereiche so eng verflochten sind, dass der Einsatz von Huawei-Geräten hier wie dort ein Risiko darstelle.

Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD, wirft den Netzbetreibern vor, sich an die Mindestanforderungen des neuen Gesetzes zu halten, aber nicht an dessen Geist: »Wenn sich diese Haltung fortsetzt, müssen wir den gesetzlichen Rahmen verschärfen.«

Huawei hat mehr Marktanteil in Berlin als in Peking

Der Strand-Bericht zeigt, dass Deutschland zwar nicht der einzige Staat ist, der in seinem 5G-Netz vermehrt RAN-Geräte aus chinesischer Produktion einsetzt, aber viele kleine europäische Länder, insbesondere die nordischen und östlichen Staaten wie Estland, Lettland, Litauen und die Slowakei, verwenden gar keine.

In einigen dieser Länder, so der Autor John Strand gegenüber Reuters, hätten sich die Betreiber selbst für nichtchinesische Anbieter entschieden, um misstrauischen Firmenkunden entgegenzukommen, die etwa Industriespionage fürchten. Huawei habe aber in Berlin einen höheren Marktanteil als in Peking, wo das Unternehmen mit dem einheimischen Konkurrenten ZTE im harten Wettbewerb steht.

Ein Strategiepapier des deutschen Wirtschaftsministeriums empfiehlt eine verstärkte Prüfung von Komponenten aus autoritären Staaten in kritischen Infrastrukturen. »Wir brauchen eine generelle Überprüfung der kommerziellen Zusammenarbeit mit Unternehmen aus autokratischen Staaten«, sagt der Grünenabgeordnete Konstantin von Notz, Vorsitzender des Parlamentsausschusses, der die Nachrichtendienste überwacht. Es gehe um die Souveränität Deutschlands »gegenüber Staaten wie Russland und China«, sagte er.

mamk/Reuters