Die Wasserstofftankstelle für zu Hause

Eine neue Entwicklung der ETH Lausanne (EPFL) verleiht der Idee vom Wasserstoffauto neuen Schwung. Die Technologie soll kleine Wasserstoff-Tankstellen in Privathaushalten und damit ein flächendeckendes Treibstoffnetz ermöglichen.

Drucken
Damit es auch für Privathaushalte attraktiv wird, Wasserstofftankstellen bereitzustellen, braucht es eine entsprechende Nachfrage. (Bild: Gaëtan Bally / Keystone)

Damit es auch für Privathaushalte attraktiv wird, Wasserstofftankstellen bereitzustellen, braucht es eine entsprechende Nachfrage. (Bild: Gaëtan Bally / Keystone)

(sda)

Die EPFL hat zusammen mit dem Spin-off GRZ Technologies einen neuartigen Wasserstoffverdichter entwickelt. Dies erläuterte Professor Andreas Züttel vom EPFL-Materiallabor für erneuerbare Energien in Sitten (VS) am Montag bei der Präsentation der Technologie in Zürich.

Das Herzstück der Erfindung besteht aus dem Metallhydrid ZrMn1.5. Das Material speichert Wasserstoff – und das im Gegensatz zu den bereits bekannten Metallhydrid-Speichern ganz ohne Energiezufuhr. Bei Zufuhr von Wärme gibt das neue Material das Gas wieder ab. Es entströmt dem Metallhydrid mit Hochdruck von bis zu mehreren hundert Bar.

Diese Eigenschaft nutzt die EPFL, um den von Natur aus gasförmigen Wasserstoff zu verdichten und damit zu verflüssigen. Erst in dieser Form lässt sich der potente Energieträger in den Tank eines Fahrzeuges füllen und als Treibstoff nutzen.

Anwendung im Privathaushalt

Im Gegensatz zu herkömmlichen Kompressoren soll die Technologie die Konstruktion und den wirtschaftlichen Einsatz von kompakten Verdichtern ermöglichen, die sich selbst für den Privatgebrauch eignen.

Damit lasse sich praktisch an jedem Standort, insbesondere im Privathaushalt, Wasserstoff umweltfreundlich verdichten, sagte Züttel. Kombiniert mit Wasserstoffgewinnung mittels Elektrolyse – also der Spaltung von Wasser unter Verwendung überschüssigen Stroms aus erneuerbaren Quellen –, könnte jedermann mit dieser Technologie seinen eigenen Langzeitspeicher für Energie einrichten. Diese kann nach Bedarf wieder in Strom umgewandelt und genutzt werden. Oder man nutzt den gespeicherten Wasserstoff für den Antrieb von Fahrzeugen. Das kann natürlich die eigene Flotte sein, oder, so schwebt es auch den Forschern der EPFL vor, Privathaushalte verkaufen den Wasserstoff Dritten direkt an der «privaten Wasserstofftankstelle».

An der kommerziellen Umsetzung der Metallhydrid-Technologie arbeiten EPFL und das Spin-off GRZ Technologies mit der international tätigen Messer Group zusammen. «Die Vision ist, dass, wer eine solche Tankstelle zu Hause hat, anderen seinen Wasserstoff anbietet», erklärte Hans-Michael Kellner, CEO des Industriegasespezialisten Messer Schweiz. So könnte das ungelöste Problem des fehlenden Wasserstoff-Tankstellennetzes gelöst werden, an dem das Wasserstoffauto seit Jahrzehnten scheitert.

Wasserstoffauto hat viele Vorteile

Dabei hat das Konzept viele Vorteile: So entsteht bei der Verbrennung von Wasserstoff kein CO2, sondern lediglich Wasser. Wird das Gas zudem aus Wasser und mit Strom aus erneuerbaren Energien (Elektrolyse) produziert, ist es CO2-frei.

Auch gegenüber dem reinen Elektroauto hat das Wasserstofffahrzeug Vorteile, wie der Materialforscher Züttel erläuterte: Weil Wasserstoff eine höhere Energie aufweist als Batterien, ermöglicht es höhere Reichweiten bei einem deutlich tieferen Fahrzeuggewicht.

Doch seinem flächendeckenden Einsatz steht trotz neuer EPFL-Technologie eine hohe Hürde im Weg: Damit es für Privathaushalte attraktiv wird, Wasserstofftankstellen bereitzustellen, braucht es eine entsprechende Nachfrage von möglichst vielen Wasserstoffauto-Besitzern. Damit aber der Besitz eines solchen Autos interessant wird, braucht es wiederum genügend Tankstellen.

Gefragt sei nun die Politik, erklärten Züttel und Kellner. Es müssten Voraussetzungen geschaffen werden, damit sich die umweltfreundliche Technologie durchsetzen könne. Die Botschaft an die Politik laute: «Fördert Wasserstofftankstellen in Privatbesitz.»