Das Landgericht sah das allerdings ganz anders. Der Hausgerätehersteller sei nicht verpflichtet gewesen, seine Kunden lange vorab über den geplanten Modellwechsel bei dem Luxusküchengerät zu informieren, befand der Vorsitzende Richter Stefan Istel am Donnerstag und wies die Klage der Vorwerk-Kundin endgültig ab.

Der Hausgerätehersteller habe ein berechtigtes Interesse gehabt, die aktuelle Produktion noch abzusetzen, ohne Hinweise auf den künftigen Produktwechsel zu geben, heißt es in der Urteilsbegründung. Selbst wenn das neue Gerät schon in den Startlöchern gestanden habe, gebe es keine Pflicht, die Vorgängermodelle als Auslaufmodell zu bezeichnen. Das Landgericht bestätigte damit ein Urteil des Wuppertaler Amtsgerichts. Die Entscheidung ist somit rechtskräftig.

Der Modellwechsel beim Thermomix hatte schon bei der Ankündigung im März 2019 hohe Wellen geschlagen. Rund fünf Jahre nach der Einführung des Vorgängermodells Thermomix TM5 bot der neue TM6 eine ganze Reihe zusätzlicher Funktionen vom Vakuum-Garen über das Garen bei Niedrigtemperatur bis zum Anbraten. Der Thermomix sei damit "in eine noch höhere Kochliga aufgestiegen", warb Vorwerk.

Vor allem Verbraucher, die in den vorangegangenen Monaten noch eines der alten Geräte gekauft hatten, ärgerten sich deshalb über das Vorgehen des Hausgeräteherstellers. Eine Kundin fragte im Internet: "Warum werden Kunden bei der Bestellung nicht darauf hingewiesen, dass in den nächsten Monaten ein neues Modell erscheint?!" Und fügte dann noch hinzu: "Mein acht Wochen alter TM5 war mein erstes und letztes gekauftes Produkt von euch." Eine andere Thermomix-Besitzerin meinte: "So geht man nicht mit seinen Kunden um."

Von Vorwerk bekamen jedoch lediglich Kunden, die in den zweieinhalb Wochen vor der Bekanntgabe des Modellwechsels einen Thermomix gekauft hatten, das Angebot, zum Nachfolgemodell zu wechseln. Das Unternehmen sieht auch keine einfache Lösung für das Dilemma. "Generell ist bei einem Modellwechsel eine Übergangsphase nicht zu vermeiden. Ganz egal, wann Sie ankündigen - es wird immer Kunden geben, die kurz "davor" gekauft haben", sagte eine Unternehmenssprecherin noch in dieser Woche. Eine frühere Ankündigung des Thermomix TM6 hätte deshalb nach Auffassung von Vorwerk das Thema nur verschoben.

Was Vorwerk hätte besser machen müssen

Auch für Iwona Husemann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen steht mit Blick nicht nur auf den Thermomix fest: "Es gibt keine Pflicht des Herstellers, ein neues Gerät anzukündigen." Um beim Kauf zumindest etwas mehr auf der sicheren Seite zu sein, rät die Verbraucherzentrale, bei teureren Neuanschaffungen explizit nach einem anstehenden Modellwechsel zu fragen. "Da muss das Unternehmen wahrheitsgemäß antworten", betonte Georg Tryba von der Verbraucherzentrale NRW. Wenn es das nicht tue, sei ein Schadenersatzanspruch denkbar.

Der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf findet dennoch, dass Vorwerk bei dem Modellwechsel "nicht gerade brillant" agiert habe. "Der Thermomix ist ein sehr emotionales Produkt mit einer großen Fangemeinde, und Firmen tun gut daran, solche engagierten Kunden nicht vor den Kopf zu stoßen", betonte er. In seinen Augen wäre es besser gewesen, frühzeitiger über die geplante Neueinführung zu informieren und den Übergang stärker mit Umstiegsprämien oder der Inzahlungnahme von Altgeräten abzufedern. "Kurzfristig verliert man dadurch vielleicht etwas Geld, weil die Nachfrage oder der Preis sinken, aber mittel- und langfristig rechnet sich ein solches Vorgehen", ist er überzeugt.

Erich Reimann, dpa


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