Das angebliche Chaos im Büro hat nichts genutzt und das Landgericht Berlin hat den Münchner Rechtsanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth zu einer Haftstrafe von 14 Monaten verurteilt – ohne Bewährung.
Gravenreuth war bereits vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten im September 2007 zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Anlass für den Rechtsstreit war eine Abmahnung von Gravenreuth gegen die Zeitung “taz”. Im Jahr 2006 hatte er die Zeitung “taz” abgemahnt , weil er angeblich unbestellt eine Bestätigungs-Mail für den Newsletter der taz erhalten hatte. Die taz zahlte die geforderte Abmahngebühr in Höhe von 663,71 Euro, doch Mitte Juli 2006 pfändete der Anwalt dennoch die Domain von taz.de, mit der Begründung, er habe kein Geld von der taz erhalten. Es erfolgte auch der Versuch, die Domain zu versteigern. Die “taz” ließ sich dies nicht gefallen und reichte eine Klage wegen Betrugs gegen Gravenreuth ein.
Vor dem Amtsgericht Berlin argumentierte der Anwalt, dass er wegen dem “Chaos” in seinem Büro und mangelnder Rechtskenntnis nicht gewusst habe, dass ihm das Geld nicht mehr zustand. Das Gericht verurteilte ihn trotzdem zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung. Gegenüber der PC-WELT widersprach Gravenreuth seinerzeit in einem wesentlichen Punkt der Darstellung des Sachverhaltes seitens der taz. Die Aussage, so der Anwalt damals, dass er die Domain gepfändet habe, weil er kein Geld erhalten habe, sei „objektiv falsch“ gewesen. Er habe bis zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung offene Forderungen gegen die taz gehabt, die Abmahnkosten und Abschlussschreiben umfasst hätten.
So viel zur Vorgeschichte: Wie die taz nun am Donnerstag berichtet, fand am Mittwoch die Berufungsverhandlung in Berlin statt. Dabei wurde vor allem beleuchtet, ob tatsächlich das von Gravenreuth angeführte Chaos im Büro dazu geführt hatte, dass er nicht wusste, dass er das Geld von der taz erhalten hatte. Es sagten zwei Rechtsanwalts-Gehilfinnen aus, die sich allerdings nicht erinnern konnten. Außerdem sei auch der Rechtsanwalt Syndikus als Zeuge geladen gewesen, dieser erschien allerdings nicht zur Verhandlung, weil ihn laut Fax-Mitteilung an das Gericht sein Wecker an dem Morgen nicht geweckt und er daher den Flug nach Berlin verpasst habe.
“Prozessbeobachter werteten das Ausbleiben des Zeugen als ein Manöver der Verteidigung um Verhandlungsspielraum gegenüber dem Richter zu gewinnen”, schreibt die taz und fügt hinzu: “Dieser könnte eine Verurteilung in München, die Gravenreuth im Februar 2008 wegen Veruntreuung von Mandantengeldern eine Strafe von 11 Monaten auf Bewährung einbrachte, mit der vom Amtsgericht Berlin verhängten Strafe zusammenziehen.”
Die Staatsanwaltschaft forderte schließlich eine Gesamtstrafe von 14 Monaten, wobei eine Verurteilung von Gravenreuth im Dezember 2006 zu einer Haftstrafe von neuen Monaten wegen Veruntreuung von Mandatengeldern und eine sechsmonatige auf Bewährung ausgesetzt Haftstrafe aus dem Jahr 2007 zusammengerechnet wurden.
Der Richter folgte dem Antrag des Staatsanwalts und äußerte, dass Gravenreuth, wie die taz berichtet, “mit hoher krimineller Energie” versucht habe, sich an der taz zu bereichern und dies nur verhindert werden konnte, weil sich die Zeitung mit allen juristischen Mitteln gewehrt habe. Mit Verweis auf die Vorstrafen wurden die 14 Monate Haft nicht zur Bewährung ausgesetzt.
Kurz nach dem Richterspruch kündigte Gravenreuth an, in die Revision gehen zu wollen.