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Die zurückgetretene Intendantin von ARD und RBB, Patricia Schlesinger, bei einer „Tatort“-Premiere im Mai.

© IMAGO/Photopress Müller

Riesenarsenal an Argumenten für Gegner: Der Fall Schlesinger schadet den Öffentlich-Rechtlichen gewaltig

Patricia Schlesinger hinterlässt einen Trümmerhaufen. Der Schaden nach ihrem Doppelrücktritt ist nicht allein in Euro und Cent zu bemessen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Kurt Sagatz

Patricia Schlesinger hinterlässt nach ihrem Rücktritt als Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg einen Trümmerhaufen. Fragte man sich bereits zuvor, wie es zu all den zwar bestrittenen, aber in keinem Punkt widerlegten Vorwürfen kommen konnte, kann man nach diesem Wochenende nur noch fassungslos Richtung RBB-Zentrale an der Masurenallee blicken.

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Ein öffentlich-rechtlicher Sender, dem die Intendantin vor Jahren ein Sparkorsett verpasst hat, in dem aber die Leitungsebene neben fetten Gehaltserhöhungen noch mit einem Bonus-System versorgt wird – das Wort „belohnen“ verbietet sich bei einem von Zwangsgebühren finanzierten System von selbst –, scheint jeden Anstand verloren zu haben.

Und bei allem Verständnis dafür, dass ein Sender Geld investiert, um ein moderneres Image auszustrahlen, hat die Intendantin des RBB bei der Inneneinrichtung der Chefetage den Bogen offenbar ebenfalls maßlos überspannt.

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Am Ende ist Patricia Schlesinger an ihrer Hybris gescheitert. Eine öffentlich-rechtliche Senderchefin kann nicht gleichzeitig am Programm sparen bis es knirscht - siehe Kulturradio und TV-Vorabend - und gleichzeitig Beitragsgelder für Prestigeprojekte ausgeben.

Glaubte sie wirklich, dass einer Führungsfigur wie ihr das alles zusteht, oder hoffte sie, dass dies geheim bleibt – in einem Medienunternehmen? Das ist nicht nur vermessen, sondern schlicht weltfremd.

Statt im Alter von 65 Jahren im Jahr 2026 aus dem Sender mit der Eröffnung eines modernen Medienhauses auszuscheiden, endet eine vielversprechende Karriere nun mit einem Knall, der noch lange nachhallen wird.  

Schwere Hypothek

Patricia Schlesinger hinterlässt dem RBB und ihrem Nachfolger oder ihrer Nachfolgerin für den notwendigen Neuanfang eine Hypothek, die nicht allein in Euro und Cent zu bemessen ist. Wobei der finanzielle Aspekt nicht zu unterschätzen ist.

Selbst wenn das Digitale Medienhaus nicht gebaut wird – womit derzeit wohl niemand rechnet –,  muss der Sender bereits jetzt für die Folgekosten der Vorbereitungsphase aufkommen.

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Noch größer, wenn nicht sogar irreparabel ist allerdings der Schaden für das Ansehen des RBB und die Reputation des gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Nicht nur den erklärten Gegnern von ARD, ZDF und Deutschlandfunk steht nun ein gewaltiges Arsenal von Beispielen zur Verfügung, was bei den Öffentlich-Rechtlichen im Argen liegt und warum dieses System nicht zu retten ist.

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Wie groß der Schaden ist, wird schon bald die einzurichtende Findungskommission zur Suche einer neuen Intendantin oder eines neuen Intendanten zu spüren bekommen. Schon wird angemahnt, dass es sich um eine „fachlich kompetente und absolut integre“ Persönlichkeit handeln müsse.

Schadet da künftig der öffentlich-rechtliche Stallgeruch, der zuvor so hilfreich war? Hat diesmal ein männlicher Bewerber vom ZDF größere Chancen als eine ARD-Frau? Und welche Handlungsmöglichkeiten hat der oder die Neue nach Amtsantritt? Nicht nur bei der Aufklärung der Vorwürfe gegen Patricia Schlesinger und andere gibt es viele Fragezeichen.

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