Reaktion der USA:Biden kämpft an drei Fronten

Reaktion der USA: Russlands Präsident Wladimir Putin sei jetzt ein "Paria" auf der Weltbühne, sagt US-Präsident Joe Biden.

Russlands Präsident Wladimir Putin sei jetzt ein "Paria" auf der Weltbühne, sagt US-Präsident Joe Biden.

(Foto: Chris Kleponis/imago)

Die USA verschärfen die Sanktionen gegen Russland deutlich. Der Präsident sagt, er hätte gerne noch härtere Maßnahmen verhängt. Sorgen bereiten ihm die steigenden Energiepreise.

Von Fabian Fellmann, Washington

Es war offensichtlich schwierig, eine einstimmige Antwort des Westens auf Russlands Invasion in der Ukraine zu finden. Mehrmals verzögerte sich am Donnerstag eine Rede von US-Präsident Joe Biden. Und als er schließlich vor die Kameras trat, ließ er offen durchblicken, dass ihn die Europäer gebremst hatten, und wie groß seine Besorgnis wegen der steigenden Energiepreise ist.

"Wenn wir Putin jetzt nicht mit bedeutsamen Sanktionen stoppen, wird er sich ermutigt fühlen", sagte Biden, der vorerst nicht mehr mit dem russischen Präsidenten reden will. Der sei jetzt ein Paria auf der Weltbühne. "Seine Ambitionen gehen weit über die Ukraine hinaus. Er will mit allen Mitteln das sowjetische Imperium wiederherstellen", sagte Biden und warnte unmissverständlich davor, Mitglieder des Verteidigungsbündnisses Nato anzugreifen: "Wir werden jeden Zentimeter Nato-Territorium mit der vollen Macht der Vereinigten Staaten verteidigen." Er spielte damit auf die abschreckende Wirkung amerikanischer Atomwaffen an, eine Antwort auf Putins offene Drohung mit seinem Atomwaffen-Arsenal. Die USA schicken nun weitere Soldaten nach Deutschland, um die Ostflanke der Nato weiter zu stärken. Biden wiederholte aber überdeutlich, dass keine amerikanischen Soldaten in der Ukraine kämpfen werden.

Bestrafen will Biden Putin mit einer Verschärfung der Sanktionen, zusammen mit den G 7 sowie den EU- und den Nato-Ländern. "Wir schränken die Möglichkeiten Russlands ein, Geschäfte in Dollar, Euro, Pfund und Yen abzuwickeln", sagte Biden. Konkret schneiden die USA sechs statt bisher zwei russische Banken komplett vom Dollarmarkt ab, unter ihnen die zweitgrößte, die VTB Bank; für das größte Institut, die Sberbank, erschwert Biden Dollargeschäfte. Für 13 der wichtigsten russischen Unternehmen begrenzen die USA den Zugang zum US-Kapitalmarkt, zehn Personen aus Putins Umfeld und dem Bankensektor landen auf der Sanktionsliste. Die Liste werde in den nächsten Tagen laufend erweitert, sagte Biden.

Als ganz neue Sanktionskategorie greifen die USA zu Exportverboten für Hochtechnologieprodukte wie Computer, Halbleiter-Chips, Software, Telekommunikationsausrüstung, Sensoren und Laser. Die Maßnahme soll die Entwicklung der russischen Wirtschaft bremsen.

Aufgeschoben haben die westlichen Alliierten den Ausschluss Russlands vom Swift-Zahlungssystem. "Das ist noch immer eine Option, aber derzeit will der Rest Europas das nicht", sagte Biden. Die Bedeutung des Verzichts versuchte er herunterzuspielen: Es sei wichtiger, dass die Verbündeten jetzt gemeinsam vorgingen. Auch seien die jetzt verhängten Sanktionen deutlich schwerwiegender. Die Länder, welche gemeinsam Strafmaßnahmen ergriffen, verträten mehr als die Hälfte des Weltwirtschaftsprodukts. "Putin ist der Aggressor. Putin hat diesen Krieg gewählt. Jetzt werden er und sein Land die Kosten dafür tragen", sagte Biden. Hatte er als Ziel der Sanktionsdrohungen lange bezeichnet, Russland von seinem Kriegskurs abzuhalten, sagte er nun, daran habe er nie geglaubt. Vielmehr gehe es nun darum, Russland für sein Verhalten zu bestrafen. Die Sanktionen würden Russland derart schwächen, dass Putin nur die schwierige Entscheidung zwischen einem Kurswechsel und einem Abstieg in die zweite Liga verbleibe. Die Frage, ob China nun die westlichen Sanktionen hintertreiben könnte, wollte er nicht beantworten.

Sorgen bereitet Biden aber offenbar auch eine dritte Front - jene zu Hause, vor allem an den Zapfsäulen. Er versprach, alles zu unternehmen, um den Anstieg der Energiepreise zu bremsen: Unter anderem will er die nationalen Reserven erneut anzapfen. Biden warnte Firmen davor, die aktuelle Lage dazu zu missbrauchen, höhere Gewinne einzufahren. Biden ist sich der Schwierigkeit offenbar bewusst, dass die Teuerung weltweit schnell spürbar sein wird, die Sanktionen gegen Russland hingegen erst mit der Zeit ihre volle Wirkung entfalten werden. Doch jetzt handle es sich nicht nur um einen regionalen Konflikt im Osten Europas, sondern um einen Krieg, der das Fundament einer freiheitlichen Weltordnung infrage stelle. Dabei habe Putin auf lange Sicht die schlechteren Karten, sagte Biden: "Im Wettbewerb zwischen Demokratie und Autokratie gewinnt die Freiheit immer."

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