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DVD-Nachfolger Kopierer könnten Formatstreit entscheiden

Seit die ersten HD-Filme in Tauschbörsen aufgetaucht sind, bemüht sich die Filmbranche um Schadensbegrenzung. Eigentlich sollte der Kopierschutz von HD-DVD- und Blu-ray-Scheiben ja unknackbar sein. Verliert Hollywood die Herrschaft über hochauflösende Filme?
Von Nils Matthiesen

An der Kinokasse war der Science-fiction-Film "Serenity" nicht besonders erfolgreich, trotzdem könnte die Leinwandadaption der TV-Kultserie "Firefly" doch noch ungeahnte Popularität erlangen – allerdings eher unfreiwillig. Denn nur wenige Wochen nach der erstmaligen Entschlüsselung einer HD-DVD durch den Hacker muslix64, ist mit "Serenity" nun der erste High-Definition-Film in einer P2P-Tauschbörse aufgetaucht. Die Schlacht um die geschützten hochaufgelösten Formaten scheint damit beendet, bevor sie richtig begonnen hat.

In einem Interview mit dem Onlinedienst Slyck  bezeichnet muslix64 sich indes nicht als Hacker, sondern vielmehr als einen "unzufriedenen Kunden", der wütend darüber war, seinen Film nicht auf einem hochauflösenden Monitor ohne HDCP abspielen zu können, nur weil ein irgendein Manager aus Hollywood das so wolle. Aus diesem Grund habe er sich entschieden, die DRM-Technik zu knacken. Das war laut eigener Aussage alles andere als schwierig.

Sowohl HD-DVD als auch Blu-Ray setzen auf den Kopierschutz AACS (Advanced Access Content System), der sich aus verschiedenen Kopierschutzmechanismen zusammensetzt. Alle Inhalte sind mit dem Verschlüsselungs-Standard AES (Advanced Encryption Standard) codiert – wodurch sich Filme nicht ohne weiteres auslesen lassen. Um die Daten zu decodieren, benötigt der Player einen passenden 128 Bit-Schlüssel, der ohne einen großen Rechnerverbund durch einfaches Durchprobieren (Brute Force) kaum zu knacken ist.

Abspielsoftware verrät Keys

So weit die Theorie: Nun haben Mitglieder des Forums Doom9, zu denen auch muslix64 gehört, herausgefunden, dass entsprechende Schlüssel während der Wiedergabe im Speicher der japanischen Version von WinDVD 8 HD zu finden sind. Sinnbildlich ausgedrückt schützt AACS den Film also so sicher wie ein Panzerschrank, dessen Kombination auf einem Zettel an der Seitenwand klebt. Muslix64 setzte eine sogenannte Plaintext-Attacke ein, um die beiden Formate zu knacken.

Der Unterschied zu Brute Force-Attacken besteht darin, dass dabei Datenströme angezapft werden, anstatt die Player-Software direkt anzugreifen. AACS selbst wurde also gar nicht geknackt, vielmehr hat muslix64 mit "BackupHDDVD" und "Backup BluRay" Programme entwickelt, die eine eigene Implementierung des Kopierschutzes darstellen. Inzwischen wurden entsprechend für mehrere Filme Schlüssel im Web veröffentlicht, unter anderem für die HD-Versionen von "King Kong" und "Batman Begins".

Allerdings hat Hollywood einige Trümpfe in der Hand, um das drohende Debakel noch abzuwenden: Man könnte bei zukünftigen Filmen mehr von den bei AACS vorgesehenen Funktionen einsetzen, um das Auslesen zu unterbinden. So wäre es zum Beispiel möglich, jede Scheibe mit einem individuellen Schlüssel zu versehen. Diese Maßnahme würde allerdings die Produktionskosten über alle Maße steigern.

Ebenso liegt es im Bereich des Möglichen, Software-Playern für Windows XP das Abspielen der neuen Formate per Update unmöglich zu machen und dafür zu sorgen, dass die genutzten Schlüssel nur noch unter Windows Vista in geschützten Speicherbereichen abgelegt werden dürfen. Dazu müssten kopierwillige User aber ihre Programme freiwillig updaten, was eher unwahrscheinlich ist.

Trümpfe der Filmindustrie

Bei Blu-Ray sind zudem neben AACS weitere Kopierschutzverfahren vorgesehen, die allerdings bis jetzt noch nicht zum Einsatz gekommen sind: Bei BD+ handelt es sich beispielsweise um ausführbare Programme, die permanent den Datenstrom überwachen. Sobald irgendwelche Manipulationen registriert werden, brechen sie die Wiedergabe ab. Findet jemand einen Weg den Kopierschutz trotzdem zu knacken, kann das Überwachungsprogramm wie ein Viren-Scanner aktualisiert werden.

Ebenfalls nur für Blu-Ray-Scheiben ist das sogenannte ROM-Mark vorgesehen. Dabei handelt es sich um eine Art Wasserzeichen, das illegale Kopien verhindern soll: Nur die Maschinen lizenzierter Hersteller können das ROM-Mark einbrennen, damit ein Blu-Ray-Player die Disk akzeptiert. Beide Verfahren bedeuten unabhängig davon, ob sie auf Dauer wirksam sind, in jedem Fall eine Verteuerung der verkauften Filme auf BD.

Der Schaden für die Filmindustrie bleibt bis zum jetzigen Zeitpunkt noch überschaubar. Derzeit ist noch keine Möglichkeit bekannt, die Raubkopien auf Consumer-Playern im Wohnzimmer abzuspielen, selbst wenn man die Daten auf einen Rohling brennen würde. PCs müssen zwar nicht mehr ihre digitale Verbindung zum Monitor per HDCP verschlüsseln, benötigen aber leistungsfähige Prozessoren, um die messerscharfen Filme ruckelfrei dekodieren zu können.

Die Hersteller von Rohlingen dürfte die Entwicklung zumindest nicht stören. Und wenn es erstmals gelingt, eine Kopie auf einem Standalone-Player abzuspielen, könnten auch die Hardware-Hersteller von der Entwicklung profitieren.

Ob eine größere Auswahl an raubkopierten Filmen vielleicht sogar den Formatkrieg entscheiden kann, wird die Zukunft zeigen. Muslix64 ist sich sicher: "Je unsicherer das Format, umso mehr Leute werden es kaufen. Auf lange Sicht scheint Blu-Ray sicherer und teurer zu sein. Aus diesem Grund gewinnt die HD-DVD!"