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„Rollbehälter voller Sendungen werden tagelang nur hin und her geschoben“

Korrespondent
Warum der deutschen Post jetzt neuer Ärger droht

Wegen hoher Zustellmengen und fehlender Fahrer kommen in einigen Regionen Deutschlands DHL-Pakete derzeit verspätet und in seltenen Fällen auch gar nicht an. Online-Pakete von Amazon sind davon offenbar nicht betroffen.

Quelle: WELT

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Bei der Zusammenlegung der Billigtochter Delivery mit der Post AG fühlen sich einige Paketfahrer schlecht behandelt. Die Gewerkschaften wollen jetzt gegen das Unternehmen klagen. Die tägliche Zustellarbeit leidet unter dem Konflikt.

Wegen hoher Zustellmengen und fehlender Fahrer kommen in einigen Regionen Deutschlands DHL-Pakete derzeit verspätet und in seltenen Fällen auch gar nicht an. Doch davon betroffen sind nach WELT-Informationen nicht alle Versender: Onlinepakete von Amazon haben Priorität. Der Postkonzern will den wichtigen Großkunden unter gar keinen Umständen verärgern. Anderes muss schon mal warten.

„Bei uns werden immer wieder Rollbehälter voller Sendungen tagelang nur hin und her geschoben, anstatt dass die liegen gebliebenen Pakete gleich am nächsten Tag ausgefahren werden“, sagt ein Mitarbeiter einer Zustellbasis der Post einer norddeutschen Stadt. Bei diesem Umlagern der Behälter könne es passieren, dass eine Sendung verloren gehe. In seiner Zustellregion sei die Tagesarbeit mit derzeit täglich 80 Touren und dem vorhandenen Personal schlichtweg nicht zu bewältigen. Mindestens zehn Fahrer fehlten, meint der Post-Angestellte. Für die anstehende Weihnachtszeit müssten es nach Aussage seines Chefs sogar 40 Touren samt Fahrerpersonal mehr sein.

Bei rund 3,5 Milliarden Paket- und Express-Sendungen in diesem Jahr und Vollbeschäftigung in weiten Teilen Deutschlands stehen die Zustelldienste vor Herausforderungen. Zudem macht Amazon enormen Druck, weil der Onlinehändler quer über das Land eine eigene Paketzustellung aufbaut. Einen Hauskrach mit der Belegschaft kann sich eigentlich kein Zustelldienst leisten – schon gar nicht die unter der Beobachtung der Politik stehende Deutsche Post. Eigentlich. Denn in der Realität geht es bei der Post derzeit heiß her zwischen Management und Mitarbeitern.

Quelle: Infografik Die Welt

Die zuständige Fachgewerkschaft DVKOM plant gerade eine Musterklage gegen den Konzern, mit der sie die Anerkennung von Berufsjahren bei Fahrern der früheren Billigtochter Delivery durchsetzen will. Der Grund: In den vergangenen Wochen bekamen DHL-Fahrer Hauspost zu ihrer Einstufung und Gehaltsgruppe. Ein typisches Einstiegsgeld eines DHL-Paketfahrers liegt bei rund 2240 Euro Bruttomonatslohn. Nach 20 Arbeitsjahren sind es etwa 400 Euro brutto mehr im Monat. Die Stundenlöhne beginnen bei gut 13 Euro und enden bei etwa 17 Euro. Die Briefe aber bargen jede Menge Zündstoff.

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Nach Aussage der DPVKOM ist mindestens jede siebte dieser Mitteilungen fehlerhaft. Häufig fehlen Berufsjahre aus einer früheren Arbeit bei der Post. Eine falsche Eingruppierung führt zu Einbußen von bis zu 100 Euro im Monat. „Die Delivery-Mitarbeiter fühlen sich ein zweites Mal verkauft und sind verärgert“, sagt DPVKOM-Chefin Christina Dahlhaus. Viele von ihnen hätten in den vergangenen Jahren aus einem befristeten Vertrag bei der Post AG in eine unbefristete, aber schlechter bezahlte Anstellung bei Delivery gewechselt. Bei der Rückkehr in den Konzern machten sie nun erneut negative Erfahrungen.

Ver.di bestätigt den juristischen Streit

Neuer Ärger kommt zu altem Frust: Das Post-Management ist gerade damit beschäftigt, die rund 13.000 Paketfahrer der früheren Billigtochter Delivery in den Mutterkonzern zu übernehmen. Diese Entscheidung wurde im vergangenen Frühjahr von der Gewerkschaft Ver.di erkämpft. Absicht dahinter war es, dass die um rund 20 Prozent schlechter bezahlten Delivery-Fahrer Lohnverbesserungen sowie Jobsicherheit bekommen sollten. Immerhin stellen sie die Hälfte der gesamten Paketfahrer-Gruppe der Post und sollen unbedingt gehalten werden.

Ver.di bestätigt den juristischen Streit zwischen einigen Paketfahrern und dem Unternehmen. „Bei der Einstufung und Entlohnung der Fahrer der früheren Delivery-Gesellschaften ist es zu vielen Unregelmäßigkeiten gekommen“, sagte Lars-Uwe Rieck, Landesfachbereichsleiter bei Ver.di. Die Post habe Regelungen zum Teil nicht oder nicht wie vereinbart angewandt. „Es ist klar, dass es zahlreiche Klagen von Beschäftigten gegen den Arbeitgeber Post geben wird“, sagte Rieck. Für die Mitarbeiter sei dies extrem ärgerlich.

Der wesentliche Streitpunkt betrifft die Anerkennung von Berufsjahren der Fahrer aus vorherigen Arbeitszeiten bei der Post-Tochter DHL. Die Gewerkschaft Ver.di spricht von einer „offensichtlichen Benachteiligung“ der Delivery-Beschäftigten durch die von der Post AG vorgenommene Auslegung der tariflichen Regelungen. Die Spartengewerkschaft DPVKOM berichtet von Kündigungen einiger Fahrer als Reaktion auf individuelle Lohneinbußen.

Dabei fällt es dem Konzern schon schwer genug, die unterschiedlichen Kulturen und Arbeitsweisen der früheren 49 Delivery-Firmen und des Mutterkonzerns zu verbinden. Das hängt mit Deutschkenntnissen, Ausbildung oder auch Mentalitäten zusammen. Ein großer Teil der nach der Gründung im Jahr 2015 Neueingestellten bei Delivery sind Fahrer aus Osteuropa. „Der Umgang der beiden Gruppen miteinander ist oft von Stress und Pöbelei geprägt“, sagte ein Post-Mitarbeiter zur aktuellen Lage in seiner Zustellbasis.

Post gesteht Fehler ein

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Delivery-Fahrer waren in ihren Zustellgebieten darauf getrimmt, 180 Pakete und mehr am Tag auszufahren. Im Unterschied zu ihren Kollegen von der Post AG konnten diese Beschäftigten bezahlte Überstunden machen und bekamen teilweise von der Zustellmenge abhängige Zuschläge. Darunter litt gelegentlich die Arbeitsqualität, was sich zum Beispiel an der hohen Zahl von Benachrichtigungszetteln ablesen lässt. Das bedeutet: Kunden klagen darüber, dass Abholscheine in den Briefkästen liegen, obwohl sie zu dem Zeitpunkt zu Hause waren. Delivery-Fahrer waren oft noch gehetzter unterwegs als ihre Kollegen.

Der Ärger jetzt ist für die Post ein Problem, weil sie mehr Fahrer bräuchte. Das Unternehmen selbst gesteht Fehler bei den Schreiben an die Delivery-Mitarbeiter ein. „Es ist richtig, dass leider einige dieser Schreiben fehlerhaft waren und daher zwischenzeitlich korrigiert wurden“, sagte ein Post-Sprecher.

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Diesem Punkt widersprechen die Gewerkschaften, sie sehen bei einer großen Zahl von Fällen noch Klärungsbedarf. Laut der Aussage des Konzernsprechers erhielten die Beschäftigten durch die Überleitung „eine langfristige Lohnperspektive“. Zudem profitierten sie von den „im Haustarifvertrag geregelten Steigerungsmöglichkeiten bei den Löhnen“. Zudem sagte der Sprecher, dass „die Paketzustellung durch solche arbeitsrechtlichen Klärungen nicht beeinträchtigt“ werde.

Für Paketempfänger ist jede Unsicherheit ein Ärgernis. Abzulesen ist die Unzufriedenheit der Kunden an der zuletzt stark gestiegenen Zahl der Beschwerden über die Arbeit der Paketdienste. Die dafür zuständige Bundesnetzagentur registrierte etwa wegen verspätet zugestellter Pakete im vergangenen Jahr rund 12.500 Einwände. Das waren doppelt so viele im Vergleich zum Vorjahr.

Abhilfe soll das gerade auszuarbeitende neue Postgesetz schaffen. Verbraucher sollen darin mehr Rechte bekommen. Geplant ist, dass es klare Vorgaben für die Paketzusteller geben wird, wie und wie lange sie tagsüber erreichbar sind und bis wann sie auf Beschwerden reagieren müssen.

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