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Verdacht auf Volksverhetzung Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Facebook-Manager

In der Debatte um Hasskommentare auf Facebook hat die Staatsanwaltschaft Hamburg Ermittlungen gegen den Nordeuropa-Chef des Konzerns eingeleitet. Es geht um Beihilfe zur Volksverhetzung.
Facebook-Logo (Archivbild): Neue Ermittlungen in Hass-Debatte

Facebook-Logo (Archivbild): Neue Ermittlungen in Hass-Debatte

Foto: Aidan Crawley/ Bloomberg/ Getty Images

Der juristische Streit über Hassbeiträge auf Facebook weitet sich aus. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat nach Informationen von SPIEGEL ONLINE nun auch Ermittlungen gegen den deutschen Nordeuropa-Chef des Konzerns eingeleitet. Es geht um den Verdacht auf Beihilfe zur Volksverhetzung.

Martin Ott, der als "Managing Director Northern, Central and Eastern Europe" in Hamburg sitzt, war zuvor von einem Würzburger Anwalt angezeigt worden. Dieser macht Ott dafür verantwortlich, dass bekannte Hassbeiträge nicht gelöscht werden.

Die Staatsanwaltschaft hat die Unterlagen jetzt nach einer Prüfung ans Landeskriminalamt weitergegeben, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. "Es wird ermittelt, welche Inhalte wie lange online gestanden haben."

Der Anwalt Chan-jo Jun hatte zuvor bereits drei andere Manager des Konzerns angezeigt, worauf die Staatsanwaltschaft ebenfalls ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hatte. Es war das erste Mal, dass im Zuge der Debatte um Hetze auf Facebook nicht nur gegen Urheber von Hassbeiträgen ermittelt wird, sondern auch gegen Vertreter des Konzerns, weil sie womöglich Beihilfe zur Verbreitung von Volksverhetzung leisten.

In der Streitsache geht es darum, ob Facebook-Manager für die Fälle von Volksverhetzung und andere Straftaten strafrechtlich verantwortlich gemacht werden können, die in dem sozialen Netzwerk auftauchen - und trotz Hinweisen nicht entfernt werden.

Facebook: "Anschuldigungen ohne Grundlage"

Facebook steht seit Langem in der Kritik, weil es nicht konsequent gegen Hetze, Beleidigungen und Gewaltaufrufe vorgeht. Im Zuge der Flüchtlingskrise haben sich Beschwerden über die Praxis verschärft.

Am Dienstagnachmittag meldete sich Facebook zu Wort. Zum Stand "von etwaigen Ermittlungen" äußere man sich nicht. "Aber wir können sagen, dass die Anschuldigungen einer Grundlage entbehren und kein Verstoß gegen deutsches Recht von Facebook oder den Mitarbeitern vorliegt", sagte eine Sprecherin.

Anwalt Jun hat insgesamt knapp 200 Fälle von Hetze und Gewaltdarstellungen an Facebook-Vertreter gemeldet, viele davon wurden mit der Begründung, sie verstießen nicht gegen die Richtlinien, nicht gelöscht.

Aktivisten und Politiker werfen Facebook vor, auch eindeutige Hassbeiträge, die gegen das deutsche Recht und gegen Facebooks Richtlinien verstoßen, nicht zu entfernen. Der Konzern verweist seinerseits darauf, dass er Beiträge, die gegen die eigenen Richtlinien verstoßen, sehr wohl lösche. Er könne aber nicht beurteilen, ob gemeldete Beiträge gegen deutsches Recht verstießen.

Löschprozess funktioniert nicht gut

Allerdings haben zuletzt viele Fälle gezeigt, dass der Prozess nicht gut funktioniert. Justizminister Heiko Maas lud deshalb Facebook-Vertreter nach Berlin, nun tagt eine Arbeitsgruppe, die den Ablauf verbessern soll. Facebooks Gründer Mark Zuckerberg hatte Kanzlerin Angela Merkel zugesagt, man wolle den Prozess verbessern.

Generell betont der Konzern in Bezug auf die Ermittlungen, man appelliere "an die Menschen, unsere Meldeprozesse zu nutzen, wenn sie Inhalte finden, die ihrer Meinung nach gegen die Richtlinien verstoßen".

Der neue Fall ist interessant, da sich die Ermittlungen nun auch gegen einen Verantwortlichen für Facebooks operatives Geschäft in Deutschland richten. Die ersten Anzeigen und die Ermittlungen zielen hingegen auf die drei Geschäftsführer der Facebook Germany GmbH, die aber nicht in Deutschland sitzen und mit dem tatsächlichen Betrieb hierzulande nichts zu tun haben. Ihre Fälle liegen seit knapp einem Monat beim Hamburger Landeskriminalamt.

Anwalt Jun beharrt darauf, dass für Facebook deutsches Recht zu gelten habe. Facebook hat wiederholt betont, dass es sich vor allem an irisches Recht gebunden fühle - in Dublin sitzt die Europazentrale des Konzerns. Dort entscheiden Mitarbeiter auch über den Umgang mit gemeldeten Beiträgen - kürzlich lud Facebook einige deutsche Journalisten dorthin ein.

Zuletzt bekam Facebook verstärkt Gegenwind aus europäischen Ländern. Am Montag hat ein belgisches Gericht dem Konzern verboten, mit einem umstrittenen Cookie Daten von Nicht-Mitgliedern zu sammeln, dagegen will Facebook Berufung einlegen.

Update (Dienstag, 10.11.2015, 17:05 Uhr): Wir haben den Artikel um die Stellungnahme von Facebook ergänzt.

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