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Niels Hafenrichter

Die letzten Groschen sind gefallen

Der Bedarf an öffentlichen Telefonen ist seit Einführung des Mobilfunks stark rückläufig. Öffentliche Telefonstellen werden daher seit Jahren einvernehmlich mit den Kommunen und Gemeinden zurückgebaut. Mehr als 90 Prozent der ehemals über 160.000 öffentlichen Telefone sind bereits aus dem Stadtbild verschwunden, weil sie niemand mehr genutzt hat. Verblieben sind noch rund 12.000 öffentliche Telefone, die nun ebenfalls abgeschaltet werden.  

Blick von der Seite auf eine Reihe von Telefonsäulen aus Edelstahl.

Öffentliche Telefone der Telekom. © DTAG

Wer heute an „Telefonzellen“ denkt, bei dem schwingt nicht selten ein Gefühl von Nostalgie mit. Die Menschen verbinden witzige, skurrile und emotionale Erinnerung mit den Telefonhäuschen. Heimliche Telefonate mit den Liebsten und endloses Warten in der Schlange, bis man endlich das gesammelte Kleingeld einwarf. Und war da nicht immer dieser seltsame, manchmal auch unangenehme Geruch in den engen Häuschen? 

Es sind überwiegend jahrzehntealte Erinnerungen, denn heute nutzt die öffentlichen Telefone kaum noch jemand. Die klassische „Zelle“ gibt es schon länger nicht mehr, stattdessen gibt es offene Stelen und Basistelefone Mit der Einführung des Mobilfunks sanken Beliebtheit und Nutzung der Telefonzellen Jahr für Jahr. Nun ist es Zeit für den Abschied vom öffentlichen Telefon insgesamt, das Angebot wird eingestellt. 

Denn bei aller Nostalgie ist die Grenze der Wirtschaftlichkeit längst erreicht. Fast jedes dritte öffentliche Telefon hat im letzten Jahr keinen einzigen Euro Umsatz gemacht. Im Durchschnitt macht ein Standort der Telekom nur noch wenige Euro Umsatz im Monat. Und das steht in keinem Verhältnis zu den Unterhaltskosten, die den Umsatz um ein Vielfaches übersteigen. Konkret sind das Betriebskosten, Standmiete und Reinigung. Und leider auch immer wieder Kosten für die Beseitigung von Schäden durch Vandalismus und Diebstahl.

Nie wieder „Fasse Dich kurz – Nimm Rücksicht auf Wartende!“ 

Lang ist es her, dass Emaille-Schilder die Menschen ermahnen mussten, beim Telefonieren nicht zu trödeln. Lange Warteschlangen waren sogar teilweise an der Tagesordnung. Was früher zum täglichen Leben gehörte, ist aber seit der Einführung des Mobilfunks zunehmend vorbei.

Die allererste Telefonzelle, der sogenannte Fernsprechkiosk, wurde übrigens 1881 in Berlin aufgestellt. Noch in den 1990er-Jahren waren die in der Regel gelben Häuschen aus dem Stadtbild nicht wegzudenken. Über 160.000 Telefone standen nicht nur in stark belebten Einkaufsstraßen oder Bahnhöfen. Sie waren auch in reinen Wohngebieten und selbst am eher abgelegenen Waldrand zu finden. Wer zuhause kein eigenes Telefon besaß oder gerade unterwegs war, nutzte die öffentlichen Fernsprecher. Allerdings gehörte das eigene Festnetztelefon inzwischen zum Standard und Standorte in Wohngebieten wurden bereits kaum noch benutzt.  

Spätestens zur Jahrtausendwende hat dann das Mobiltelefon seinen Siegeszug angetreten und hat seitdem die weit überwiegende Gunst der Telefonierenden. Bereits vor zwanzig Jahren hatten zwei von drei Menschen ihre „persönliche Telefonzelle“ immer dabei. Gespräche über die öffentlichen Fernsprecher wurden seltener und deren Betrieb zunehmend unrentabel. Von Warteschlangen gab es selbst in den Einkaufsstraßen keine Spur mehr. In Absprache mit den Gemeinden baut die Telekom seit Jahrzehnten Häuschen ab, wenn sie die Bevölkerung nicht mehr nutzt. 

Bye bye Telefonzelle: Abschied von den Technik-Dinosauriern bereits seit 2018

Die bekannten „gelben Telefonzellen“ sind schon seit 2018 gar nicht mehr da. Rund 12.000 öffentliche Telefone der Telekom gibt es aktuell noch. Oft stehen die Stelen oder so genannten Basistelefone an Bahnhöfen, Flughäfen oder auf Messegeländen. Wirtschaftlich sind sie nicht, dazu sind sie sind veraltet und verbrauchen große Mengen an Energie. Im Schnitt sind es zwischen 500 und 1.250 Kilowattstunden im Jahr – je nach Ausstattung des Standorts. Mit der Abschaltung der ungenutzten Technik-Dinosaurier lassen sich so zwischen sechs und 15 Millionen Kilowattstunden jährlich einsparen. Das entspricht dem Stromverbrauch von mehreren Tausend Wohnungen. Auch die Versorgung mit Ersatzteilen für die alte ISDN-Technik wird von den Hersteller-Firmen eingestellt und so zunehmend schwierig. Trotz aller schönen Erinnerungen wird es auch mit diesem Blick Zeit, Abschied zu nehmen. 

Bis Anfang 2023 wird die Telekom den Dienst nun schrittweise einstellen. Ab 21. November 2022 wird die Münzzahlung bei den restlichen 12.000 Fernsprechern schrittweise bundesweit deaktiviert. Ab Ende Januar wird dann auch die Zahlungsfunktion mittels Telefonkarten und somit der gesamte Telekommunikationsdienst an den Telefonsäulen bzw. -häuschen eingestellt.

Im Anschluss beginnt dann der Abbau der Stelen, der voraussichtlich bis Anfang 2025 abgeschlossen ist. In Absprache mit den Gemeinden nutzt die Telekom rund ein Viertel der Standorte für die Verbesserung des örtlichen Mobilfunks ohne öffentliche Telefoniefunktion weiter. Sie baut die Standorte mit so genannten Small Cells um. Das sind kleine Antennen, die Mobilfunksignale verstärken und damit den Mobilfunk weiter verbessern. 

Eine Verpflichtung zum Betrieb öffentlicher Telefone besteht seit der Änderung des Telekommunikationsgesetzes Ende 2021 nicht mehr. Durch die geringe Nutzung tragen die öffentlichen Telefone nicht mehr zu einer Grundversorgung der Bevölkerung bei. Selbst für Notrufe sind die öffentlichen Telefone nicht mehr relevant. Auch hier übernimmt der Mobilfunk und unterstützt beispielsweise mit der Übermittlung der genauen Ortsangaben. 

Das spannende Zweitleben: vom Bücherschrank bis zur Gartendusche

Viele Menschen erfinden erstaunlich kreative Alternativen für Nutzung der alten Telefonzellen: Ein Fan hat sich einen Duschkopf in das Telefonhäuschen montiert und sie zur Gartendusche umfunktioniert. Musiker berichten, dass die Häuschen dank Schallschutz ein ideales Mini-Tonstudio hergeben. Manche verwenden ein Telefonhäuschen als Bücherschrank im Freien, der 24 Stunden geöffnet hat. Gäste eines Hotels können in einer Telefonhäuschen-Bücherei ausgiebig schmökern. Und sogar Künstler haben die Häuschen für ihre Aktionen vereinnahmt. Kurzum - die Erinnerungen an die guten, alten Telefonhäuschen bleiben. Und wer noch mal in Nostalgie schwelgen möchte, kann sich im Museum für Kommunikation Frankfurt umsehen. Hier sind weit über 50 Objekte rund um die öffentliche Telefonie ausgestellt. 

Der Kauf einer alten Telefonzelle ist leider nicht mehr möglich.

Telekom Netz – der PodcastEpisode 115 – Jetzt ist aber wirklich Schluss

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Hubertus Kischkewitz

12 Kommentare

Hier ging das letzte gelbe Telefonhäuschen – ein Abschied mit Stil

Die letzte gelbe Telefonzelle Deutschlands musste ihren Platz räumen. Doch die Abreise des Telefonhäuschens konnte kaum schöner sein.

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