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Apple öffnet sich für kleine Revolution beim iPhone

Wirtschaftsredakteur
Mehr Software als Hardware

Apple geht in die Software-Offensive: Eine Vielzahl neuer Funktionen soll iPhone, iPad und Mac attraktiver machen, mit einer Reihe von Verbesserungen für die Betriebssysteme iOS sowie OS X.

Quelle: Reuters

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Nie zuvor durften die App-Entwickler so tief in das iPhone und iPad eingreifen wie beim neusten Betriebssystem iOS 8. Damit springt der Konzern über seinen Schatten. Die Nutzer dürfen Großes erwarten.

Es ging fast schon ein wenig unter im Schwall der neuen Funktionen, die Mac- und iPhone-Nutzer künftig erwarten dürfen. Doch tatsächlich hat Apple zum Auftakt der Entwicklerkonferenz WWDC in San Francisco eine für den Konzern kleine Revolution angekündigt.

Zwar verpackten Apple-Chef Tim Cook und sein Software-Chef Craig Federighi die zentrale Aussage in vielen Worten, doch im Grunde riefen sie den Tausenden Entwicklern im Saal zu: Nun macht mal.

Und tatsächlich durften die Programmierer nie zuvor so tief in das iPhone eingreifen wie beim kommenden Betriebssystem iOS 8. Apple hat dafür jede Menge Schleusen geöffnet.

So haben die Entwickler künftig Zugriff auf den bislang streng gehüteten Fingerabdruck-Scanner, der bislang nur für das Freischalten des Sperrbildschirms und das Bezahlen im AppStore zu gebrauchen war. Mit Freigabe von iOS 8 im Herbst werden auch andere Apps den Scanner für einen Login nutzen dürfen.

Auch das iPhone hat bald ein Keyboard

Damit nicht genug. Endlich lässt Apple Erweiterungen zu. So können Programmierer nun Widgets für das Nachrichtenzentrum des iPhones schreiben, wo dann beispielsweise Ebay davor warnt, dass ein Gebot übertroffen wurde.

Apple erlaubt neue Filter für die eigene Foto-App. Und sogar die iPhone-Tastatur darf künftig ersetzt werden durch ein eigenes Keyboard. Bislang mussten iPhone-Nutzer neidisch auf Android-Smartphones schauen, auf deren Swype-Tastatur das Schreiben viel schneller ging.

Überhaupt können sich künftig Apps viel tiefer in das System einklinken, beispielsweise in den Internet-Browser Safari zum Übersetzen von ganzen Webseiten. Damit werden die iPhones und iPads künftig permanent neue Funktionen bekommen, ohne auf das nächste Betriebssystem warten zu müssen.

Lange Überzeugungsarbeit

Apple hat hier eine lange Gratwanderung hinter sich. Der Unternehmensgründer Steve Jobs hielt anfangs überhaupt nichts davon, Software-Entwicklern überhaupt die Tür zum iPhone zu öffnen. Erst nach langer Überzeugungsarbeit lenkte er ein.

Der AppStore öffnete erst ein Jahr nach Erscheinen des ersten iPhone-Modells im Juli 2008. Seitdem hat sich viel getan. 1,2 Millionen Anwendungen stehen zur Auswahl, 300 Millionen Nutzer besuchen den AppStore wöchentlich und bisher wurden mehr als 75 Milliarden Apps heruntergeladen.

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Nun wird mit iOS 8 auch der AppStore aufgefrischt. Nutzer dürfen künftig Bundles kaufen, bei denen mehrere Apps zum Vorzugspreis abgegeben werden. Entwickler können ihre Anwendungen nun auch mit Videos im Store darstellen und sogar Nutzer zu einem Beta-Test einladen.

Neue Apps für Home und Health

Neu ist auch die Familienfreigabe, bei der bis zu sechs Mitglieder einer Familie untereinander Einkäufe im iTunes- und App-Store teilen können. Sogar ein eigenes Konto für Kinder ist möglich. Wollen sie eine App kaufen, bekommen die Eltern eine Anfrage, die sie bestätigen müssen.

Apple denkt inzwischen stärker in Plattformen als früher. Ein HomeKit soll das Netzwerk-Protokoll für die Heim-Automatisierung liefern. Auf diese Weise wird das iPhone Schlösser, Lampen und Thermostate bedienen können.

Sogar eine Verbindung mit dem digitalen Sprachassistenten Siri soll möglich sein. Apple stellt sich das so vor: Der Nutzer teilt Siri mit, dass er „zu Bett geht“ und schon dimmt sich das Licht, die Türen verriegeln sich, das Garagentor schließt und der Thermostat regelt sich nach unten.

Auch HealthKit schafft eine Plattform, in diesem Fall für Sensoren, die beispielsweise in Fitness-Armbändern Gesundheitsdaten von ihren Nutzern erfassen. Eine neue App mit dem Namen Health führt all diese Daten in einer Übersicht zusammen.

iMessage überarbeitet

Mit iOS 8 führt Apple jede Menge Verbesserungen ein, die vor allem den Umgang mit dem iPhone vereinfachen. Nachrichten lassen sich einfacher beantworten, weil dazu die Nachrichten-App gar nicht erst gestartet werden muss. Erscheint die Meldung oben auf dem Display, kann sie leicht nach unten gezogen werden, um ein Antwortfeld anzuzeigen.

Überhaupt hat Apple seinen Kurznachrichtendienst iMessage überarbeitet. Die wichtigste Neuerung ist ein Mikrofon-Button neben dem Textfeld. Wird es gehalten, kann der Nutzer eine Audio-Nachricht aufnehmen, die anschließend versendet wird.

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Viele der Neuerungen sind schon heute möglich, allerdings müssen iPhone-Nutzer dafür zu speziellen Apps greifen. So erlaubt auch WhatsApp das Versenden von Audio-Botschaften. Der digitale Sprachassistent Siri wird künftig Musik erkennen, die im Hintergrund läuft. Eine Zusammenarbeit mit dem Musik-Erkennungsdienst Shazam macht das möglich. Bislang musste dafür Shazam oder die Konkurrenz-App Soundhound genutzt werden.

Neue Quicktype-Funktion

Obwohl Apple künftig alternative Keyboards erlaubt, hat der Konzern sein eigenes Keyboard um eine Quicktype-Funktion erweitert. Schon bei der Texteingabe macht die Tastatur in einem Feld über den Tasten Vorschläge, wie das vollständige Wort lauten könnte. Ist das richtige Wort dabei, muss es nur kurz angetippt werden.

Die neue iOS-Version wird im Herbst erscheinen, einen genauen Termin nennt Apple nicht. Das kostenlose Software-Update läuft den Angaben zufolge auf den iPhones ab der Version 4S, auf den iPads ab Version 2, auf dem iPOd doch (ab fünfte Generation), auf dem iPad Air und auf dem iPad mini.

Im Unterschied zu Android hat Apple keine Probleme, seine Nutzer von den neuen Software-Versionen zu überzeugen. Neun von zehn iPhone- und iPad-Nutzern haben die neuste iOS-Version 7 installiert. Doch nur jeder zehnte Android-Nutzer hat die jüngste Version KitKat auf seinem Gerät.

Cook spottet Richtung Android-Nutzer

Trotzdem werden weitaus mehr Android-Smartphones als iPhones verkauft, vor allem weil sie günstiger und damit auch in Märkten erfolgreich sind, in denen die Bereitschaft begrenzt ist, mehr als 600 Euro für ein Smartphone auszugeben.

Cook erlaubte sich ein wenig Spott in Richtung Android-Nutzer. Viele von ihnen seien inzwischen ins iPhone-Lager gewechselt. "Sie haben sich ein Android-Handy aus Versehen gekauft“, sagte Cook.

Zwar stand zum Auftakt der Entwicklerkonferenz das neue iOS im Mittelpunkt. Doch Apple stellte auch die nächste Version des Mac-Betriebssystems OS X vor, das den Namen des populären US-Nationalparks Yosemite bekommt.

Vor allem das Design wurde überarbeitet und wird stärker dem Aussehen des iOS gleichen. Apple hat das Nachrichtenzentrum, den Internet-Browser Safari und die Spotlight-Suche überarbeitet. Das Nachrichtenzentrum lässt sich mit Widgets anpassen, Safari bekommt - wie bei Google Chrome - ein Inkognito-Fenster und das Eingabefeld von Spotlight erscheint nun zentriert auf dem Display und nicht mehr oben rechts in der Ecke. Keine Revolutionen.

Anrufe erscheinen auch auf Mac-Display

Apples iCloud wird nun eine richtige Cloud, in der sich beliebige Dateien ablegen lassen. Sie erscheinen dann auch im Finder des Macs und sind auch über iPhone und iPad erreichbar.

Der Konzern hat immer betont, die Betriebssysteme von Mac und iPhone getrennt weiter zu entwickeln. Trotzdem rücken sie erneut enger zusammen. Sie werden künftig stärker miteinander kommunizieren.

Auf dem Mac begonnene E-Mails lassen sich auf dem iPad weiter schreiben, weil Dokumente durch die Funktion „Handoff“ synchron gehalten werden. Künftig werden sogar Anrufe auf dem iPhone zugleich auf dem Mac-Display angezeigt. Sie können dort sogar entgegen genommen werden. Der Mac wird dann zum Telefon.

Nutzer können Anrufe sogar vom Mac aus starten, wenn sie beispielsweise eine Telefonnummer auf einer Webseite anklicken. Das iPhone ist dann nur eine Kommunikationsbrücke, das Gespräch kann über das Mikrofon und die Lautsprecher des Macs geführt werden.

Im Herbst wird es noch einmal spannend

Wer von Apples Auftakt zur Entwicklerkonferenz neue Geräte erwartet hat, wird enttäuscht sein. Keine iWatch, kein Apple-Fernseher und auch kein iPhone 6. Doch das, was Apple in San Francisco zeigte, wird auf einen Schlag auf den Geräten von mehreren hundert Millionen iPhone- und iPad-Nutzern zu sehen sein.

Vor allem der tiefere Eingriff der Entwickler in das System wird in den kommenden Monaten noch jede Menge Neuerungen bringen, die neugierig machen dürfen.

Im Herbst dann kommen auch alle anderen auf ihre Kosten. Die Erwartungen sind noch einmal ein wenig höher, nachdem der führende Apple-Manager Eddy Cue unlängst schwärmte, dass der Konzern für dieses Jahr die besten Produkte in der Pipeline habe, die er in seinen 25 Jahren bei Apple gesehen habe. Auch Cook versprach immer wieder „unglaubliche Produkte“. Es wird nun Zeit, diese Pipeline zu öffnen.

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