Das kleine Leck in der „Internationalen Raumstation“ (ISS) wurde wahrscheinlich weder von Weltraumschrott noch von einem kleinen Meteoriten verursacht. Stattdessen dürfte ein Produktionsfehler bei einer der beiden angedockten Sojus-Raumfahrtkapseln die Ursache für den zeitweiligen Druckverlust gewesen sein. Die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti berichtet jetzt von einem Fertigungsfehler bei der Kapsel Sojus MS-09. Sie beruft sich auf eine nicht näher genannte Quelle in der Raumfahrtbranche.
In der Nacht zu Donnerstag vergangener Woche hatten die Bodenkontrollstationen der „Internationalen Raumstation“ den Druckverlust registriert. Bei der Ursachensuche wurde ein gut zwei Millimeter großes Leck entdeckt, das sowohl als Loch, aber auch als Riss bezeichnet wurde.
Für die aktuelle Sechs-Personen-Crew in der ISS, darunter der deutsche Astronaut Alexander Gerst, habe keine akute Gefahr bestanden, hieß es übereinstimmend bei den Raumfahrtbehörden. In mehreren Arbeitsschritten wurde das Leck von zwei russischen Kosmonauten zunächst provisorisch und danach wohl endgültig abgedichtet. Dazu wurden in Kunststoff getränkte Tücher verwendet.
Ria Novosti zufolge wurde der Verantwortliche für die „Nachlässigkeit“ bei der Fertigung der Sojus-Kapsel inzwischen ermittelt. Nachdem er seinen Fehler entdeckt habe, habe er das Loch mit einem Kleber verschlossen. Daher sei der Fehler beim Drucktest am Boden während der Endkontrolle nicht entdeckt worden. In den ersten beiden Flugmonaten der Kapsel im All habe der Kleber auch gehalten. Dann sei er aber ausgetrocknet und herausgedrückt worden. Nunmehr untersuche eine Sonderkommission den Vorfall.
Frühe Zweifel an der Meteoriten-These
Raumfahrtexperten hatten bereits kurz nach den ersten Berichten über einen angeblichen Mikro-Meteoriteneinschlag als Ursache für das ISS-Leck Zweifel an dieser These angemeldet. In Fachforen wie bei nasaspaceflight.com wurde seit Tagen über mögliche Produktionsfehler bei der Sojus-Kapsel spekuliert. „Wichtig ist jetzt die Ursachenanalyse. Wie konnte es zu dem Fehler kommen, warum wurde er bei der Qualitätskontrolle nicht entdeckt, und gibt es noch mehr Schwachstellen“, fragte ein Branchenexperte, der ungenannt bleiben möchte.
Zum Glück befindet sich das nunmehr abgedichtete Leck im hinteren Teil der Sojus-Kapsel, die vor dem Eintritt in die Erdatmosphäre ohnehin abgesprengt wird. Im vorderen Teil können drei Personen zur Erde zurückkehren. In den Fachforen wurde bereits diskutiert, wie die ISS-Crew selbst bei einem Ausfall der Pannen-Sojus-Kapsel noch zur Erde zurückfliegen könnte: Es müssten eine unbemannte oder mehrere nur teilweise besetzte Sojus-Kapseln zur ISS fliegen und dann die Crew abholen.
In der russischen Raumfahrt gab es in den vergangenen Jahren wiederholt Pannen, allerdings ganz überwiegend bei unbemannten Missionen. So gab es eine Unfallserie mit der schweren Proton-Rakete. Eine Ursache war ein falsch herum eingebauter Lagesensor. Im November 2017 stürzte eine russische Sojus-Rakete mit einem Wettersatelliten nach einem Programmierfehler ab. Es wurden die Koordinaten des Weltraumbahnhofs in Baikonur in Kasachstan programmiert – statt der Standortdaten am neuen Startplatz von Wostotschny an der chinesischen Grenze.