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Wirtschaft Spionagevorwurf gegen Huawei

„Das ist technisch nicht möglich“

Wirtschaftsredakteur
Richard Yu, CEO der Huawei Technologies Consumer Business Group, steht am 02.09.2017 in Berlin auf der Elektronikmesse IFA. | Verwendung weltweit Richard Yu, CEO der Huawei Technologies Consumer Business Group, steht am 02.09.2017 in Berlin auf der Elektronikmesse IFA. | Verwendung weltweit
Ist Huwei eine Gefahr? "Unsinn", sagt Topmanager Richard Yu.
Quelle: picture alliance / dpa Themendienst
Huaweis Topmanager Richard Yu wehrt sich im WELT-Interview gegen die Spionagevorwürfe, die vor allem Amerika erhebt. Außerdem macht er sich Gedanken über die Abhängigkeit von US-Firmen und Smartphones für mehr als 2000 Euro.

Der chinesische Netzausrüster und Smartphone-Hersteller Huawei steht derzeit wegen Spionagevorwürfen aus den USA massiv in der Kritik. Auch in anderen Ländern befürchten Politiker, dass die Technik aus China ein Sicherheitsrisiko ist. Die USA und Australien haben den Konzern daher aus ihren Mobilfunknetzen verbannt. In dieser Woche spitzte sich der Fall zu.

Huawei reichte Klage gegen die US-Regierung ein, die Maßnahmen seien verfassungswidrig, heißt es darin. Richard Yu ist Chef der größten Konzernsparte Consumer Business Group, zu der das Smartphone-Geschäft gehört. WELT hat ihn zum Interview in der Konzernzentrale in Shenzhen getroffen.

WELT: Herr Yu, ist Huawei eine Gefahr?

Richard Yu: Warum sollte Huawei eine Gefahr sein?

WELT: Man wirft Ihnen vor, dass die chinesische Regierung über Mobilfunknetze, die von Huawei gebaut werden, Spionage und Sabotage betreiben kann.

Yu: Das ist Unsinn, weil es technisch nicht möglich ist. Und wir würden es auch gar nicht zulassen. Wir haben in unserer Hard- und Software sehr hohe Sicherheitsstandards.

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WELT: Offenbar glaubt man Ihnen nicht. Mehrere westliche Länder wollen Huawei-Technik aus ihren 5G-Netzen heraushalten.

Yu: Das Vorgehen hat politische Gründe. Es gibt dafür schlichtweg keinen technischen Grund. Unsere Technik hat keine Hintertür, über die die Sicherheit der Netze gefährdet wäre. Dieser Vorwurf wird uns hauptsächlich von der US-Regierung gemacht. Aber das dürfte ganz andere Gründe haben.

WELT: Merken Sie, dass sich der Fall auf Ihr Geschäft auswirkt, halten sich die Käufer zurück?

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Yu: In den USA können wir unsere Smartphones nicht verkaufen. Das ist eine Folge. Auf unser Smartphone-Geschäft im Rest der Welt hat das aber keine Auswirkungen. Unsere Marktanteile wachsen schnell. Die Android-Software auf unseren Geräten kommt ja sogar von Google, einem amerikanischen Unternehmen. Wir arbeiten mit vielen US-Unternehmen zusammen, darunter auch Qualcomm und Microsoft.

WELT: Ist es wirklich eine gute Idee, sich als chinesisches Unternehmen von amerikanischen Firmen abhängig zu machen?

Yu: Die US-Wirtschaft profitiert von uns. In dieser Industrie kann niemand alles allein machen. Jeder muss mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten.

WELT: Denken Sie darüber nach, ein eigenes Betriebssystem zu bauen, um mit Ihren Smartphones nicht auf Google und mit Computern nicht auf Microsoft angewiesen zu sein?

Yu: Wir haben ein eigenes Betriebssystem vorbereitet. Sollte es einmal dazu kommen, dass wir diese Systeme nicht mehr nutzen können, wären wir also gewappnet. Das ist unser Plan B. Aber wir bevorzugen natürlich die Zusammenarbeit mit den Ökosystemen von Google und Microsoft.

WELT: Der Smartphone-Markt ist im vergangenen Jahr geschrumpft. Sind die Nutzer enttäuscht, weil Hersteller wie Sie keine echten Innovationen mehr liefern?

Yu: Wir haben gerade unser erstes faltbares Smartphone vorgestellt, das Mate X. Es wird den Smartphone-Markt der nächsten Jahre maßgeblich beeinflussen.

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WELT: Andere Konzerne haben doch auch faltbare Smartphones präsentiert.

Yu: Ich denke, dass in fünf Jahren diese Smartphones zum Ausklappen Standard sein werden. Wenn wir unser Mate X auf dem Markt haben, werden es uns viele nachmachen. Wir haben zwar viele Patente auf die Technologie in diesem Telefon, aber viele Hersteller, vor allem aus China, werden sich davon nicht abhalten lassen.

WELT: Noch ist diese Technologie sehr teuer. Wer soll ein Smartphone kaufen, das 2300 Euro kostet?

Yu: Der Preis hat seinen Grund. Die Komponenten, darunter vor allem das Display und das Scharnier, sind schon sehr kostspielig. Am Anfang wird das Smartphone vor allem als Premiumprodukt verkauft. Aber später wird es auch in das mittlere Preissegment vorstoßen. Mit der Zeit werden wir es auch unter 1000 Euro drücken können. Dafür brauchen wir ein bis zwei Jahre. Später vielleicht in den Bereich von 500 Euro. Das wird aber länger dauern. Es hängt natürlich auch davon ab, wie gut das Gerät angenommen wird. Wir können die Massenproduktion jederzeit beschleunigen.

WELT: Wann wird Ihnen Apple mit solch einem Smartphone Druck machen?

Yu: In diesem Jahr sicherlich nicht. Aber sie werden daran arbeiten. Selbst ein Marktstart im nächsten Jahr dürfte schwierig werden. Aber das ist meine persönliche Einschätzung. Wir wissen es nicht.

WELT: Was sind die kommenden Innovationen bei Smartphones?

Richard Yu: Die Batterielaufzeiten werden länger werden, und die Akkus werden sich schneller laden lassen. Außerdem machen wir die Kameras besser. Und wir werden jede Menge künstliche Intelligenz in den Geräten sehen.

WELT: Das klingt eher nach Evolution als nach Revolution. Reicht das?

Yu: Diese Schritte sind wichtig. Aber wir machen uns jetzt schon Gedanken, wie wir das Display noch größer machen als beim Mate X. Wir denken hier eher an 100 Zoll. Oder 200 Zoll. Das wäre eine Diagonale von fünf Metern, also größer als Ihr Fernsehbild zu Hause. Das geht natürlich nicht mit dem Smartphone. Aber eine Brille könnte das leisten, in die ein solches Bild eingeblendet wird.

WELT: Arbeitet Huawei bereits daran?

Yu: Natürlich arbeiten wir an solchen Brillen. Und wir werden dafür keine fünf Jahre brauchen.

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WELT: Warum sollte die 5G-Technik Smartphones besser machen?

Yu: Sie werden vor allem schneller. Durch die schnelleren Antwortzeiten im Netz kann auch die künstliche Intelligenz die höhere Geschwindigkeit nutzen. Wir werden also künstliche Intelligenz in Echtzeit haben. 5G wird künstliche Intelligenz erst richtig entfesseln. Aber das hört natürlich nicht im Smartphone auf. Die Technologie wird die ganze Welt vernetzen und damit ein Internet der Dinge schaffen.

WELT: Also wird 5G die Smartphone-Industrie verändern?

Yu: Es wird innerhalb der Industrie große Verschiebungen durch 5G geben. 2G wurde noch durch Unternehmen wie Motorola, Nokia und Ericsson beherrscht. In der 3G-Welt war Nokia der beherrschende Smartphone-Produzent. Bei 4G waren es Apple, Samsung und Huawei. Bei 5G wird Huawei der Marktführer sein. Für uns ist das ein großer Moment.

WELT: Bisher sind Sie das nicht.

Yu: Das wird sich schnell ändern. Wir werden spätestens im nächsten Jahr an Samsung vorbeiziehen und Marktführer sein. Wir sind schon nah dran.

WELT: Sie bauen eigene Prozessoren für Ihre Smartphones. Gibt es Pläne, diese Chips auch anderen Herstellern anzubieten?

Yu: Noch nicht. Die Industrie ist noch dabei, sich zu bereinigen. Am Ende werden nur wenige überleben. Samsung macht noch eigene Chips, aber sie verkaufen die Prozessoren auch nicht an andere Hersteller.

Huawei verklagt die US-Regierung

Der Streit zwischen der US-Regierung und dem chinesischen Konzern Huawei eskaliert – das Unternehmen verklagt die Amerikaner. Huawei wehrt sich damit gegen eine Anordnung, dass Behörden die Produkte nicht verwenden dürfen.

Quelle: WELT

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