Behauptungen sollte man auch belegen. Bei leistungsbezogenen Angaben ist es im Hardware-Bereich üblich, diese mit Benchmark-Ergebnissen zu belegen, unter welchen Bedingungen die Messergebnisse zustande gekommen sind und mit welchen Konkurrenzprodukten der Vergleich stattfand. Detaillierte Informationen findet man für gewöhnlich in den Fußnoten. Bei der Meldung von Apple zur Einführung der nächsten Mac-Generation gibt es diese Fußnoten, allerdings steht dort weder etwas von den Testbedingungen noch den Notebook-Modellen, mit denen Apple das neue MacBook Air verglichen haben will (siehe auch folgenden Screenshot):
Glaubt Apple, dass das lüfterlose Macbook Air schneller ist als etwa die vom AMD Ryzen 4000 angetriebene Notebook-Serie Asus Zephyrus G14 oder die Baureihen Alienware Area 51m und MSI Creator 17 mit Intels 10. Core-Generation? Natürlich nicht. Und auf was genau bezieht sich die Leistungsangabe von Apple überhaupt, auf die CPU- oder Grafikprozessor-Performance – oder die Rechenleistung unter Windows? Und vergleicht Apple hier Programme, die auf beiden Betriebssystemen laufen – und welche Programme sind das, Spiele wie “Red Dead Redemption II”, “Call of Duty: Black Ops Cold War” und “Fortnite” oder produktive Anwendungen wie CyberLink PowerDirector?
M1 genauer angeschaut: Ist er wirklich 3X so schnell?
Wir wissen es nicht. Ich bin mir aber zu 98 Prozent sicher, dass alle oben verlinkten Notebook-Serien mit diesen Programmen das Macbook Air vernichtend schlagen würden. Ich glaube, Apple hat das Macbook Air mit M1-CPU verglichen mit Windows-Notebooks, die ein Intel-Prozessor aus der Leistungsklasse eines Atom, Celeron N oder Core i3 antreibt. Weil Apple das Wort “Leistung” nicht genauer definiert, entlarvt sich die Behauptung “faster than 98 percent of PC laptops” als völlig übertriebenes Marketing-Blabla. Und die Frage sei erlaubt: Ist es fair, ein 1000 Euro teures MacBook Air mit 150-Euro-Laptops zu vergleichen?
Ein Meisterstück – mit offenen Fragen: Macbook Air M1
Der Arm-basierte Apple M1 ist ein beeindruckendes System on a Chip (SoC). Aber muss Apple bei der Präsentation des M1 so absurde Marketing-Verrenkungen machen? Keine Frage, der 64-Bit-SoC Apple M1 macht einen vielversprechenden Eindruck. Apple lässt ihn bei TSMC im derzeit fortschrittlichsten 5-nm-Prozess fertigen. Der M1 setzt auf vier Performance- und vier Energiespar-Rechenkerne sowie eine 6- oder 8-Core-GPU. Alle Kerne greifen gleichberechtigt über ein universelles Interface auf den Arbeitsspeicher zu. Hinzu kommen in Gestalt der Bionic-Einheit 16 Rechenkerne für künstliche Intelligenz.
©Apple
Und ja, wenn speziell optimierte Software zum Einsatz kommt, dürfte der Apple M1 eine beeindruckende Rechenleistung erzielen. Aber in der Realität gibt es auch sehr viele Programme, die eben nicht nativ auf einer ARM-Architektur laufen – und diese Anwendungen dürften das Macbook Air im Vergleich zu x86-Notebooks lächerlich schlecht aussehen lassen.
Also bitte Apple, lass das würdelose Getrolle, um die Aufmerksamkeit von potenziellen Käufern zu erregen, die sich jedes Jahr in 93 von 100 Fällen für den Kauf eines Windows-Notebooks entscheiden.
Dieser Meinungsbeitrag beruht auf einem Artikel unserer amerikanischen Kollegen von pcworld.com