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Kontroverse um Chef der Cybersicherheitsbehörde Innenministerium stellt BSI-Präsident Arne Schönbohm frei

Das Innenministerium hat den Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik mit sofortiger Wirkung freigestellt und leitet ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein, wie der SPIEGEL aus Sicherheitskreisen erfuhr.
Arne Schönbohm vor dem BSI-Sitz in Bonn

Arne Schönbohm vor dem BSI-Sitz in Bonn

Foto: Wolfgang Rattay / REUTERS

Seit Monaten warnt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vor einer erhöhten Gefahrenlage aufgrund des Ukrainekriegs. Umso mehr fällt die Personalie in eine schwierige Zeit: Das Bundesinnenministerium hat den BSI-Präsidenten Arne Schönbohm mit sofortiger Wirkung freigestellt und leitet ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein, wie der SPIEGEL aus Sicherheitskreisen erfuhr. Die oberste Cybersicherheitsbehörde Deutschlands gehört zum Geschäftsbereich des Ministeriums.

Schönbohm selbst sagte dem SPIEGEL am Dienstag auf Anfrage: »Da es keine Rückmeldung gab zu den Vorwürfen, habe ich am Montag selbst gebeten, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, um den Sachverhalt zu klären. Mir ist bislang nicht bekannt, was das Ministerium geprüft hat und wie die konkreten Vorwürfe gegen mich aussehen.«

Offenbar liegen der aktuellen Entwicklung bislang keine wesentlichen neuen Erkenntnisse oder Vorwürfe zugrunde, sondern eine ministeriumsinterne Neubewertung der bereits bekannten Vorgänge.

Schönbohm musste sich seit einer Ausgabe des »ZDF Magazin Royale« mit Jan Böhmermann in der vorvergangenen Woche Vorwürfen erwehren, weiter die Nähe zu einem von ihm mitgegründeten und früher auch geleiteten Cybersicherheitsverein und dessen aktuellem Präsidenten Hans-Wilhelm Dünn zu pflegen.

Genehmigter Auftritt bei umstrittenem Verein

Dünn wird ein problematisches Verhältnis zu Russland vorgeworfen. Er war unter anderem auf Einladung der Staatsduma als »Wahlbeobachter« bei den russischen Präsidentschaftswahlen im Land. Und er unterzeichnete 2019 für seinen Verein ein Kooperationsabkommen mit einem russischen Pendant, das von einem ehemaligen hochrangigen russischen Geheimdienstler geleitet wurde.

Schönbohm hatte seinen Untergebenen deshalb per Weisung untersagt, bei Veranstaltungen des Vereins aufzutreten. Dennoch war er selbst kürzlich zum zehnjährigen Jubiläum des Vereins zu Gast und hielt auch eine Rede. Beides war allerdings zuvor vom Bundesinnenministerium abgesegnet worden.

Das Ministerium hatte schnell auf den Böhmermann-Bericht reagiert und einen lange geplanten Auftritt des BSI-Präsidenten mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in der darauffolgenden Woche abgesagt. Zudem verlautete bereits am Wochenende nach der Ausstrahlung, die Ministerin wolle Schönbohm abberufen. Faeser selbst sagte jedoch zunächst nur, die weiteren Schritte würden »geprüft«.

BSI-Vizepräsident Gerhard Schabhüser wiederum warf dem Ministerium vorige Woche mangelnde Rückendeckung vor: »Weiter wird in der Öffentlichkeit die Vertrauenswürdigkeit des BSI und seiner Leitung in Frage gestellt«, beklagte er in einem Schreiben an das Bundesinnenministerium. »Dem wird, angesichts des bereits jetzt ganz erheblichen Reputationsschadens und Vertrauensverlustes in die Arbeit des ganzen BSI, durch das BMI bislang wenig entgegengetreten.«

Noch am Montag gab es wie üblich einen Jour Fixe zwischen dem Ministerium und der Cybersicherheitsbehörde, an dem auch Schönbohm teilnahm. Seine bevorstehende Freistellung war dabei offenbar kein Thema.