Netzausbau:USA drängen Deutschland, beim 5G-Ausbau auf Huawei zu verzichten

FILE PHOTO: A man walks past a sign board of Huawei at CES (Consumer Electronics Show) Asia 2018 in Shanghai

Spionage-Vorwürfe gegen Huawei werden immer lauter.

(Foto: REUTERS)
  • Seit Jahren verfolgen die USA eine Strategie: Die aufstrebende chinesische Telekommunikationsbranche, vor allem Huawei, soll zurückgedrängt werden.
  • Jetzt werden auch Verbündete weltweit mit Nachdruck gebeten, beim Ausbau von Telekommunikations-Netzwerken auf Produkte aus China zu verzichten.
  • Deutsche Behörden suchen seit Jahren nach Belegen für etwaige Spionage-Tätigkeiten. Bislang haben diese nichts gefunden.

Von Georg Mascolo und Hakan Tanriverdi

Das deutsche Regierungsnetz ist eine Besonderheit. Wenn Beamte in Ministerien oder Behörden miteinander telefonieren oder mailen, nutzen sie eine eigens eingerichtete Verbindung: Die Glasfaserkabel werden in Stahlrohren gesichert, man hat die gesamte Infrastruktur unter Kontrolle. Betrieben wird der sogenannte "Informationsverbund Berlin-Bonn" von der Telekom. Das Netz hat aber noch eine Besonderheit: Es kommt ohne chinesische Bauteile aus - kein einziger Router, keine Software ist Made in China. Das hat die Regierung der Telekom zur Auflage gemacht. Man will sichergehen und jede Form von Spionage verhindern.

China free heißt deshalb die Maßgabe, und geht es nach der US-Regierung, soll diese Sonderregel künftig in ganz großem Umfang in Deutschland gelten. Washington hat Berlin die dringende Bitte übermittelt, beim jetzt anstehenden milliardenschweren Ausbau des Mobilfunknetzes auf 5 G auf chinesische Bauteile zu verzichten. "Die USA machen in dieser Sache richtig Druck," sagt ein mit den Vorgängen vertrauter Regierungsbeamter.

Die Aufforderung passt sich nahtlos ein in eine seit Jahren zu beobachtende US-Strategie: Die aufstrebende chinesische Telekommunikationsbranche, vor allem Huawei, soll zurückgedrängt werden. Spionage-Vorwürfe werden immer lauter. Der Chef des FBI, Christopher Wray, warnte im Februar dieses Jahres in einer Sitzung des Geheimdienstausschusses davor, Produkte von Huawei einzusetzen: "Wir sind zutiefst besorgt über die Risiken, die es mit sich bringen würde, wenn sich Firmen in unseren Telekommunikationsnetzwerken an Machtpositionen befinden, und diese Firmen sich einer Regierung verpflichtet fühlen, die unsere Werte nicht teilt." Die Chefs der Geheimdienste NSA und CIA stimmten Wray zu. Seit August dürfen Mitarbeiter der US-Regierung keine Produkte von Huawei oder ZTE einsetzen. Auch Firmen, die mit der Regierung zusammenarbeiten wollen, dürfen Produkte der beiden chinesischen Hersteller nicht in ihren Produkten verbauen.

USA üben Druck auf ihre Verbündeten aus

Jetzt wollen die USA diese Linie auch auf ihre Verbündeten ausweiten. Australien hat bereits angekündigt, beim Ausbau seines Netzes auf Huawei-Teile zu verzichten. Die Bundesregierung steht vor einem Dilemma. Huawei ist hier gut im Geschäft, etabliert seine Position im Markt über günstige Preise, über die sich kaum Gewinn einstreichen lässt. Erst später werden die Produkte teurer. Huawei bietet auch Hardware für das 5G-Netz an. Die Telekom gehört seit Jahren zu den guten Kunden des Konzerns. Man verfolge eine "Multi-Vendor-Strategie", sagt eine Telekom-Sprecherin. Der Konzern setzt also auch Produkte von Nokia, Ericsson und Cisco ein. "Mit Blick auf zeitnahe Ausbau- und Investitionsbedarfe wird man es sich in Deutschland aber nur schwer leisten können, leistungsstarke Zulieferer auszuschließen", sagt die Sprecherin.

Kann man Huawei nun einfach aufgrund der US-Intervention vom deutschen Markt ausschließen? Anders als beim Regierungsnetz finden sich in der deutschen Telekommunikation überall chinesische Bauteile. Bereits seit Jahren versuchen deutsche Geheimdienste und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Belege dafür zu finden, dass die Hardware manipuliert sein könnte. Geräte werden auseinander genommen, getestet und geprüft - mal im Hauptquartier der Unternehmen, mal im eigenen Labor. Nichts wurde gefunden. Für offizielle Tests - die für US-Produkte ähnlich ablaufen - fliegt das BSI technische Mitarbeiter ein. Nicht immer dürfen sie eigene Rechner mitnehmen und wenn doch, werden diese nach der Prüfung geschreddert. Denn weder wollen die Hersteller, dass BSI-Mitarbeiter Geschäftsgeheimnisse nach Deutschland zurückbringen können, noch will das BSI die als geheim eingestufte Software zurücklassen.

Der Verdacht ist nicht unbegründet

Alle Bitten an die USA, die vorliegenden Informationen über eventuelle Sicherheitslücken zu teilen, blieben erfolglos. Und bis hinauf zur Kanzlerin protestierte Huawei gegen die Entscheidung, aus dem deutschen Regierungsnetz ausgeschlossen zu bleiben. Gerade erst hat Huawei in Bonn - am Sitz des BSI und der Telekom - ein Labor für IT-Sicherheit eröffnet. Man will für Transparenz sorgen. Eben dies hatte BSI-Präsident Arne Schönbohm bei einem Besuch in der Firmenzentrale in der Provinz Guangdong in Shenzhen verlangt.

Dass die Chinesen höchst aktiv in der digitalen Spionage sind, ist bekannt. Jahrelang schien es chinesische Hacker nicht zu interessieren, ob sie beim Ausspähen von Firmengeheimnissen auffielen. In Deutschland sollen die Hacker immer aggressiver vorgehen, davon geht das Bundesamtes für Verfassungsschutz aus. Ob und in welchem Umfang sie hierfür ihre neuen Exportschlager aus der Soft- und Hardware-Welt einsetzen, ist nicht bekannt.

Bloomberg-Geschichte wurde bislang nicht bestätigt

Erst Anfang Oktober berichtete das Bloomberg-Magazin, dass eine Sondereinheit des Militärs Chips in Reiskorngröße in Platinen löten ließe, um Firmen wie Apple und Amazon auszuspionieren. Der Aktienkurs des betroffenen Herstellers Supermicro fiel um mehr als 40 Prozent. Apple und Amazon widersprachen der Geschichte heftig, auch deutsche Regierungsexperten halten sie für falsch. Was an Manipulation tatsächlich möglich ist, zeigten die Snowden-Unterlagen, darunter Bilder, die eine Elite-Einheit der NSA beim Abfangen von Cisco-Routern zeigten. Die Geräte wurden manipuliert und an ihr Ziel weiterverschickt.

Womöglich haben die USA für ihr Misstrauen gegenüber China gute Gründe. Immerhin gelten sie selbst im Bereich der elektronischen Spionage als weltweit führend. Dass die Abhängigkeit von ausländischen Komponenten im Netzbetrieb ein Problem ist, wurde in der Bundesregierung früh erkannt. Bereits vor Jahren kam die Idee auf, einen europäischen Router zu produzieren. Aber das Projekt scheiterte. Inzwischen kam selbst der Verdacht auf, die USA intervenierten in Berlin nur, um ihrer eigenen Industrie einen Vorteil zu verschaffen. Doch in den USA werden kaum Teile für den Mobilfunk-Markt hergestellt, neben China und Südkorea sind auch europäische Firmen führend. Es gibt also Alternativen zu Huawei.

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