Neues Portal des Internetriesen:Google macht jetzt in Versicherungen

Autobesitzer können demnächst bei Google ihre Versicherung wählen. Der Internetriese wird als Online-Makler auch in Deutschland aktiv, Preisvergleiche für Energie und Mobilfunktarife sollen folgen - der Druck auf Versicherer mit traditionellen Vertriebswegen wächst.

Von Herbert Fromme, Köln

Der Suchmaschinenbetreiber Google weitet seine Geschäfte aus. Der US-Konzern bereitet in Deutschland die Einführung seines eigenen Preisvergleichs-Internetportals für Autoversicherungen vor. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll Google Compare - so der interne Arbeitstitel - spätestens im September an den Start gehen.

Der Schritt des amerikanischen Internetkonzerns hat das Zeug, den Markt für Autoversicherungen aufzumischen und solche Versicherer in die Enge zu treiben, die nur mit traditionellen Vertriebswegen arbeiten. Kein Versicherer kennt seine Kunden so gut, wie Google über seine Nutzer informiert ist. So kann Google in der neuen Rolle als Versicherungsmakler viel besser passende Angebote machen als einzelne Versicherer oder die schon bestehenden Vergleichsportale.

Gerade führt Google intensive Gespräche mit Versicherern, die ihre Autopolicen über das Portal verkaufen wollen und dafür eine Provision an Google zahlen. Eine Reihe von Gesellschaften habe sich bereits mit dem Suchmaschinenanbieter geeinigt, hieß es in Branchenkreisen. Darunter ist der Direktanbieter Admiral. Mittelfristig will Google auf dem Portal noch weitere Preisvergleiche anbieten, hieß es. Marktführer Check24 vergleicht neben Versicherungen auch Strom- und Gastarife, Mobilfunk, Reisen und Mietwagen. "Daran misst sich Google", sagte ein Versicherungsvorstand.

Versicherer, die ihre Leistungen nur per Internet verkaufen, verzeichnen rasante Zuwachsraten. Interessenten gehen auf die Website eines Anbieters, geben ihre Daten ein und lassen sich ein Angebot errechnen. Doch ist es mühsam, die verschiedenen Angebote zu vergleichen. Inzwischen übernehmen Portale wie Check24, Transparo, ino24, Geld.de oder Verivox diese Aufgabe. Der Kunde gibt nur einmal die Daten ein, das Portal errechnet den günstigsten Preis. Kauft der Kunde, zahlt der Versicherer eine Provision an das Portal, meistens rund 80 Euro.

Inzwischen haben die Vergleichsportale eine erhebliche Marktmacht entwickelt. Sie haben 2012 mehr als eine Million Verträge vermittelt, mindestens 250.000 mehr als 2011. Allen voran geht Check24 in München mit 620 000 vermittelten Autopolicen. Wer als Direktversicherer daran partizipieren will, muss wohl oder übel die Kröte der Provision schlucken.

Ursprünglich hatte Google den 1. Juli als Startdatum angepeilt. Das erscheint nun unwahrscheinlich. Der US-Konzern hatte Probleme bei der Umsetzung seiner ambitionierten Pläne auf die deutschen Marktverhältnisse. In der ersten Phase wollte das Unternehmen das Verfahren aus Großbritannien einfach übernehmen, wo es seit 2011 mit dem Portal "Beat that Quote" aktiv ist. Doch damit ist Google gescheitert - zu teuer, technisch zu kompliziert für die meisten deutschen Versicherer, aufsichtsrechtlich zweifelhaft.

Jetzt kooperiert der Konzern mit einem deutschen Dienstleister und orientiert sich an den gängigen Verfahren etablierter Portalbetreiber. Deshalb ist die Verschiebung des Startdatums auf Anfang September wahrscheinlich. "Wir rechnen aber damit, dass Google schon in wenigen Wochen das System immer wieder testweise für einige Stunden live schaltet", sagte der Vorstand eines Versicherers, der mit dem Internetriesen verhandelt.

Viel später als September darf es nicht werden, dann beginnt die Wechselsaison in der deutschen Autoversicherung. Mehrere Millionen Fahrer suchen sich dann einen neuen, möglichst billigeren Versicherer. Die meisten der Verträge sind bis Ende November mit Wirkung Ende Dezember kündbar. Deshalb sind die drei Monate von September bis November die entscheidende Periode für die Vergleichsportale.

Internetriese nutzt Quasimonopol

Google verdient schon heute kräftig an den über das Netz abgeschlossenen Autoversicherungen. Versicherer und Vergleichsportale schalten Anzeigen in der Suchmaschine: Wer eine Google-Suche nach "Autoversicherung" oder "billige Autoversicherung" startet, sieht auf der Ergebnisseite oben drei gelb unterlegte Anzeigen.

Diese Positionen werden von Google laufend versteigert. In normalen Zeiten kostet ein Klick eines Nutzers auf eine Anzeige in der Topposition das inserierende Unternehmen fünf Euro bis sechs Euro, in Spitzenzeiten der Werbesaison sind es bis zu 15 Euro. Das gilt für den Klick - der nicht zum Abschluss führen muss. Google verlangte in den Gesprächen von den Versicherern zunächst 120 Euro pro Abschluss - ist inzwischen aber auch bei realistischen 70 Euro bis 80 Euro angelangt.

Der Internetriese nutzt sein Quasimonopol bei den Suchmaschinen. In Großbritannien erscheint als erste Antwort auf die Suche nach "car insurance" unter den Anzeigen ein "sponsored link" von Google. Dort geht es direkt zum konzerneigenen Preisvergleich, betrieben von der 2011 übernommenen beatthatquote.com.

In den USA macht das Suchportal das gleiche mit Reisen. Wer "flight New York San Francisco" auf einer US-Googleseite eingibt, erhält unter den Anzeigen der Airlines sofort die nächsten Verbindungen - geliefert vom Google-Internetreisebüro. Klickt ein Kunde darauf und bucht den Flug, fließt Provision an den Internetriesen.

"Wenn Google als Vergleichsportal kommt, wird das den Markt verengen", sagt Detlef Frank, Chef von HUK24. Mit 1,4 Millionen versicherten Fahrzeugen ist das der größte Onlineanbieter. "Ich erwarte, dass viele Kunden direkt bei Googles Portal hängen bleiben. Dann klicken weniger auf die Anzeigen, und die von Anzeigen abhängigen Vergleicher oder Direktversicherer müssen mehr zahlen, um an ihr Neugeschäft zu kommen."

Neben der angepeilten Erhöhung der Anzeigenpreise hat Google noch weitere Gründe, direkt in das Vergleichsgeschäft einzusteigen. Die bisherigen Portale geben immer mehr Geld für Fernsehwerbung aus, um sich als eigene Marke zu positionieren. Wenn der Kunde aber nicht mehr bei Google das Suchwort "Autoversicherung" eingibt und eine Anzeige anklickt, sondern direkt auf eines der heutigen Vergleichsportale geht, fließt kein Cent an den Suchmaschinenbetreiber.

Außerdem muss der Konzern mit dem Vormarsch der Smartphones und Tablet-Computer fertig werden. Denn dort funktioniert wegen der beschränkten Bildschirmgröße das Anzeigenmodell nur begrenzt. Deshalb sucht das Unternehmen nach neuen Einnahmequellen.

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